zum Hauptinhalt
Wie steht's um uns Deutsche in Europa? Helmut Schümann umrundet unser Land mit dem Rucksack auf dem Rücken.

© privat

Deutschland drumherum (40): Der Grenzgänger an der Grenze

Auf seiner Deutschland-Umwanderung versucht unser Autor Helmut Schümann gerade von den Niederlanden nach Dänemark zu gelangen - und stößt dabei an seine Grenzen.

Und nun ist die Grenze erreicht. Von Groningen bin ich gekommen, durch Delfzijl, was nicht gerade die Perle der Nordsee ist, eher die Platte im Norden, durch strömenden Regen gestapft, und dann ist sie zu sehen. Erst ist das Zollhäuschen im Dunst und im quer stehenden Strichregen zu erkennen. Es steht da wie ein Schiff, es hat einen langen Landungssteg, eine Reling, und wenn man das Zollhäuschen betritt, meint man, die Dünung zu spüren. Und echte Kabinen, echte Schiffskabinen, Kajüten, hat das Zollhäuschen auch.

Es wird nicht ablegen Es steht auf Pfählen im Watt, hoch über dem Watt, man kann an der Reling stehen und zusehen, wie die Flut kommt, das ist durchaus ein spannendes Abendprogramm. Und es ist das Problem. Wie komme ich da rüber: Gar nicht. Auf der anderen Seite sieht man die Lichter von Ostfriesland. Links vorbei geht es raus um Borkum herum, irgendwie rüber nach Helgoland, einer deutschen Enklave, weiter um Amrum, um Sylt zum Hindenburgdamm, ein paar Meter nördlich wäre ich in Dänemark und meinem Vorhaben treu geblieben, Deutschland außerhalb seiner Grenzen zu umrunden.

Ich hatte einen letzten Versuch gestartet, hatte bei der Küstenwache nachgefragt, ob ich vielleicht mitfahren könne, aber dort schien es zu kompliziert zu sein und zu gefährlich, mich auf See von einem Boot zu einem andern Boot überzusetzen.

Zuvor hatte ich auf einen Fischer gehofft, der mich mitnimmt. Vergeblich. Hatte auf Fähren gesetzt. Die gibt es nicht in direkter Linie zwischen den Niederlanden nach Dänemark. Hatte bei Frachtern nachgefragt und Reedern, die hätten mich mitgenommen, aber frühestens im August oder September. Ich habe, eine Spinnerei, nach Ballonfahrern gefahndet, die eventuell Lust hätten über den Seeweg nach Dänemark zu fahren (bitte keine Einwände, Ballonfahrer fahren, die fliegen nicht). Und ich hatte bei Fliegern um Mitflugmöglichkeiten gebeten. Sie hüpfen von Insel zu Insel, das gibt es, aber was das kostet, kann ich nicht bezahlen, Ich kenne auch niemand, der das bezahlen kann.

Der Grenzgänger ist an eine Grenze gestoßen, die Grenzgänge nicht mehr erlaubt. Ich schlage mich nach der Nacht auf dem Schiff, das keins ist, nach Groningen durch. Dann werde ich über Land nach Tondern in Dänemark kommen. Es wird wohl auf eine frustrierende Zugfahrt hinaus laufen. Ich habe eine Grenze erreicht.

Zur Startseite