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DIE TÄTER: Der Charmeur und sein Sektenführer

Helg Sgarbi– das war der elegante, galante Mann an der Münchner Hotelbar, jener große Schlanke mit dem melancholischen Blick, auf den Susanne Klatten im Sommer 2007 hereinfiel. Aber was war Sgarbi wirklich?

Helg Sgarbi

– das war der elegante, galante Mann an der Münchner Hotelbar, jener große Schlanke mit dem melancholischen Blick, auf den Susanne Klatten im Sommer 2007 hereinfiel. Aber was war Sgarbi wirklich? Allmählich zeigen sich seine Konturen.

Dem Zürcher „Tages-Anzeiger“ zufolge hatte der aus begüterter Familie stammende, in Winterthur geborene Helg Russak (43) mit Erfolg Jura studiert. Er war Offizier der Schweizer Armee und Prokurist bei der Bank „Credit Suisse“. Zu seinem heutigen Nachnamen kam er durch Heirat. Seinen Frauenaffären scheint dieser Familienstand keinen Abbruch getan zu haben – zumal Sgarbi häufig in höherem Auftrag unterwegs gewesen zu sein scheint. Der, der ihn zu den reichen Frauen schickte, ließ sich in Zürich gern „Gesandter Gottes“ nennen. Mit bürgerlichem Namen heißt er Ernani Barretta. Der 63-Jährige stammt aus den italienischen Abruzzen, „aus dem Hunger“, wie er selbst sagt. Er lernte Schweißer, wanderte aus und gründete eine Autowerkstatt; in Zürich, sagen die einen, in Konstanz, sagt er.

Dann entdeckte Barretta seine charismatische Fähigkeit. Als „Wunderheiler“ sammelte er in den neunziger Jahren in Zürich eine Schar von Jüngern um sich, die ihm so ergeben waren, dass sie ihm regelmäßig Teile ihres Gehalts überwiesen oder gar ihre Lebensversicherung zu seinen Gunsten auflösten. So schreibt es der „Tages-Anzeiger“, der Barretta bereits seit 1995 beobachtet.

Zu Barrettas Anhängern gehörten demnach auffällig viele Juristen. Auch jüngere Frauen fühlten sich von Barrettas Aura fasziniert. Einige zogen zu ihm in die Abruzzen und arbeiteten für ihn, für Gotteslohn, in Bars, Restaurants – oder in dem sündhaft teuren Landhotel, das Barretta zu dieser Zeit in seiner Heimat baute. Dabei hatte er seinen Anhängern versprochen, er wolle ein Heim für kriegsgeschädigte Kinder aus Ex-Jugoslawien errichten. Dieses fehlt bis heute.

Die Männer arbeiteten für Barretta auf dem Bau – oder wurden auf reiche Frauen angesetzt, wie Sgarbi. Barretta filmte die Liebenden, machte die Bilder mit mehr oder minder sanftem Druck zu Geld, kaufte sich Grundstück um Grundstück, Luxusauto um Luxusauto. In seiner Garage fand die Polizei einen Lamborghini, einen Rolls-Royce, einen Ferrari.

Sgarbi und Barretta, die in Untersuchungshaft sitzen, waren der Justiz schon vor der „Affäre Klatten“ bekannt. Sgarbi erhielt 2002 in der Schweiz eine Strafe von sechs Monaten auf Bewährung, weil ihn eine Deutsche angezeigt hatte. Sie hatte bemerkt, dass er die gemeinsamen Liebesübungen per Video aufzeichnete. Gegen Barretta ermittelte die Zürcher Polizei schon 1994 wegen Erpressung und Betrugs. Paul Kreiner

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