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Panorama: Diesseits von Afrika

Seyfried? Das ist doch der kiffende Altsponti, der immer diese Comics über Kreuzberg gezeichnet hat.

Von Markus Hesselmann

Seyfried? Das ist doch der kiffende Altsponti, der immer diese Comics über Kreuzberg gezeichnet hat. Macht der jetzt in Literatur? Gleich 600 Seiten hat Gerhard Seyfried bei seinem späten Debüt geschrieben. Detailversessen erarbeitet sich Seyfried eine Welt, die mit Kreuzberg und Kiffern wenig zu schaffen hat. „Herero“ spielt 1904 in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Die Hereros erheben sich, Kaiser Wilhelms Soldaten schlagen den Aufstand nieder und rotten das Volk fast aus. Seyfried zeichnet ein drastisches Bild des Krieges, aber seine Deutschen sind keine Unmenschen. Carl Ettmann, die Hauptfigur, ist ein Hamlet im Wüstensand. Ein zögerlicher Mensch. Er kam als Kartograph und wurde Soldat. Seyfrieds Hereros sind keine edlen Wilden. Vor der Ankunft der „Deutji“ waren sie das Herrenvolk. Nur drei Wochen war Seyfried in Namibia. Er brachte Koffer voller Dias mit, die ihm bei seiner visuellen Schreibtechnik halfen. Der Rest war Archivarbeit. Die Mühe hat sich gelohnt; „Herero“ ist ein großer historischer Roman. Ein Panorama. Wie gemalt.

Gerhard Seyfried: Herero. Roman. Eichborn Berlin, Frankfurt a.M. 600 Seiten., 29,90 €.

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