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Panorama: Der Rest ist Schweigen

Von Andreas Oswald Der frühere Schweizer Botschafter Thomas Borer und der Verleger Michael Ringier haben sich in ihrem Streit um Berichte über eine angebliche außereheliche Affäre Borers auf einen Vergleich geeinigt. Darin heißt es unter anderem: „Ringier zahlt Borer ein Schmerzensgeld, über dessen Höhe Stillschweigen vereinbart wurde.

Von Andreas Oswald

Der frühere Schweizer Botschafter Thomas Borer und der Verleger Michael Ringier haben sich in ihrem Streit um Berichte über eine angebliche außereheliche Affäre Borers auf einen Vergleich geeinigt. Darin heißt es unter anderem: „Ringier zahlt Borer ein Schmerzensgeld, über dessen Höhe Stillschweigen vereinbart wurde. Mit dem Vergleich sind sämtliche angedrohten und hängigen juristischen Verfahren für beide Seiten hinfällig geworden.“

Mit der Einigung steht Borer nun als Sieger da, der alleine gegen eine Übermacht von Boulevardpresse und einer von ihr beeinflussten Regierung den Kampf um seine Ehre gewonnen hat.

Ein großes „Entschuldigung“ prangte am Sonntag auf der ersten Seite des „SonntagsBlicks“, der Boulevardzeitung, die die Schmutzkampagne gegen Borer gestartet hatte. In einem Brief an die Leser schreibt der Verleger Ringier: „Wir sind bei unserer Aufarbeitung auf Tatsachen gestoßen, die wir nicht akzeptieren können. So hat sich erstens herausgestellt, dass Djamile Rowe ein Informationshonorar von 10 000 Euro bekommen hat. Zweitens musste die oberste Konzernspitze zur Kenntnis nehmen, dass Fotos von Frau Rowe unter einem Vorwand beschafft worden sind. Beide Vorfälle stellen Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht dar, die wir im Hause Ringier nicht dulden können. Dafür möchte ich mich auch im n der Redaktion bei unseren geschätzten Leserinnen und Lesern entschuldigen. Deswegen habe ich den Rücktritt von zwei Verantwortlichen sofort akzeptiert. Auch Herrn Dr. Thomas Borer und seiner Frau stand eine Entschuldigung zu. Sie haben beide Ungemach erlitten, was ich bedaure. Wir haben uns bei ihnen entschuldigt. Ringier hatte sich wohl zu sehr auf die eidesstattliche Aussage von Frau Rowe verlassen, welche bekanntlich von ihr vor kurzem in der gleichen Form widerrufen wurde. Dies war ein Fehler.“

Wie hoch die Wiedergutmachung ist, die Ringier an Borer zahlt, wird wohl nie ans Tageslicht kommen. Vielleicht konnte Ringier den Preis durch eine derart umfassende Entschuldigung und Selbstbezichtigung etwas drücken. In der Auseinandersetzung ging es aber offenkundig um viel Geld.

Borer hat mit der Einigung ganz offensichtlich alles erreicht, was er erreichen wollte. Er ist rundum rehabilitiert, die angebliche Geliebte Djamile Rowe hat eidesstattlich erklärt, dass sie kein Verhältnis miteinander hatten, und alle, die Borer schädigen wollten, stehen vor einem Scherbenhaufen. Der Verlag Ringier hat seine Glaubwürdigkeit und viel Geld verloren. Die „Neue Zürcher Zeitung“ beziffert den Schaden für Ringier auf fünf bis acht Millionen Franken – die vereinbarte Entschädigung nicht eingerechnet. Genüßlich wurde in den Schweizer Medien darauf verwiesen, dass von Ringier eigens ein Chefredakteur und eine Reporterin aus Deutschland angeheuert worden waren, weil Schweizer Journalisten angeblich nicht gut genug sind. Ringier hatte damit bemängelt, dass es in der Schweiz zu wenige Boulevardjournalisten gibt. Neben Ringiers „Blick“ und „Sonntags-Blick“ gibt es dort nämlich keine weitere Boulevardzeitung. Die Reporterin Alexandra Würzbach, die früher bei der „B.Z.“ arbeitete, sowie „Sonntags-Blick“-Chefredakteur Mathias Nolte trennten sich beide vom Ringier-Verlag, als der Schaden für das Verlagshaus offenbar wurde. Sie beide hatten die angebliche Enthüllung einer Affäre zwischen Borer und Rowe zu verantworten.

Die Einigung zwischen Borer und Ringier hatte sich, wie berichtet, am Sonnabend abgezeichnet. Borer zog ein Interview zurück, das er dem Tagesspiegel gegeben hatte, und in dem er sich ausdrucksstark über seine Widersacher äußerte. Ringier und Borer vereinbarten am Sonnabend, dass sie sich öffentlich nicht mehr übereinander äußern.

Borer ist es offenkundig gelungen, in den letzten Wochen einen äußerst komplizierten Knoten zu knüpfen, um als Sieger aus der Auseinandersetzung hervorzugehen. Er entwarf laut „Spiegel“ einen minutiösen Plan unter dem Namen „Operation Cross Return“. Der Begriff aus der Tenniswelt passt gut: Borer hat den Aufschlag der Gegenseite gekonnt retourniert. Der Plan sah laut „Spiegel“mehrere Schritte vor, die jetzt, nachdem die Affäre ihr – vorläufiges – Ende gefunden hat, offensichtlich sind: Zunächst war es notwendig, Djamile Rowe dazu zu bringen, ihre frühere eidesstattliche Erklärung zu widerrufen, in der sie behauptet hatte, eine sexuelle Beziehung zu Borer gehabt zu haben. Wie Djamile Rowe dazu kam, ihre Version erneut zu ändern und sich im Sinne Borers zu äußern, ist nicht bekannt.

Der zweite Schritt war die Drohung einer Schadenersatzklage gegen Ringier in den USA. Das Ehepaar Borer hatte sich laut „Spiegel“ die Schwangerschaft von Shawne Borer–Fielding medizinisch bestätigen lassen, um die Fehlgeburt belegen zu können.

Der dritte Schritt waren Verhandlungen über eine außergerichtliche Einigung.

Für Borer lief alles wie geplant. Jetzt müssen nur noch alle Beteiligten bei der jetzigen Version bleiben. Das könnte der einen oder anderen Person vielleicht schwerfallen. Lebensumstände können sich ändern.

Bleibt Borer trotz der Entschädigung und der Entschuldigung ein Schaden? Er ist nicht mehr Botschafter, seine Frau ist nicht mehr Botschaftergattin. Beide hatten ihre Funktionen mit Leidenschaft ausgefüllt. Borer arbeitet jetzt als Unternehmensberater, sagt er, als Investmentberater und in Aufsichtsratsmandaten sieht er seine Aufgabe. Auch als Moderator einer Talkshow, schreibt der „Spiegel“.

Vielleicht bleiben Borer und seine Frau der Öffentlichkeit noch eine Weile erhalten.

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