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Panorama: Die Sache mit dem Konjunktiv

Viele Menschen haben Anspruch auf eine ärztliche Vorsorgeuntersuchung – und nutzen sie nicht

„Erzähl vom Verschleißen, erzähl vom Verkalken, erzähl vom Verengen, erzähl vom Verschließen, erzähl, was Du willst, nur erzähl du mir bitte, bitte nichts vom Verzichten.“ Dieses Gedicht von Robert Gernhardt könnte symbolisch stehen für die Einstellung der meisten Menschen zum Thema Gesundheitsvorsorge. Denn eines ist typisch: Meist bleibt es beim guten Vorsatz. Eigentlich wollte man zwei Mal die Woche joggen gehen, aber dann sind doch wieder drei Wochen vergangen, und man ist irgendwie nicht dazu gekommen. „Das große Problem ist, dass wir bei der Prävention immer im Konjunktiv sprechen, das heißt man müsste, man sollte, man könnte mal, man nimmt sich dann auch vor, etwas zu tun, aber der innere Schweinehund wird oft nicht so richtig überwunden“, benennt Ulrich Weigeldt, Sprecher des Präventionsnetzwerks, die Crux.

Das Präventionsnetzwerk ist einer von sieben Kooperationspartnern, die zusammen mit dem Arzneimittelhersteller Ratiopharm die Gesundheitsbox initiiert haben, ein Projekt, das zur aktiven Gesundheitsvorsorge motivieren will. „Wir haben uns bei dem Projekt engagiert, weil wir denken, dass insgesamt mehr im Bereich Prävention getan werden muss“, erklärt Weigeldt. „Das Konzept der Gesundheitsbox ist, jedem Besucher seine Chance auf Gesundheit zu verdeutlichen und den Start in ein gesundheitsbewusstes Leben zu erleichtern – ohne erhobenen Zeigefinger.“ Vom 2. bis 4. September wird sie am Potsdamer Platz Station machen (s. Artikel links).

Heinz Jarmatz, stellvertretender Bundesvorsitzender des Hausärzteverbandes, der sich ebenfalls an dem Projekt beteiligt, sieht ein allgemeines Defizit in dem Bereich Gesundheitsvorsorge: „Zu der ab dem 35. Lebensjahr obligatorischen, gesetzlich verankerten Gesundheitsuntersuchung gehen nur rund 18 Prozent aller Berechtigten“, sagt er. Dadurch entstünde eine Verdrängungsmentalität, die möglicherweise ein böses Erwachen nach sich ziehen kann. Besonders Männer tendieren dazu, das Thema Gesundheit beiseite zu schieben: nur circa zwölf Prozent der 30- bis 55-Jährigen gehen regelmäßig zur Krebsfrüherkennungsuntersuchung, während von den Frauen jede zweite die empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nimmt, so eine aktuelle Studie des Zentralinstituts für die kassenärztlichen Versorgung aus dem Jahr 2005.

„So eine Krebsvorsorgeuntersuchung dauert in der Regel nicht lange, unter Umständen bekommt man im Tausch dafür aber viele Lebensjahre geschenkt, wenn nämlich der Krebs frühzeitig erkannt werden kann“, motiviert Heinz Jarmatz regelmäßig seine Patienten, die Früherkennungsuntersuchungen wahrzunehmen. Ab dem dreißigsten Lebensjahr ist für Männer eine jährliche Vorsorgeuntersuchung auf Hautkrebs in Verbindung mit einer Untersuchung der Prostata empfehlenswert, so eine Tabelle des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung. Frauen sollten ab dem zwanzigsten Lebensjahr jährlich zur Vorsorge mit Krebsabstrich und weiteren Zelluntersuchungen gehen.

Ab dem dreißigsten Lebensjahr wird Frauen eine jährliche Haut- und Brustuntersuchung empfohlen sowie ab dem fünfzigsten Lebensjahr alle zwei Jahre ein Mammographie- Screening. Ab dem fünfzigsten Lebensjahr sollten Frauen und Männer dem Ministerium zufolge jährlich eine Untersuchung zur Vorsorge von Darmkrebs vornehmen lassen. Eine Darmspiegelung ist ab dem Alter von 55 Jahren in zehnjährigem Abstand vorgesehen.

Versicherte, die das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet haben, haben jedes zweite Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere zur Früherkennung von Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus).

Es sei nicht nur effizienter, sondern oft auch wesentlich effektiver, Gesundheit vorbeugend zu schützen als sie wiederherzustellen, meint der Sprecher des Präventionsnetzwerks: „Ein Ausbau der Prävention und Gesundheitsförderung kann schließlich auch zu einer Kostendämpfung im Gesundheitswesen beitragen – denn Krankheiten, die gar nicht erst entstehen, sind die beste Entlastung für das System“, bringt Weigeldt ein weiteres Argument für eine gründlichere Gesundheitsvorsorge vor.

Auch Impfungen gehören zur Prävention bei Erwachsenen: Diphtherie- und Tetanusimpfungen zum Beispiel sollten alle zehn Jahre aufgefrischt werden, hinzu kommen Indikationsimpfungen, die bei Angehörigen bestimmter Alters- oder Risikogruppen empfohlen werden. Dazu zählen: Influenza (Standardimpfung für Personen ab 60 Jahre), Hepatitis A und B, Tollwut oder Röteln und Keuchhusten.

Aber Prävention beinhaltet nicht nur die Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Impfungen. Prävention ist mehr: eine gesunde Lebensweise, ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung bewirken nicht nur eine Verbesserung des Gesundheitszustandes, sondern auch einen Zuwachs an Lebensqualität. Dieses Verständnis von Gesundheitsvorsorge spiegelt sich auch in dem Konzept der Gesundheitsbox wider: Schon beim Betreten der überdimensionalen Arzneimittelpackung taucht der Besucher ein in das beruhigende Ambiente eines Waldes, riecht den Duft der Natur. Über die Sinne soll der Gast einen Zugang zum Thema bekommen.

Anke Sprenger

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