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Mütter sitzen mit

© dpa

Panorama: Die zweite Katastrophe

Deutsche Ärztin berichtet aus Haitis Choleragebiet

Von Andreas Oswald

Nach dem verheerenden Erdbeben im Januar droht den Überlebenden in Haiti die nächste Katastrophe. Die Cholera ist ausgebrochen. Fast 200 Menschen sind bisher gestorben. Die Regierung hat den Notstand ausgerufen. In den Krankenhäusern kämpften mehr als 2500 Menschen gegen Durchfall, Fieber und Erbrechen. Die Zustände sind chaotisch. Die Regierung rief in der Nacht zum Samstag den Notstand aus. Internationale Hilfsorganisationen versuchen, eine Epidemie zu verhindern.

Das Hauptproblem besteht darin, die Ursache zu finden und diese Ursache zu beseitigen. Meistens entsteht eine Cholera-Epidemie, wenn Trinkwasser und Abwässer nicht getrennt sind. Das kann bauliche Ursachen haben, wenn Trink- und Abwasser-Systeme beschädigt sind, etwa durch ein Erdbeben. Da das Choleragebiet aber vom Erdbeben verschont geblieben ist, vermutet die deutsche Ärztin Irmgard Harms eine andere Ursache. Die pensionierte ehemalige Leiterin eines deutschen Gesundheitsamts arbeitet für die Hilfsorganisation Humedica in Haiti und hält sich im Choleragebiet auf, um dort Hilfe zu organisieren. Dem Tagesspiegel sagte sie am Telefon, dass viele Menschen aus dem Erdbebengebiet in den unbeschädigten Norden gebracht worden seien, nach Saint-Marc. Dort lebten jetzt so viele Menschen, dass das Trinkwasser nicht ausreiche. In ihrer Not würden viele Menschen Wasser aus dem Fluss trinken, der verunreinigt sei. Die Behörden vermuten, dass nach den Regenfällen der vergangenen Wochen Latrinen überliefen und das bakterienverseuchte Wasser in den Fluss Artibonite gelangte.

Um den Cholerakranken zu helfen, seien kurzfristig vor allem Infusionen notwendig, sagte Harms. Den Menschen müsse mehr Flüssigkeit zugeführt werden, als sie verlören, um sie vor dem Tod zu retten. Außerdem seien Antibiotika notwendig. Die Gesundheitsmanagerin war am Samstag vor allem damit beschäftigt, Infusionen aus einem Lager in der Hauptstadt Portau-Prince in den Norden zu schaffen. Experten hatten bisher vermutet, dass in erster Linie die erdbebengeschüttelte Hauptstadt von einer Choleraepidemie bedroht sei. Deshalb haben dort die ausländischen Helfer alles darangesetzt, eine solche Epidemie zu verhindern. Jetzt ist sie in einem Gebiet ausgebrochen, in dem das vorher nicht vermutet wurde.

Bei dem Erdbeben am 12. Januar wurden in Port-auPrince und in der Umgebung mehr als 220 000 Menschen getötet. Mehr als eine Million Menschen leben seither auf engstem Raum in Obdachlosenlagern.

In der Bevölkerung kam es nach Ausbruch der Epidemie zu Panikreaktionen, die Menschen stürmten Krankenhäuser und Hilfseinrichtungen, um Hilfe zu erhalten. Wie der US-Nachrichtensender CNN weiter berichtete, will ein amerikanisches Expertenteam nach Haiti reisen, um das richtige Antibiotikum im Kampf gegen die Krankheit zu bestimmen. Bei der Cholera handele es sich um den besonders gefährlichen Typ O1. Gesundheitsminister Alex Larson appellierte an die Bevölkerung, auf die Hygiene zu achten. Der erste Cholera-Fall war am vergangenen Dienstag aufgetreten. Die Cholera ist für Haiti eigentlich untypisch. Eine Epidemie hat es in dem Land seit Jahrzehnten nicht gegeben. mit dpa

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