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Panorama: „Das sieht aus wie New York“

Eines der höchsten Gebäude Madrids brannte völlig aus. Jetzt fürchtet die Feuerwehr seinen Einsturz

Ein spektakulärer Hochhausbrand in Madrid ließ am Wochenende die Angst vor einem neuen Terroranschlag aufflackern. Eines der höchsten Bürogebäude der Stadt, der Windsor-Turm, hatte in der Nacht zum Sonntag aus bisher unbekannten Gründen zu brennen angefangen. Die Feuerwehr musste weitgehend machtlos mit ansehen, wie sich die Flammen durch den 106 Meter hohen Giganten im Stadtzentrum fraßen und Gebäudeteile herabstürzten.

Auch am Sonntagabend war der Großbrand nicht gelöscht. Die Sorge war, das qualmende Gerippe aus Beton und Stahl könnte zusammenbrechen und ein benachbartes Kaufhaus unter sich begraben. „Die Lage ist kritisch“, sagte ein Feuerwehrsprecher. „Erst wenn das Feuer gelöscht ist, wissen wir, ob die Statik des Turmskeletts standhalten wird.“ Ein unkontrollierter Zusammenbruch des verkohlten und tausende Tonnen schweren Riesen könnte eine weitere Katastrophe auslösen.

200 Feuerwehrmänner versuchten, dem Brand, der Madrids Zentrum in beißenden, nach Plastik stinkenden Qualm hüllte, Herr zu werden. Vergeblich: Innerhalb des Turms konnten sie wegen Einsturzgefahr und glühender Temperaturen nicht löschen. Von draußen reichten die Wasserkanonaden nur aus, um ein Übergreifen der Flammen auf Nachbargebäude zu verhindern. „Die Löscharbeiten können noch ein paar Tage dauern“, hieß es. Sieben Feuerwehrleute wurden bei den Rettungsarbeiten verletzt.

Der Brand war kurz vor Mitternacht in dem leer stehenden Bürohaus, dessen Sanierung kurz vor dem Ende stand, ausgebrochen. Als die Feuerwehr kam, standen bereits drei Stockwerke in Flammen. Das Feuer fraß sich vom 21. Stock nach oben bis zum letzten, der 34. Etage, und zugleich nach unten bis ins Erdgeschoss.

Viele Hauptstadtbewohner versammelten sich in den umliegenden Straßen und beobachteten ungläubig, wie eines der bekanntesten Hochhäuser Madrids, das vor etwa 30 Jahren errichtet worden war, ein Raub der Flammen wurde. „Das sieht aus wie am 11. September in New York“, sagten manche, geschockt von den Bildern des brennenden und wankenden Riesen. „Das Hochhaus brennt ja wie Papier.“

Auch wenn sich viele wundern, mit welcher Geschwindigkeit sich das Feuer im „Windsor-Turm“ ausbreiten konnte, schloss Innenminister Jose Antonio Alonso ziemlich eilig einen Terroranschlag als Brandursache aus. Dabei war das aus verschiedenen Hochhäusern bestehende Geschäftszentrum, zu dem der „Windsor-Turm“ und das größte Kaufhaus der Stadt „Corte Ingles“ gehören, schon mehrfach Ziel von Anschlägen der baskischen Terrorgruppe Eta gewesen.

Die Ermittler sprachen am Sonntagnachmittag vorsichtig von einem „möglichen Kurzschluss“ als Brandursache. Doch das ist zu diesem Zeitpunkt, zu dem noch niemand den Brandort untersuchen konnte, eher eine Spekulation. Da weder die automatischen Brandmelder noch die hauseigene Löschanlage nach Ausbruch des Feuers ansprangen, wird nun auch wegen Fahrlässigkeit und Brandstiftung ermittelt. Die Polizei hat nach diesem Großbrand, einer der schlimmsten in der Geschichte der Stadt, noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.

Ralph Schulze[Madrid]

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