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Panorama: Der Duft der großen weiten Welt kommt ins Gefängnis

In Italien tritt ein strenges Tabakverbot in Kraft. Häftlinge aber behalten die Freiheit zu rauchen

Schluss jetzt; nichts mehr wird verschoben; der Gesundheitsminister hat sich durchgesetzt: Ziemlich genau zwei Jahre nach der Verabschiedung im Parlament tritt in Italien jenes Gesetz in Kraft, mit dem das Rauchen in Bars und Restaurants verboten wird.

Darüber hinaus verordnet es klare Luft am Arbeitsplatz, in allen Geschäften sowie in öffentlichen und privaten Büros mit Publikumsverkehr – beispielsweise in Anwaltskanzleien, bei der Kosmetikerin oder beim Steuerberater. Wer dagegen verstößt, zahlt ein Bußgeld zwischen 25 und 250 Euro; wer sich seine Zigarette in Gegenwart von Schwangeren oder von Kindern ansteckt, zahlt das Doppelte.

Wirte und Kaffeebarbesitzer schimpfen, es handele sich um das strengste Gesetz in Europa. Sie erregen sich vor allem darüber, dass sie – bei einer Strafe zwischen 220 und 2000 Euro – das Rauchverbot in ihren Lokalen zu überwachen, die Übeltäter anzuzeigen und notfalls die Polizei zu holen haben. „Wir lassen uns nicht zu Sheriffs machen!“, sagen sie. Gleichwohl steht die Publikumsmeinung eindeutig auf Seiten der Gesundheit: Dem Marktforschungsinstitut Doxa zufolge unterstützen 86,7 Prozent der Italiener das Rauchverbot; ganze zehn Prozent sind dagegen. Verbraucherschützer und Krebsforscher sprechen sich für das Verbot aus – dagegen waren nur der Verteidigungs- und der Umweltminister. Sie sprachen sich für Ratschläge an die Raucher aus; Strenge lehnten sie ab. Und ob sich die Abgeordneten in den Wandelgängen des Parlaments ihre Anti-Stress-Zigarren wegnehmen lassen, steht noch in den Sternen. Nur Parlamentspräsident Pierferdinando Casini hat gelobt, mit gutem Beispiel voranzugehen: „Daheim schickt mich meine Frau zum Rauchen auch immer auf die Terrasse.“ In der Praxis sind zahlreiche Lokale schon vor Monaten den immer drängenderen Wünschen des Publikums gefolgt und haben freundliche Schilder aufgehängt: „Lassen Sie hier bitte das Rauchen, bevor wir es Ihnen verbieten müssen.“ Dabei wussten viele nicht einmal zu sagen, ob das viel diskutierte und längst beschlossene Gesetz nun schon in Kraft getreten war oder nicht. Freiheit für die Zigarette herrscht aber in Einrichtungen, deren Gäste sich nicht freiwillig dort aufhalten: in den Gefängnissen. Da ist er dann, der „Duft der großen weiten Welt“.

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