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Panorama: Der Fürst liebt den Zirkus

Rainier III. wird 80 – und feiert seinen Geburtstag so, wie er Monaco einst zur Society-Oase machte

Es wird kein rauschendes Fest geben, keine Paraden, keine Kanonenböller und kein Feuerwerk. Fürst Rainier III. von Monaco feiert seinen 80. Geburtstag an diesem Samstag, wie er über 50 Jahre lang sein Reich organisiert hat: Diszipliniert, mit fester Hand, nüchtern, pflichtbewusst und ohne Ausschweifungen. Die hat der dienstälteste Monarch Europas den anderen Mitgliedern der Fürstenfamilie überlassen, vor allem seinen drei Kindern, den Prinzessinnen Stéphanie und Caroline, in dritter Ehe mit dem Deutschen Prinz Ernst August von Hannover verheiratet, sowie dem 45-Jährigen Thronfolger und Junggesellen Prinz Albert. Sie alle sorgten seit dem tragischen Unfalltod ihrer Mutter, der Hollywood-Schönheit Grace Kelly, dafür, dass das Grimaldi-Geschlecht stets in den Schlagzeilen blieb.

Statistiken weisen aus, dass weltweit 23 500 Stories jährlich über das monegassische Fürstenhaus erscheinen, Weltspitze in der internationalen Regenbogenpresse. An dieser Art adligen „Lindenstraße“ mit allem was dazu gehört – Liebe, Intrige, Tragik, Schönheit, Reichtum –, an der die Paparazzi-Industrie und die Boulevardblätter seit Jahrzehnten verdienen, war Fürst Rainier III. nie interessiert. Ihm liegt bis heute vielmehr daran, aus seinem Ministaat, vor 700 Jahren auf einem roten, nackten Felsen gegründet, das Optimale herauszuholen, und das ist dem eher introvertierten Mann gelungen.

Weg vom Spielhöllen-Image

Als der damals 26-Jährige am 9. Mai 1949 auf den Thron des winzigen Fürstentums am Mittelmeer kam, ging es dem Zwergenstaat alles andere als gut. Zwar floss immer noch weit über die Hälfte der Staatseinnahmen aus dem berühmten Spielkasino. Roulette und Baccara, Glanz und Gloria, Sein und Schein machten dem ehrgeizigen und seriösen Herrscher aber bald zu schaffen. In der Nachkriegszeit hatten die Menschen keine Lust aufs Zocken und Fürst Rainier keine auf Schlüpfrigkeiten. „Ich wollte von Anfang an weg von diesem Spielhöllen-Image“, gestand er dem US-Magazin National Geographic. Schon in den 50er Jahren wurde Rainier „Chef einer riesigen Geldmaschine“, wie er selbst scherzhaft über sich sagt, „Patron“ eines Großunternehmens, der „Firma“ Monaco, wo ein Einheimischer umsonst wohnt, weder Steuern noch Sozialversicherung zahlt, durchschnittlich 5 000 Euro monatlich verdient und Arbeitslosigkeit für ein Fremdwort hält. Zwar ist nur jeder Fünfte der 34 000 Einwohner Monegasse, aber Seine Hoheit Rainier hat im Laufe der Jahrzehnte mit der Anwerbung namhafter Immobilien- und Tourismusfirmen sowie über 50 Banken, aber auch mit der einmaligen Steuergesetzgebung dafür gesorgt, dass das nach dem Vatikan kleinste Land der Welt zum Eldorado für die Reichen, Erfolgreichen und Schönen wurde; nirgends tummeln sich so viele bekannte Namen im Telefonbuch wie in Monaco.

Fürst Rainier dürfte der einzige Herrscher sein, dem es gelang, seinen Staat, ohne Kriege zu führen, immer wieder zu vergrößern: Ein Viertel der knapp zwei Quadratkilometer, die sich Monaco nennen, eine Fläche halb so groß wie der Englische Garten in München, wurde dem Meer abgetrotzt. Und immer wieder ordnet der wie ein absolutistischer Kaiser regierende Monarch an, den Liliputstaat zu vergrößern, vor allem nach oben und nach unten, ein Mini-Hongkong auf mehreren Geschossen, Luftschlösser zum Wohnen und unterirdische Funktionsbereiche zum Geldvermehren, Monaco, der größte Safe der Welt. Auf der winzigen Landesfläche lagert Kapital von 22 Milliarden Euro, davon knapp 13 Milliarden in Cash, schreibt die „Wirtschaftswoche“. Trotz gigantischer Mietpreise, bis zu 20 000 Euro pro Quadratmeter, sind die Wartelisten der internationalen High Society, des Jet-Sets, der prominenten Sportler, Schauspieler und Neureichen lang, die sich auch in Zukunft in dem Steuerparadies niederlassen wollen. Fürst Rainier, selbst Besitzer eines geschätzten Privatvermögens in Höhe von rund zwei Milliarden Euro, garantiert ihnen das, was sie sonst nirgends auf der Welt vorfinden: absolute Sicherheit.

Auf 80 Bewohner kommt ein Polizist, knapp hundert Videokameras beobachten jeden Winkel der Schickimicki-Stadt Monte Carlo, wo man seinen Ferrari deshalb getrost offen stehen lassen kann. Trotz seines hohen Alters und gelegentlicher gesundheitlicher Probleme wird sich Fürst Rainier weiterhin um das Wohlergehen seines Miniaturstaates kümmern. Eine Abdankung zugunsten seines Sohnes Albert kommt für den streng katholischen Mann nicht in Frage, denn der Monarch, der sich nur ein „Laster“ leistet, seine Leidenschaft zum Zirkus, hält sich an die Tradition des Adelshauses, dass nur Gott den Regierungschef von seinen Aufgaben entbinden kann. Sein Foto wird also weiterhin Amtsräume, Kioske und Cafés in Monaco zieren, und die Schneider am Hofe, die manchmal schon daran dachten, Knöpfe und Monogramme mit den Initialen RG für Rainier Grimaldi gegen AG für Albert Grimaldi auszutauschen, halten sich vornehm zurück.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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