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Panorama: Die Familie ist das Team

Alle reden über Zidane. Aber wie hat sich David Beckham, die andere Legende, nach der Niederlage inszeniert?

Es gibt einige Legenden, die bei der WM entzaubert wurden. Alle reden über Zidane. Aber was ist mit David Beckham, dem anderen Helden, der ohne die erhoffte Krönung Abschied nahm? Wie hat er sich nach seiner Niederlage inszeniert?

David Beckham hatte alle auf seiner Seite, als er nach dem Aus in Baden-Baden vom Podium humpelte, und darauf kam es an. Die Journalisten klatschten. Das Statement, das der England-Käpt’n nach der Niederlage da vorlas, mit zögernder Stimme, den Tränen nahe, bewegte alle. „I have lived the dream“, schluchzte Becks. Fast sechs Jahre lang Mannschaftskapitän der englischen Nationalelf zu sein, das war sein Kindheitstraum, „die größte Ehre meiner Karriere“. Alle Welt konnte sehen, dass vor dem internationalen Medienstar David Beckham, der von den einen geliebt und von den anderen gehasst wird, der schüchterne, grundehrliche Fußballer kommt, an dem eigentlich niemand etwas aussetzen kann.

Nun, der Traum ist zu Ende. Victoria und David, die drei Buben Brooklyn, Romeo und Cruz mussten ohne den begehrten Cup in ihr Eigenheim „Beckingham Palace“ zurückkehren. Dabei hatten die Boulevardzeitungen schon Fotomontagen gezeigt, auf denen Beckham die goldene Trophäe hoch über dem Kopf hält. Ein Worldcup hätte den Wert der Marke Beckham noch einmal unermesslich gesteigert.

Ist stattdessen nun das Ende der Werbemarke Beckham in Sicht? „Es ist unvermeidlich, dass Beckham an Attraktivität für große Werbeverträge einbüßt, wenn er nicht Englands Kapitän ist. Das wird ein Millionenloch reißen“, sagte der Werbefachmann David Haigh dem Fachorgan „Brand Republic“. Beckham mag einer der bekanntesten Sportler der Welt sein, bei Real Madrid pro Woche 170 000 Euro verdienen und rund um den Globus so bekannt sein wie Coca Cola. Aber vielleicht steckt im „Team Beckham“ mehr, als das Auge sieht. Als der 16-jährige Fußballlehrling bei Manchester United 1991 seinen ersten Gehaltsscheck und 120 Pfund Bonus erhielt, schrieb er stolz an einen Freund: „Nun habe ich 250 Pfund auf der Bank.“ Anfang des Jahres wurde dieser Brief versteigert: für 1000 Pfund. Mag Michael Ballack beim FC Chelsea auch mehr verdienen als Becks, mit seinem in der Reichenliste der „Sunday Times“ auf 87 Millionen Pfund geschätzten Vermögen und einer Kette lukrativer Verträge muss sich der britische Ex-Käpt’n keine Sorgen machen. Und notfalls kann Posh ja auf die Tantiemen aus ihrer Spice-Girl-Karriere zurückgreifen. Bisher jedenfalls hat sich die Marke Beckham erstaunlich katastrophenresistent erwiesen. Im letzten Juli verlor Beckham seinen Werbevertrag mit dem Mobilfunker Vodafone – ein paar Monate später wurde der Vertrag mit Motorola geschlossen. Das Playstation-Fußballspiel der britischen Softwarefirma Rage mag unter Beckhams Pech im Fußball gelitten haben. Aber Verträge mit Adidas und Pepsi, Police-Sonnenbrillen und Gilette-Rasierklingen und viele andere sichern ihm weiter Millionen. „Er kann nicht links schießen, er kann nicht köpfen, er kann nicht tacklen und Tore schießt er auch nicht viel. Aber sonst ist er ganz o.k.", sagte der für seine scharfe Zunge bekannte nordirische Starspieler George Best. Vielleicht wusste er gar nicht, wie Recht er hatte. Denn Beckham ist mehr als die in dem Filmtitel „Kick it like Beckham“ verewigte und zuletzt beim Ekuador-Spiel gezeigte Kunst, bei einem Freistoß den Ball in zielsicherer Flugkurve über die Köpfe der gegnerischen Mauer ins Tor zu lenken.

Fußball spielen können viele. David Beckham kann mehr: „Er ist der Traum für jeden, der Sportmarketing macht. Talentiert, photogen und er hat einen Pop-Star zur Frau“, sagt Alex Chapman von der Londoner Anwaltskanzlei Briffa. Lange waren die Beckhams Zielscheibe von Spott und Hohn – aber nach seinem Schreckensjahr 2004 hat er sich in den Medien immer mehr Respekt und Bewunderung verschafft. Man hätte ja glauben können, dass die Berichte über seine angebliche Affäre mit Assistentin Rebecca Loos und dann der bei der Europameisterschaft verschossene Elfmeter gereicht hätten, seiner Karriere den tödlichen Schlag zu versetzen.

Aber in britischen Augen hätte die „Bild“-Zeitung nicht verkehrter liegen können, als sie kürzlich Hohn und Spott über die Familie Beckham ausschüttete. England war tief beleidigt, seinen Becks so unfair behandelt zu sehen. Wusste denn „Bild“ nicht, dass erst ein paar Tage zuvor der Erzbischof von Canterbury David Beckham lobte, weil er als Familienvater genauso zuverlässig, fleißig und kreativ ist wie auf dem Fußballfeld? „In ihm“, erklärte das Oberhaupt der anglikanischen Weltkirche, „haben wir ein wirkliches Vorbild für die Vaterrolle.“ Während in Baden-Baden die „WAGs“ – die „Women and Girlfriends“ der Spieler – durch wilde Partys und noch wilderes Shopping Schlagzeilen machten, blieb die schon etwas reifere Victoria im Brenner Park Hotel und hütete die Kinder. Abgesehen von einer Spritztour mit dem Privatjet zum Friseur nach England.

Das Team Beckham , allen voran Victoria als Ratgeberin und Lenkerin, arbeitet längst an dem neuen Image für die Zeit, in der David nicht mehr Starkicker ist. Vorbei die Sarongs, die Irokesenhaarschnitte. Der neue Beckham ist korrekt frisiert, makellos gekleidet, Mitglied im Orden des britischen Empires und Muster-Ehemann. Zusammen mit Victoria hat er Millionen für das Unicef-Kinderhilfswerk sammeln helfen. Er gründete „Beckham Academys“, wo unterprivilegierten Kindern Fußball beigebracht wird – eine davon wohlweislich schon in den USA, der abschließenden Karrierestation für manchen alternden Fußballer.

„Beckhams Statur wird wachsen, als Ikone in Sport, Unterhaltung und Kultur. Dass er nun die Fesseln seiner Rolle als England-Kapitän verloren hat, erlaubt ihm, die Marke Beckham in neue Richtungen wachsen zu lassen“, glaubt PR-Guru Elliott Pill von der Uni Cardiff, einer der Berater Beckhams. Doch auch als Fußballer sollte man Beckham noch nicht ganz abschreiben. Keiner hat im letzten Jahr im spanischen Fußball so viel Tore vorbereitet wie er , auch nicht Ronaldinho. Der englischen Nationalmannschaft steht Beckham weiter zur Verfügung. „Ich möchte helfen, so gut ich kann“ – als ganz normaler, fleißiger Mannschaftsspieler.

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