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Panorama: Die Unglücksursache ist jetzt klar

BONN (Ha).Nach Erkenntnissen des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) hat ein Radreifenbruch sowie eine dadurch umgestellte Weiche zum Unglück von Eschede geführt.

BONN (Ha).Nach Erkenntnissen des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) hat ein Radreifenbruch sowie eine dadurch umgestellte Weiche zum Unglück von Eschede geführt.EBA-Referatsleiter Hans- Heinrich Grauf zeichnete den Unfallhergang wie folgt nach

"Am 03.06.98 um 10.59 Uhr entgleiste der ICE 884 "Wilhelm-Conrad-Röntgen" auf der Fahrt von München nach Hamburg-Altona.Der Zug, der aus zwei Triebköpfen und 12 Mittelwagen bestand, entgleiste im Südkopf des Bahnhofs Eschede an der Strecke Celle-Hamburg im Bereich der Weiche 3.

Die zweite Hälfte des dritten Mittelwagens prallte gegen einen Pfeiler der Straßenüberführung der Kreisstraße 20.Die Brücke stürzte ein und begrub die hintere Hälfte des fünften Mittelwagens unter sich.Die nachfolgenden Mittelwagen prallten gegen die eingestürzte Brücke, verkeilten sich untereinander und wurden stark zerstört.

100 Menschen wurden getötet und 88 verletzt.73 von ihnen liegen noch im Krankenhaus.Die Höhe des Sachschadens ist noch nicht bekannt.Getötet wurden zwei Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG, die zum Zeitpunkt des Unglücks mit Wartungsarbeiten beschäftigt waren und sich nicht im Zug befanden.Der Triebfahrzeugführer wurde leicht verletzt.

Das EBA hat nach dem Unfall alle Bereiche - Bahnbetrieb, Oberbau, Signalanlagen und Fahrzeug - systematisch übeprüft und keinerlei Hinweise auf Unregelmäßigkeiten festgestellt.Nach Mitteilung des Bundesgrenzschutzes fanden sich keine Hinweise auf einen Eingriff in den Bahnbetrieb (das hieße zum Beispiel menschliches Versagen).Eine Hakenkralle, die an der Strecke vor dem Bahnhof Eschede aufgefunden wurde, steht in keinem sachlichen Zusammenhang zu dem Ereignis.

Als auslösende Ursache des Unfalls hat sich der Bruch eines Radreifens am ersten Mittelwagen herausgestellt.Bei diesem Radreifen handelt es sich um einen gummigefederten Radsatz, der 1992, also ein Jahr nach Aufnahme des ICE-Verkehrs, eingeführt wurde.Der Radreifen ist rund sechs Kilometer vor der Unfallstelle gebrochen, hat sich nach etwa 200 bis 300 Metern von der Radscheibe gelöst, wurde aufgebogen und hat sich im Drehgestell verkeilt.

Der Zug fuhr dann trotz des fehlenden Radreifens über eine Strecke von rund 5,5 Kilometern stabil, ohne zu entgleisen.Im Bahnhof Eschede, etwa 200 Meter von der Unglücksstelle, verhakte sich der Radreifen in einem schienenförmigen Bauteil der Weiche 2, einem sogenannten Radlenker.Dieser wurde dadurch abgesprengt und in das Innere des ersten Mittelwagens gestoßen.Dabei brach ein Teil ab.Vermutlich durch die Wucht dieses Aufpralls wurde der beschädigte Radsatz nach rechts abgelenkt.Dadurch glitt die Radscheibe vom Schienenkopf ab, das gegenüberliegende, linke Rad entgleiste und traf nach etwa 120 Metern auf die abliegende Zunge der Weiche 3.Durch die Wucht dieses Aufpralls wurde die Weiche in Rechtslage umgestellt und der erste Mittelwagen sowie die folgenden Wagen entgleisten.

Der dritte Wagen stellte sich unter der Brücke quer und schlug mit seinem hinteren Ende die Pfeiler der Brücke weg.Der vierte Wagen stürzte seitlich die Böschung hinunter.Wagen 5 wurde durch die herabstürzende Brücke im hinteren Teil beschädigt, Wagen 6 wurde unter den Trümmern der Brücke begraben.Die übrigen Wagen 7 bis 12 wurden dann wie ein Zollstock aufeinandergeschoben.

Das EBA hat nach dem Unglück verschiedene Maßnahmen ergriffen.Als Sofortmaßnahme wurde die Geschwindigkeit aller ICE 1-Züge bis zu einer Sonderüberprüfung der Laufwerke auf 160 km/h reduziert.Am 5.Juni wurde darüber hinaus die zulässige Verschleißgrenze für Radreifen von ursprünglich 854 auf 890 Millimeter Laufkreisdurchmesser angehoben.Im Neuzustand sind es 920 Millimeter.Am 6.Juni wurde eine zusätzliche Ultraschallprüfung aller Radsätze angeordnet."

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