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Panorama: Die Handgepäck-Regel: Pack es in Plastik

Erfahrungen am ersten Tag auf den Flughäfen

Der Mann im Flanellhemd hastet in Berlin-Schönefeld an der Warteschlange vorbei zurück zum Eingang des Kontrollbereiches. Mit mürrischem Blick wirft er zwei Plastikflaschen mit Mineralwasser in den blauen Müllcontainer. Darin befinden sich bereits andere Getränkepackungen, Haarsprays, Zahnpasta-Tuben und eine große Dose Schafskäse in Salzlake.

Andere Fluggäste hasten zurück zum Info-Schalter vom Airport-Service. Dort sind die vorgeschriebenen Transportbeutel für Flüssigprodukte zum Stückpreis von 50 Cent erhältlich. 30 Euro hat der Verkäufer Jean-Pierre Konate gegen neun Uhr früh bereits eingenommen, ein Passagier hat für die 50 Cent sogar eine Quittung verlangt. Eine ältere Dame kauft den Beutel nur „vorsichtshalber“, denn sie hat selbst die Creme im Koffer verstaut. Ein ausländisches Ehepaar hockt am Boden und sortiert Kosmetika aus dem Handkoffer. Die verstärkten Sicherheitskontrollen haben am ersten Tag der neuen Handgepäck-Regeln an vielen europäischen Flughäfen zu längeren Warteschlangen geführt. Die Mitnahme von Flüssigkeiten im Handgepäck wurde drastisch beschränkt. Häufig gab es noch Unklarheiten.

In Berlin-Tegel haben sich am Morgen lange Warteschlangen gebildet, dennoch läuft der Verkehr fast reibungslos. Nur einzelne Flüge sind um 15 bis 30 Minuten verspätet. Überall hängen die gelben Plakate, die zweisprachig über die neue Regelung informieren. Vor jedem Flugsteig verteilen Mitarbeiter der Kontrollfirma Securitas Merkblätter und die Plastikbeutel. Hier in Tegel kosten sie nichts. An Tischen vor den Kontrollen können Reisende ihren Tascheninhalt umpacken. Nur größere Behältnisse landen auch hier gelegentlich in den Mülltonnen.

Nicht jeder reagiert begeistert, sagt ein Kontrolleur. Doch die Mehrzahl der Passagiere ist informiert. Der häufigste Fehler ist, dass die daheim gepackten Tüten nicht den Vorschriften entsprechen, sagt ein Mitarbeiter. Sie dürfen nicht mehr als einen Liter Fassungsvermögen (circa 20 mal 20 Zentimeter) besitzen und müssen über einen integrierten Verschluss verfügen. Clips sind nicht erlaubt.

„Keine Probleme“, heißt es übereinstimmend bei den Airlines. „Die Auswirkungen sind überraschend gering“ stellt Bundespolizeidirektor Horst Lang fest. An Flughäfen, wo schon immer akribisch kontrolliert worden sei, würden die zusätzlichen Maßnahmen kaum ins Gewicht fallen. Für die Passagiere sei die Umstellung nicht so schmerzlich wie die Einführung des Mitnahmeverbots für scharfe und spitze Gegenstände vor fünf Jahren. Das ist verständlich, von der Seltersflasche trennt man sich leichter als vom Nagelpflegeset. Auch an anderen deutschen Flughäfen halten sich die Verspätungen mit einzelnen Ausnahmen im Rahmen. Am Stuttgarter Flughafen allerdings mussten die Fluggäste schon am Morgen deutlich länger als gewöhnlich warten. Bereits um kurz nach sechs Uhr reichte die Schlange von der Sicherheitsschleuse quer durch die gesamte Halle des Terminal drei, wie eine Tagesspiegel-Leserin der Redaktion mitteilte. Einige Passagiere hätten noch kurz vor den Metalldetektoren angefangen, tief in ihren Handgepäckkoffern nach Zahnpasta und Rasierwasser zu kramen. Und dass einige Fluggäste die durchsichtigen Plastiktüten in ihren Aktentaschen vergruben, verzögerte den Durchleuchtungsprozess noch einmal. Einige trennten sich kurzerhand von ihren Flüssigkeiten. Die Boxen mit entsorgten Utensilien mussten schon am Morgen laufend geleert werden. Die Maschine nach Berlin startete eine halbe Stunde verspätet. Hinter den Kontrollen scheint in den Flughäfen die Kauflust zu steigen. Claus Heinemann, Chef des größten deutschen Betreibers von Duty FreeShops, freute sich gestern bereits über gestiegenen Umsatz. Verpackt werden die Waren jetzt in speziellen Tüten mit Klebeverschluss.

Rainer W. During

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