zum Hauptinhalt

Panorama: Deutscher Kriegsdienstverweigerer arbeitet US-Militär zu

Neue Karten sollen Pannen wie die Bombardierung der Botschaft Chinas verhindernVor gar nicht langer Zeit, irgendwann im November, stellte der deutsche Astronaut Gerhard Thiele fest, dass er beim Gedanken an seinen Flug ins Weltall gar kein Kribbeln spürte. "Mein Herz schlägt nicht schneller als sonst", gestand er seinem Teamchef Kevin Kregel, der schon vier Raumflüge hinter sich hat.

Neue Karten sollen Pannen wie die Bombardierung der Botschaft Chinas verhindern

Vor gar nicht langer Zeit, irgendwann im November, stellte der deutsche Astronaut Gerhard Thiele fest, dass er beim Gedanken an seinen Flug ins Weltall gar kein Kribbeln spürte. "Mein Herz schlägt nicht schneller als sonst", gestand er seinem Teamchef Kevin Kregel, der schon vier Raumflüge hinter sich hat. Heute weiß der 46-jährige, dass Kregel recht hatte, als er antwortete: "Warte, bis du dich erstmal im Shuttle eingerichtet hast." Seit der Generalprobe in Cape Canaveral beschwert sich Thiele nicht mehr über allzu großen Gleichmut und mangelnde Aufregung. Am Montag fliegt er als zehnter Deutscher ins All, sollte der Start der US-Raumfähre Endeavour nicht doch noch verschoben werden.

Thiele hatte nach vierjährigem Dienst bei der Bundeswehr den Wehrdienst verweigert und trägt jetzt mit seiner Arbeit im Weltraum dafür Sorge, dass bei künftigen Bombardierungen der US-Luftwaffe die Ziele genauer getroffen werden können.

Mit der Shuttle-Mission, bei der eine neue, dreidimensionale und genaue Erdkarte erstellt werden soll, ist Thiele nach langer Vorbereitung am Ziel seiner Träume angekommen. "Meine Familie weiß, dass ich schon Astronaut werden wollte, als ich noch ein Junge war", erzählte er bei einer Pressekonferenz im US-Raumfahrtzentrum in Houston in Texas. Wenn alles gut geht, werden seine Frau und seine Kinder live dabei sein, wenn die Endeavour um 12.47 Uhr Ortszeit vom Weltraumbahnhof in Florida ins All startet. Der Countdown läuft bereits. Und der deutsche Raumfahrer bekennt: "Je näher der Termin rückt, desto aufgeregter werden sie." Wegen des Verdachts auf eine defekte Dichtung an einer Benzinpumpe könnte sich der Start allerdings verzögern. Die US-Weltraumbehörde NASA hielt sich ihre Entscheidung am Sonntag noch offen.

Thiele wurde am 2. September 1953 in Heidenheim-Brenz geboren. Er ging in Aalen, Lahr und Ludwigsburg zur Schule, studierte Physik in München und Heidelberg und forschte später an der US-Eliteuniversität Princeton. Ab 1988 ließ er sich am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zum Wissenschaftsastronauten ausbilden.

1993 kam er einer Reise ins All schon einmal näher als die meisten Zeitgenossen, doch letztlich wurde er bei der D-2-Mission als Ersatzmann nicht gebraucht. 1996 siedelte er für das Raumfahrertraining der NASA nach Houston um. Seit 1998 gehört er zum Astronautenkader der Europäischen Raumfahrtagentur ESA.

Thiele ist der Mann der ESA zur Endeavour-Mission STS-99, in welche das DLR mindestens 42 Millionen Dollar (mehr als 84 Millionen Mark) investiert hat. In Wechselschicht betreut er zusammen mit drei Kollegen die Radardaten, die von vier Antennen eingefangen werden; zwei davon sitzen an einem 60 Meter langen Mast. Lässt sich der Mast nicht richtig aus- oder einfahren, dann müssen der Deutsche und die US-Astronautin Janet Kavandi bei einem zweistündigen Weltraumspaziergang nachhelfen. Insgesamt bleibt die Besatzung der Endeavour elf Tage im All.

Hauptsponsor der Mission ist die US-Kartierungsbehörde NIMA, eine überwiegend militärische Einrichtung, deren Karten-Material nach der versehentlichen Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad und dem Seilbahnunglück im italienischen Cavalese in die Kritik geriet. Thiele war vier Jahre lang Zeitsoldat bei der Bundesmarine, ist seit 1983 jedoch anerkannter Kriegsdienstverweigerer. Für ihn zählt vor allem der zivile Nutzen der neuartigen Radaraufnahmen für Umweltschutz oder Wissenschaft.

Die Daten, die vom deutsch-italienischen X-SAR-Radar gesammelt werden sollen, würden veröffentlicht und allen zur Verfügung gestellt. "Natürlich auch dem Militär", räumte er ein. "Diese Tatsache kann man nicht übersehen."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false