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Panorama: Das Recht auf eine Freundin

Die Pumuckl-Erfinderin Ellis Kaut hat ihren Prozess verloren – ihr Schützling darf heiraten

Wäre Pumuckl lebendig, stünden ihm vermutlich die roten Wuschelhaare zu Berge: Am liebsten treibt er bekanntlich Schabernack, aber was er sonst noch so tun darf oder nicht, beschäftigte jetzt ein Gericht. Vier Wochen Bedenkzeit hatte sich das Landgericht München I erbeten, um über eine Klage der Kinderbuchautorin Ellis Kaut zu entscheiden, die ihre Urheberpersönlichkeitsrechte durch eine Aussage der grafischen Schöpferin des Pumuckl, Barbara von Johnson, verletzt sah. Diese hatte im Lokalfernsehen erklärt, dass der Kobold nach 43 Jahren Unfug verdient habe, eine Freundin zu bekommen. Ein Galerist hatte einen Malwettbewerb unter dem Motto „Eine Freundin für Pumuckl“ ausgelobt und dem kleinen Gewinner des Wettbewerbs versprochen, im Atelier an der Hochzeit des Dauersingles teilnehmen zu dürfen.

„Der Erzengel Michael zeugt auch keine Kinder“, zieht die erboste Ellis Kaut Vergleiche auf höchster Ebene. „Ich muss meine Geschichten nicht mit Pumucklinen und anderem Quatsch anreichern“, sagt die 86-Jährige und wirft von Johnson vor, dem zutiefst geschlechtslosen Geist ein Liebesleben andichten zu wollen und damit ihre Kompetenzen in Bezug auf den Kobold zu überschreiten.

Im Kern geht es darum, wer den Löwenanteil an der Figur Pumuckl hat, die Autorin oder die Zeichnerin, deren Pumuckl-Konterfei für Kinder untrennbar mit dessen Streichen verbunden ist. In einem früheren Prozess hatte ein Gericht festgelegt, dass der Nachfahre der Klabauter eben zwei Mütter habe. Ellis Kauts Stimme ist angespannt, als sie sagt: „Ich habe sie, Frau von Johnson, doch erst gemacht, sie war meine Entdeckung“.

Das Gericht lehnte gestern ab, Barbara von Johnson per einstweiliger Verfügung zu verbieten, an dem Malwettbewerb teilzunehmen und dem Kobold eine Gefährtin zu wünschen. Dies sei eine private Äußerung, die ihr aufgrund ihres Rechtes zur freien Meinungsäußerung zustehe. Dass von Johnson damit in die Urheberpersönlichkeitsrechte Kauts eingreifen wolle, sah das Gericht nicht. Zudem argumentierte es, dass der Pumuckl auch bislang garnicht so geschlechtslos durchs Leben gegangen sei, wie Ellis Kaut dies jetzt darstelle. Schließlich habe er sich einmal unglücklich in die Nichte des „Meister Eder“ verliebt. Autorin Kaut sieht das ganz anders: Die Liebe zu einem Kind und zu einem Großvater, dem Schreinermeister, das sei etwas Unschuldiges, nichts Sexuelles. „Frau von Johnson hat das bis heute nicht begriffen, und das ist eine schlichte Dummheit“, sagte Kaut. Sie und ihre Anwältin Dorothee Wilcke wollen jetzt im Hauptsacheverfahren neue Beweise und Zeugen zu Gehör bringen. „Das geht notfalls bis vor den Bundesgerichtshof“, sagte Kaut.

Johnsons Anwalt Nikolaus Reber sagte nach seinem Erfolg vor Gericht, dass seine Mandantin den Malwettbewerb nun „vollenden“ könne und versicherte, dass er einem Berufungsverfahren gelassen entgegensehe. Es gehe nur um den Spaß für die Kinder, an der Asexualität der literarischen Figur werde nicht gerüttelt. Pumuckl selbst kam bei Gericht nicht zu Wort.

Katja Riedel[München]

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