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Panorama: Diamantenfieber

Warum Londons Juweliere wieder auf Luxus schwören

London Es muss ja nicht gleich der berühmte Koh-i-Noor sein, wie ihn die britische Königin besitzt. Ein kleiner Stein tut es auch. Die Stars haben das längst erkannt. Und können es sich leisten: Fußball-Ikone David Beckham trägt Diamanten zur Schau und auch Hip-Hop-Queen Missy Elliot. Die Steinchen passen plötzlich nicht mehr nur zu Designer-Outfits, sondern auch zur Sporthose. Seitdem auch Modehäuser wie Chanel und Gucci Diamanten in ihre Stoffe einweben, gelten die Edelsteine zunehmend als „sexy, jugendlich und erschwinglich“. Dies jedenfalls glaubt Branchenexpertin Melanie Flouquet von der Investmentbank JP Morgan in London.

Inzwischen würden Edelsteine auch von Leuten mit eher wenig Geld nachgefragt – Diamanten als Muss für Trendbewusste. „Die wichtigsten Produzenten von Markenjuwelen sind sehr offensiv in den Markt eingestiegen“, sagt Flouquet. „Es wird enorm viel Werbung gemacht, und die Firmen statten immer mehr Prominente mit ihren Schmuckstücken aus. Heutzutage sind auf den roten Teppichen deutlich mehr Diamanten zu sehen als früher.“

So hat sich das traditionsreiche Unternehmen DeBeers mit der Nobelfirma Louis Vuitton Moët Hennessy, kurz LVMH, zusammengetan und in London ein Geschäft mit eigenen Kreationen eröffnet: mitten in der Old Bond Street, dem Londoner Viertel für Haute Couture. Statt auf dick gepanzerte Türen und plüschige Samtkissen setzt der südafrikanische Diamantenproduzent DeBeers dort auf eine schlichte und vom Prunk alter Zeit befreite Atmosphäre.

Preisschilder ersparen peinliche Fragen, und sogar „günstige“ Stücke unter 1500 Euro finden sich in den Vitrinen. Neben gewagteren Kreationen bietet DeBeers LV auch einfache, mit Diamanten bestückte Lederarmbänder an. „Ich glaube, unser Geschäft ist ein Schritt nach vorn“, sagt Marketingdirektor Jean-Christophe Gandon optimistisch. „Viele Juwelierläden wirken so unnahbar. Im 21. Jahrhundert muss Luxus aber nicht mehr einschüchtern.“

Am anderen Ende der Stadt, in Notting Hill, hat „Wint and Kidd“ eröffnet. Benannt ist der Laden nach den Bösewichten aus dem James-Bond-Film „Diamantenfieber“. In dem Geschäft liegen die Edelsteine reihenweise bereit, um in „etwas Besonderes“ verwandelt zu werden. Meistens würden Einzelanfertigungen verkauft, die der Kunde zusammen mit einem Designer entwerfe, erklärt Wint-and-Kidd-Besitzer Gavin Chengalanee. „Wir sagen den Leuten nicht, was sie tragen sollen. Wir haben die Zeit und Geduld, den Kunden bei der Schaffung ihres individuellen Schmuckstücks beiseite zu stehen“, sagt Chengalanee. „Juwelen kaufen sollte in etwa so sein, wie mit einem tollen Auto zu protzen: Es soll Spaß machen.“

Und noch ein weiterer Trend zeichnet sich ab: Zwar werden die meisten Diamanten noch von Männern für Frauen gekauft, als Geschenk oder in den Verlobungsring eingelassen. Immer öfter aber kaufen Frauen Diamanten für sich selbst. So suggerierte eine Firma in einer Werbekampagne, der funkelnde Ring an der linken Hand – an der in Großbritannien und vielen anderen Ländern der Welt der Ehering steckt – stehe für „wir“; der an der Rechten hingegen für „ich“.

Die 30-jährige Sarah Harrison etwa kaufte sich ihre ersten Diamanten nach der Trennung von ihrem langjährigem Freund. „Als unsere Beziehung kaputtging, habe ich mir gesagt: Verdammt, ich brauche keinen Kerl, der mir Diamanten schenkt. Ich kaufe sie mir einfach selber.“ 3024 Euro gab sie für Ring, Kreuz, Ohrringe und die, wie sie sagt, „befreiende Erfahrung“ aus. „Jetzt werde ich nie wieder warten müssen.“ dpa

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