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Panorama: Deutschland rollt den weißen Teppich aus

Der angekündigte Wetterumbruch verwandelt das Land in eine Winterlandschaft – viele traf es trotzdem unvorbereitet

Offenbach - Große Teile Deutschlands liegen unter einer feinen weißen Decke. Wer mit dem Auto durchs Land fuhr, sah eine wunderschöne Winterlandschaft. Eine solche Aussicht hatten auch Fahrgäste der Bahn. Getrübt wurde das Vergnügen für viele Bahnfahrer allerdings durch drückende Enge in einigen völlig überfüllten Waggons, weil Züge geteilt werden mussten.

Der massive Wintereinbruch mit Schnee, Sturm und Glatteis war in den letzten Tagen angekündigt worden. Einen Monat vor dem kalendarischen Winteranfang überquerte die Kaltluft aus Skandinavien und den Polarmeeren nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit hoher Geschwindigkeit weite Teile des Landes. Meteorologe Andreas Friedrich sagte in Offenbach, „das Spektakuläre ist, dass wir Temperaturstürze von fünf bis zehn Grad innerhalb einer Stunde verzeichneten“.

Bereits am Morgen kam es zu starken Schneefällen von Bremen über Hamburg bis nach Braunschweig. Wenig später war der Wetterumschwung in Berlin-Brandenburg, im Harz, in Hessen und Thüringen angekommen. Auch in Bayern schneite es. Vielerorts sorgten teils heftige Schneeschauer für Behinderungen im Straßenverkehr und zahlreiche Unfälle. In Berlin ereigneten sich allein zwischen 20 und 21 Uhr 27 Glätteunfälle. Viele ereigneten sich auf Brücken. Auf der Sellerbrücke in Wedding beispielsweise fuhren acht Autos ineinander. Dabei gab es sieben Verletzte. Darunter war auch ein Kind, wie die Polizei am Abend mitteilte.

Rund um Hamburg und in Schleswig-Holstein blieb der Schnee trotz des noch warmen Bodens vielerorts zeitweise liegen. Im Kreis Lüneburg kam ein 26-jähriger Autofahrer von der Straße ab und prallte gegen einen Baum. Dabei wurde er tödlich verletzt. Viele Autofahrer waren trotz des seit Tagen angekündigten Wintereinbruchs noch mit Sommerreifen unterwegs. Kräfte des Winterdienstes waren damit beschäftigt, vor allem Fußgängerüberwege frei zu machen. Viele Pendler stiegen auf S- und U-Bahnen sowie Busse um. Am Vormittag führte der Wintereinbruch im Oberharz zu ersten Unfällen. Auf dem mit 1142 Meter höchsten Harzgipfel fielen 20 Zentimeter Schnee. Auch in den nächsten Tagen werde mit weiteren Schneefällen auf dem Brocken gerechnet, sagte ein Wetterbeobachter.

Über Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz wütete Sturmtief „Irmela“, deckte Dächer ab und stürzte Lastwagen um. In den Mittelgebirgen fielen bis zu 15 Zentimeter Schnee, auf den Straßen und Autobahnen stauten sich die Fahrzeuge auf mehreren Kilometern Länge. Am Frankfurter Flughafen wurden 90 Flüge aufgrund des Sturmes gestrichen.

Auch die Bahn sprach vom Wetter: Wegen des erwarteten Wintereinbruchs wurden bundesweit mehr als 300 Mitarbeiter in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, um mögliche Schäden rasch beseitigen zu können, teilte der Konzern am Freitag in Berlin mit.

„Irmela“ beschädigte in Duisburg das Dach des Hauptbahnhofs, der daraufhin geräumt wurde, berichtete die Bundespolizei. In Hilden in Nordrhein-Westfalen wurde ein 100 Quadratmeter großes Flachdach mehr als 50 Meter weit auf das Dach eines Supermarkts geschleudert.

In Rheinland-Pfalz warf der Sturm auf einer Brücke der Autobahn Bingen-Bonn einen Lastwagen um. Der Fahrer blieb nach Angaben der Polizei unverletzt. Wenig später stürzte auf der A 61 kurz vor derselben Brücke ein weiterer Lastwagen um. Auf der Autobahn A 5 bei Frankfurt fetzte eine Böe die Abdeckplane aus der Verankerung eines Lastwagens. Die Plane blieb in einer Schilderbrücke hängen, wo ein zweiter Lkw in sie hineinfuhr.

Die starken Schneefälle in den Alpen und den Mittelgebirgen behinderten den Verkehr auf vielen Straßen. Im Allgäu mussten Autofahrer Schneeketten aufziehen, außerdem gab es dort wegen der erwarteten Schneeverwehungen am Samstag Schulfrei. Wegen Eisglätte war in Thüringen die Bundesstraße 247 blockiert. Auf der Zugspitze wurden bereits am Freitag 40 Zentimeter gemessen, auf dem Fichtelberg im Erzgebirge und auf dem Kahlen Asten waren es je 20.

Für Reisende, die mit dem Auto die Alpen überqueren wollen, wird die Fahrt zusätzlich erschwert. In Österreich, Frankreich, Italien und der Schweiz sind fast alle Pässe geschlossen, wie der ADAC mitteilte. In der Schweiz verzeichnete die staatliche Wetterbehörde MeteoSchweiz einem Temperatursturz mit starken Schneefällen. In höheren Lagen erreichte der Wind teilweise Orkanstärke.

Bis in die Nacht sollte die Kaltfront bis in den Süden Deutschlands vorgedrungen sein. Danach war bundesweit Schnee angesagt; der Wetterdienst rechnete mit örtlich bis zu 40 Zentimeter. Bereits am Montag soll die weiße Pracht aber zumindest im Rheinland, spätestens bis zum meteorologischen Winteranfang am 1. Dezember auch im Rest der Republik wieder verschwunden sein.Tsp/ddp/dpa

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