zum Hauptinhalt
Er kann auch Anzug. Und versucht witzig auf der Insel.

© dapd

Der Spaßbotschafter: Michael Mittermeier will auf die Insel

Michael Mittermeier wagt sich ins Mutterland des Humors: Er spielt beim Fringe Festival in Edinburgh.

Workaholic, oder was? Michael Mittermeier ist einer der populärsten Comedians des Landes, seit 25 Jahren im Geschäft. Er tourt immer noch mit seinem Programm „Achtung, Baby“ und bald wieder mit Rea Garvey, Sasha, Xavier Naidoo in der Musikshow „Alive and Swingin’“. Er wirbt für Schweizer Brause. Er ist als Menschenrechtsaktivist etwa für Amnesty International unterwegs und tritt jetzt erstmals mit dem in Burma als Regimekritiker inhaftierten Comedian Zarganar auf, für dessen inzwischen geglückte Freilassung Mittermeier sich mit einem Dokumentarfilm eingesetzt hat. Und dann trainiert der 46 Jahre alte Bayer, der mit seiner Familie in Pullach lebt, auch noch heftig englische Vokabeln. Auf offener Bühne, wie neulich in Berlin im Quatsch Comedy Club.

Dort ging vor gut gefüllten Reihen ein „Try Out Evening“ für sein neues englischsprachiges Programm über die Bühne. „A German on Safari“ läuft im August fast einen Monat lang in Edinburgh beim Fringe Festival, der so ziemlich wichtigsten Leistungsschau der internationalen Unterhaltungsbranche. „It’s the holy grail for us comedians“, beteuert Mittermeier zu Beginn der Show. Oder, wie er später beim Gespräch differenziert: „Mancher Comedian würde sich den Finger abschneiden, um da zu spielen.“ Er ist als erster Deutscher mit einer einstündigen Show im 80-Plätze-Theater Pleasance Courtyard dabei. Der Kartenvorverkauf läuft, eine kostet fünf Pfund. Wie viele schon weg sind? „Keine Ahnung, aber mein englischer Promoter hätte mich da nicht reingebucht, wenn er Angst hätte, dass er keine verkauft.“

Der international durchwirkte Touristenhaufen im Quatsch Comedy Club jedenfalls lacht über Mittermeiers Gags. Auch der duldsame Schotte, auf den sich der in Schlabbershirt und Jeans gewandete Komiker wegen der anstehenden Edinburgh-Reise einschießt. Thematisch beackert Mittermeier fleißig alle denkbaren wie dankbaren nationalen Stereotypen: ungeduschte Franzosen, laut spektakelnde Italiener, grobe Schotten, wegen ihres Upper-Class-Akzents tuckig klingende Engländer und ins Autorasen verliebte Deutsche. Zusammengerührt mit Schnipseln seiner in einem früheren Programm verarbeiteten Erlebnisse auf einer afrikanischen Safari, Popkulturzitaten von „Star Trek“ bis „Twilight“ und körpersprachlichen Faxen gibt das ein nicht super originelles aber international funktionierendes Programm.

Mittermeier mag die Herausforderung.

Beweise dafür hat der studierte Amerikanist und Politologe schon gesammelt. Seit 2003 tritt Mittermeier immer wieder in englischsprachigen Ländern auf. Stets mit selbst organisierten Auftritten, nicht wie andere Künstler per Goethe-Institut. „Ich will ja nicht als Deutscher vor Deutschen oder Deutsch-Schülern spielen, das ist keine Herausforderung.“ 2010 zeigte er in Kapstadt bei einem Comedy Festival sogar eine volle 90-Minuten-Show.

Witze in einer Fremdsprache zu machen reize ihn, gerade weil es so schwer ist, sagt er. „Das ist der Urtest, wenn du mit deinem Humor in ein anderes Land, eine andere Sprache gehst.“ Hat bislang aber ganz gut funktioniert, glaubt er. Sonst hätte ihm in Südafrika wohl kaum ein Engländer im Publikum Prügel angedroht. Für einen guten, weil dreisten Witz, den er auch im Quatsch Comedy Club erzählt. Da frotzelt Mittermeier verschärft gegen die ach so hässlichen englischen Männer und erzählt, dass erboste Briten auf solche Angriffe eines Deutschen immer entgegneten, dass die verdammten Krauts solche Beleidigungen gerade nötig haben, wo sie doch sechs Millionen Juden auf dem Gewissen hätten. „Ja, wir haben sechs Millionen Juden getötet“, feuert Mittermeier seine Pointe ins erschreckt die Luft anhaltende Publikum, „aber wir haben damit aufgehört. Und ihr Engländer könnt einfach nicht damit aufhören, hässlich zu sein!“ Autsch, Ausatmen, Gelächter – auch bei den europäischen Völkerschaften, die vorher ihr Fett abbekommen haben. „Ich schieße mir genauso wie denen ins Knie“, befindet Mittermeier später.

Ganz ohne Nazi-Witze geht es aber offensichtlich nie, wenn Deutsche auswärts lustig sein wollen. Im Gegensatz zur Show „1000 Years of German Humor“ von Henning Wehn und Otto Kuhnle, zwei in Großbritannien erfolgreichen deutschen Komikern, hat Mittermeier aber noch andere Themen drauf. Allerdings schlägt ihm genau wie Wehn und Kuhnle, die vom Publikum gerne mal mit erhobenem rechten Arm begrüßt werden, überall das Potpourri an herzlichen Rufen entgegen, das ein lebendes Paradoxon wie ein lustiger Deutscher im Ausland so zu erwarten hat. „Irgend ein Kerl ruft immer laut: ,Blitzkrieg‘, ,Hofbräuhaus‘ oder ,Jawohl, mein Kommandant‘.“ Das sei so wenig loszu- werden, wie das Klischee vom humorlosen Deutschen. „Dabei haben wir welchen! Wir haben nur ein Sprachproblem, weil auf Deutsch alles wie eine Drohung klingt.“ Da kann Mittermeier beim Fringe Festival bestimmt auch ein paar Ängste abbauen. Und nicht nur da. „Richtig geil wäre, sich ein Theater in London zu mieten und einfach so lange zu spielen bis die Leute kommen.“ Workaholic, na klar.

Am Dienstag tritt Michael Mittermeier mit dem burmesischen Comedian Zarganar in Berlin auf: Chamäleon, Hackesche Höfe, 18 Uhr, Einlass 17 Uhr, Eintritt frei

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false