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Einer der vielen Verkaufsstände in Krajnik Dolny. Sie verkaufen zweisprachig billige Zigaretten, billigen Alkohol, billige Pflanzen.

© Helmut Schümann

Deutschland drumherum (5): Von polnischen Märkten und deutschem Kaffee

Von Zigaretten über Alkohol bis zu Tomatenpflanzen - all das gibt es im polnischen Dorf Krajnik Dolny zu Billigpreisen. Ein gutes Geschäft für deutsche Händler, die hier große Mengen einkaufen und dennoch oft schlecht gelaunt zurückfahren.

Gleich nach dem Ortsschild von Krajnik Dolny liegt linker Hand der erste Laden, einer jener Läden, von denen es in Krajnik Dolny zahlreiche gibt, eigentlich gibt es in Krajnik Dolny nichts anderes. Sie verkaufen zweisprachig billige Zigaretten, billigen Alkohol, billige Pflanzen. Als ich ankam, hatte ich gerade 22 Kilometer mehr oder weniger am Stück in den Beinen. Ich kaufte ein großes, kaltes Bier und setzte mich auf einen roten Plastikstuhl neben dem Laden. Der Händler sagte, dass das verboten sei, er habe keine Lizenz zum Ausschank, ich möge bitte aufpassen, wenn die Polizei vorbei kommt, soll ich das Bier verschwinden lassen und mich einfach nur ausruhen. „Sonst Sie zahlen und ich zahle.“

Krajnik Dony hat vielleicht dreißig Häuser, aber außer dem Handel keinen erkennbaren Existenzgrund. Die Brücke aus Schwedt mündet in der Häusersammlung. Es gibt kein Café, kein Restaurant, nur Läden, den Night Club „Ajnia“, Friseurläden, auch für Hunde, ein Haus für noclegia, also Übernachtung, und einen Grill, der befindet sich auf dem Parkplatz des Friseursalons „Jola“.  Später aß ich dort, es gab aber nur noch ein Schnitzel, „Kartoffel ist nicht mehr“, sagte die Bedienung und nahm dabei die Zigarette nicht aus dem Mundwinkel. Dort hing sie noch, als sie das Schnitzel servierte, „Salat ist auch nicht mehr, nur Brot.“ Was will man für drei Euro mehr verlangen?

Aber das war später. Zunächst saß ich vor dem Laden mit billigen Zigaretten, billigem Alkohol, billigen Pflanzen und passte auf, dass keine Polizei vorbei kam.

Ein Sprinter fuhr vor, mit deutschem Kennzeichen, „BAR“. Zwei Männer stiegen aus, mein Alter, mehr oder weniger Mitte Fünfzig, und luden nach kurzer Verhandlung den Sprinter kistenweise mit Tomatenpflanzen für 20 Cent das Stück voll, Schnittlauch, Petersilie, was man so braucht in der Küche. Als sie fertig waren, rief mir der Fahrer aus dem geöffneten Fenster zu: „Na, Pollack, lässt es dir gut gehen, so faul in der Sonne?“

Ich habe keine Ahnung, warum er so schlecht gelaunt war. Es war herrliches Wetter, er hatte gerade Teil Eins eines guten Geschäfts gemacht, billige Tomaten aus einem polnischen Gewächshaus gekauft, die er mutmaßlich auf irgendeinem Bauernmarkt in der Uckermark wahrscheinlich als garantierte Bio-Tomate für ein vielfaches verkaufen würde. Aber er hatte das Fenster heruntergelassen. So konnte er verstehen, was ich von ihm und seiner Frage hielt. „Du Wichser“, sagte ich. Er stutzte, fragte, „kein Pole?“ Ich sagte „und wenn?“ Und als ich ihn fragte, ob ich ihn fotografieren dürfe, legte er den Gang rein und fuhr davon.

Der Händler, der die Szene beobachtet hatte, zuckte mit den Schultern. Nennen wir ihn Marek seinen richtigen Namen mochte er nicht nennen, und das Foto von seinem Laden zeigt ihn auch sehr im Schatten und Hintergrund. „Kommen viele Händler“, erzählte er, „kaufen billig ein, verkaufen dann in Deutschland.“ Kaffee zum Beispiel, „fahre ich Hamburg, kaufe dort deutschen Kaffee, ohne Banderole, kommen Händler hier zu mir, kaufen den deutschen Kaffee in Polen, viel Kaffee, mehr als einer trinken kann. Mehr weiß ich auch nicht, ist Politik, verstehe ich nicht.“ Ich kaufte noch ein zweites Bier. Er gab es mir, sieben Zloty, weniger als ein Euro. „Aber aufpassen, Polizei“, sagte er.

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