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Münchner Urgestein. Willy Heide, Sprecher der Wiesn-Wirte. Foto: dpa

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Panorama: Die Wirtschaft war sein Wohnzimmer

Er begann als Spüler und Hendl-Salzer – der Wiesn-Wirt Willy Heide starb mit 91 Jahren

Es gibt Menschen in der Münchner Gesellschaft, die unscheinbar sind, aber seit jeher dazugehören. Sie sind immer da, wie das alte Inventar in einem Wirtshaus. Der Großgastronom Willy Heide war immer da – entweder in seinem Ausflugslokal „Heide Volm“ in Planegg vor den Toren Münchens oder in seinem Zelt auf dem Oktoberfest, das den Namen „Pschorr-Bräurosl“ trägt. „Die Wirtschaft ist mein Wohnzimmer“, sagte er oft und nahm abends am Stammtisch Platz. Nun trauern die Münchner um Willy Heide, der im Alter von 91 Jahren gestorben ist, und der schon zu Lebzeiten eine Art leise Legende war.

Auf 74 Jahre Oktoberfest hat er es gebracht. 1936 beginnt er mit 16 als Spüler und Hendlsalzer in der „Bräurosl“, für deren Bewirtung sein Vater den Zuschlag von der Hacker-Pschorr-Brauerei erhalten hat. Willy Heide wird als Soldat in den Krieg eingezogen, muss nach Südfrankreich und Russland. 1948 kehrt er aus der Gefangenschaft zurück, nicht nur die „Heide Volm“ in Planegg ist vollkommen zerstört.

Er hilft mit beim Wiederaufbau, später übernimmt er Gastwirtschaft und Oktoberfest-Bierzelt vom Vater. 16 Jahre lang, bis 2001, ist er schließlich Sprecher der Wiesn-Wirte – ein mächtiger Posten, denn das Volksfest wird zum internationalen Markenzeichen Münchens. Er sei sehr geschickt gewesen und konnte gut mit den Leuten umgehen, sagen Kollegen.

Über die Jahrzehnte so zu bleiben, ist nicht einfach im München zwischen Folklorekitsch und Weltstadt-Ambitionen, in dem Society-Größenwahn direkt neben dem Absturz steht. Manch ein Gastronom schafft das nicht, vor allem wenn er als Promi-Wirt tituliert wird. Jüngstes Beispiel ist Wiesn-Wirt Sepp Krätz (Hippodrom), der auf dem letzten Oktoberfest Angestellte geschlagen und massiv beleidigt haben soll. Jüngst wurde sein „Andechser am Dom“ gefilzt wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten bei den Abrechnungen.

Willy Heide freute sich, dass es mehrheitlich normale, einheimische Gäste in die „Bräurosl“ zog. Abend für Abend wunderte sich mancher Besucher, wer denn der kleine, alte Mann mit Lederhose war, der hinten in der Festhalle stand und dann durch die Reihen ging, um den Menschen „Grüß Gott“ zu sagen. Es war Willy Heide – der selbstverständlich der Tradition folgte, dass ein bayerischer Gastwirt jeden Abend die Gäste persönlich begrüßt.

Die Promis, Schickis und die Wiesn als internationales Gröl-Spektakel – das war nicht sein Ding. Er hielt die Musik eher traditionell, hat gar eine eigene Jodlerin eingestellt. In die „Bräurosl“ passen 8500 Menschen. Am ersten Wiesn-Sonntag ist die Halle Ort eines besonderen Treffens: Schwule und Lesben feiern dort traditionell den „Gay-Sunday“. Der Veranstalter weist darauf hin: „Die Festzeltleitung duldet keine sexuellen Handlungen oder nackte Ärsche.“

Willy Heide war ein hoch dekorierter Bayer – er trug das Bundesverdienstkreuz, den Bayerischen Verdienstorden, die Plakette „München leuchtet“ und zwei Auszeichnungen seines Heimatortes Planegg.

In vier Wochen heißt es wieder „Ozapft is“. Willy Heide wird dann nicht mehr dabei sein.

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