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Wie steht's um uns Deutsche in Europa? Helmut Schümann umrundet unser Land mit dem Rucksack auf dem Rücken.

© privat

Deutschland drumherum (35): Stammtischgedanken eines Wanderers

Helmut Schümann umrundet unser Land, die Hälfte der Strecke zu Fuß, die andere Hälfte mit dem öffentlichen Nahverkehr. Dabei hat er festgestellt: Andere Länder können die Sache mit dem ÖPNV deutlich besser als Deutschland.

Vielleicht ist es vorschnell, über den nachbarschaftlichen öffentlichen Nahverkehr ein paar Worte zu verlieren. Ich habe diesbezüglich erst bei sieben Nachbarn Erfahrungen gesammelt und die Niederlande und Dänemark noch vor mir. Busse und Züge habe ich mir von Anfang an für diese Umrundung erlaubt, die Hälfte zu Fuß, die Hälfte per ÖPNV. Mit der zusätzlichen Einschränkung, dass die ÖPNVs jeweils maximal zehn Euro kosten sollten. Nicht als Sparmaßnahme, sondern als Geschwindigkeitsdrosselung. Gott, wie weit kommt man schon mit zehn Euro?

Im Großen und Ganzen hat das auch geklappt, Extravaganzen wie etwa die Fahrt auf die Zugspitze zur fünf Meter weit reichenden Aussicht und dem Ritt über den Bodensee ausgenommen. Sind sieben von neun Ländern signifikant genug, um zu behaupten, dass der ÖPNV in Deutschland irrsinnig teuer ist? Als ich Konz an der Mosel lebend und glücklich entkommen war, saß ich im Luxemburger Zug nach Wasserbillig, Luxemburg ist nicht gerade ein Land, das man Schwellenland nennen kann.

Um Konz zu verarbeiten, beschloss ich, sitzen zu bleiben und mal wieder die Stadt Luxemburg zu besuchen. Von Konz nach Luxemburg braucht der Zug eine Dreiviertelstunde, „zwei Euro“, sagte der Schaffner. Für zwei Euro kommt man in Berlin nicht vom Bahnhof Zoo zum Hauptbahnhof. Als ich in Obereisenbach, von Vianden kommend, ankam, kam gerade der Bus nach Clervaux, etwa 40 Minuten Fahrzeit, zwei Euro. Billiger war es nur von Clervaux nach Weiswampach, weil zu Fuß. Dass man in Polen und Tschechien für weniger als einen Apfel und ein Ei reist, war zu erwarten gewesen, aber man reist auch in sehr komfortablen und pünktlichen Bussen und Zügen in Österreich billiger, in der Schweiz, in Frankreich, in Luxemburg.

Und gestern Morgen fuhr ich von St. Vieth in Ostbelgien nach Büllingen, 16 Kilometer, 2,90 Euro. Bis zum Grenzort Losheim waren es noch einmal zehn Kilometer, es war heiß, möglicherweise hatte ich Halluzinationen, vielleicht habe ich hyperventiliert, aber könnte es sein, dass unsere Nachbarn die Steuerzahlungen ihrer Bürger  auch dazu nutzen, den ÖPNV zu subventionieren und weniger, um verbrecherischen Banken zu helfen? Aber das sind nur Stammtischgedanken eines einsamen Wanderers.

Helmut Schümann umrundet derzeit Deutschland. Mal mit dem Bus, mal im Regionalzug – aber meistens zu Fuß.

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