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In Braunau, der Geburtsstadt Adolf Hitlers, erlebte Helmut Schümann das Champions-League-Finale dann im Gasthof Berger.

© Helmut Schümann

Deutschland drumherum (18): Champions-League-Finale in der Geburtsstadt Adolf Hitlers

Natürlich wollte auch unser Kolumnist Helmut Schümann das Champions League Finale anschauen, trotz seiner Wanderung durch den Regen einmal rund um Deutschland. In der Geburtsstadt Adolf Hitlers hat er dabei eine eigenartige Begegnung.

Der Michi ist ein Idiot, ein Volldepp. Gerade noch hatte Werni den Alaba gelobt, wie gut der sei und wie wichtig für die Bayern, da sagte Michi, dass der Alaba aber wohl keinen Ariernachweis erbringen könnte. Der Michi fand das so lustig, dass er sich krachend auf die Schenkel klopfte. David Alaba, Abwehrspieler beim FC Bayern München, ist Österreicher, ein Wiener. Seine Mutter stammt von den Philippinen, sein Vater aus Nigeria.

Ich habe das Spiel des FC Bayern gegen Borussia Dortmund beim Berger geschaut, einem Gasthof in Braunau. Und als ich aus Kasten an der Donau und über Schärding und mit 20 Kilometern Unterstützung von Eva, die mich im Auto mitnahm und in einer Tour von Berlin schwärmte, als ich also aus Kasten kommend auf Braunau am Inn zulief, dachte ich, dass es doch ziemlich albern wäre, Braunau zu umgehen. Was kann das kleine und sehr alte Städtchen dafür, dass hier der schrecklichste Deutsche aller Zeiten geboren wurde.

Vor dessen Geburtshaus steht inzwischen, reichlich spät zwar, nämlich erst seit 1989, ein Mahnstein, ein Stein aus dem Konzentrationslager Mauthausen. Und, dachte ich, das hat schon auch etwas reinigendes, wenn ich am Abend zusammen mit Österreichern das Finale der Champions League anschaue, und die in Braunau am Inn dem dunkelhäutigen Wiener David Alaba zujubeln. Und so war es dann auch bis Michi, der Idiot und Volldepp sich zu Worte meldete. Michi riss dann noch einen Witz, nachdem er mitbekommen hatte, dass ich aus Deutschland komme, der damit anfing, dass „ein Schwuler, eine dicke Frau und ein Rollstuhlfahrer in eine Kneipe kommen“, aber dann sagte Werni, „Michi, du Oarsch“, und Michi war dann für den Rest des Spiels bedient.

Dass die Österreicher deutschen Fußball schauen müssen, um guten Fußball sehen zu können, hat aber mit Sicherheit nichts mit solchen Oarschen wie Michi zu tun, die gibt es bei uns auch. Am Vorabend hatte mich der Stammtisch in Kasten an der Donau an den Tisch eingeladen, es ging, na klar, um Fußball, und darum, warum die Österreicher seit Jahren keinen gescheiten Ball mehr spielen können. Zu einem Ergebnis kam die Runde nicht, nur zum Bekenntnis, so gut wie nie die einheimischen Spiele anzuschauen, „wir gucken alle nur Bundesliga.“

Beim Berger nun, nach meiner erfolgreichen Überquerung der Donau und dem langen Weg nach Braunau am Inn, stand nach Michis Ausfall noch eine Gruppe Männer und Frauen hinter mir. Als im Fernsehen ein Spieler auf dem Rasen lag und sich wälzte vor Schmerzen, sagte einer der Männer, „dass diese Fußballer doch alle gleich sind, kassieren dickes Geld und dann schauspielern sie. Da sind wir doch ganz anders.“ Die Gruppe sah nicht sehr sportlich aus, auch wenn sie alle Trainingsanzüge anhatten, gesponsort von einer „Klinik Trocker“. Es stellte sich dann heraus, dass sie aber tatsächlich so etwas wie Sportler sind und gerade in Braunau die Bezirksmeisterschaften für Oberösterreich ausspielen. Im Minigolf. Was einerseits eine Erklärung für die anhaltende Flaute des österreichischen Fußballs sein könnte. Was andererseits aber auch sehr versöhnlich war und Oarsch Michi vergessen ließ.

Jetzt müsste nur noch das Wetter besser werden, heute, bei der Wanderung aus Braunau hinaus, Richtung Salzburg, am Inn entlang.

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