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„Don Fünfhundert“: Prälat im Vatikan wegen Geldgeschäften in Haft

Es sind wieder einmal alle Zutaten für den "klassischen" Vatikan-Krimi beieinander.

Beziehungen braucht der Mensch. "Einen Heiligen im Paradies", wie das italienische Sprichwort sagt. Ersatzweise reicht ein Prälat im Vatikan. Der neapolitanische Reeder D. kannte da einen. Und als er jüngst an sein Schweizer Schwarzgeld wollte – 20 Millionen Euro brauchte der Unternehmer in bar –, da rief er bei Monsignor Nunzio Scarano in der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls an. Scarano wiederum kannte den Ex-Funktionär des italienischen Inlandsgeheimdienstes Giovanni Maria Zito. Dieser wusste, wie man an ein privates Flugzeug kam und wie man die Grenzkontrollen umgehen. Außerdem verlangte er für seine Vermittlungsdienste nur läppische 600.000 Euro. Der Monsignore nickte. Dann flogen sie zum Geldholen nach Locarno.

Zurück kamen sie mit leeren Händen; irgendwie waren sie mit D.'s Schweizer Finanzagenten nicht handelseins geworden. Weil Zito dennoch seine Provision verlangte, stellte der Monsignore – nicht der Reeder! – einen Scheck über 400.000 Euro aus. Den zweiten blockierte er später; er habe ihn "verloren", sagte er seiner Bank. Da hatte die italienische Finanzpolizei längst Scaranos wenig geistliche Telefonate abgehört. Die Staatsanwaltschaft gab die Erkenntnisse an diesem Freitag weiter – kurz nachdem sie die drei in Untersuchungshaft genommen hatte: den Broker, den gefeuerten Ex-Geheimdienstler, den Monsignore. Und wieder einmal richten sich aller Augen auf "den" Vatikan und "seine" düsteren Finanzgeschäfte.

Monsignor Scarano, Bankangestellter in seinem früheren beruflichen Leben, arbeitete als Buchhalter im Vatikan. Und zuhause, im süditalienischen Salerno, pflegte er seine privaten finanziellen Freundschaften. Eine italienische Nachrichtenagentur will gehört haben, bei seinen Mitbrüdern sei Scarano als "Don Fünfhundert" bekannt, weil er es liebte, seinen mit entsprechenden Scheinen bestückten Geldbeutel herumzuzeigen. Die Staatsanwaltschaft Salerno – das kam vor zwei Wochen heraus, worauf der Monsignore suspendiert wurde – verdächtigt Scarano der Geldwäsche: Er habe Schecks von seinen Bauunternehmer-Freunden als "Spenden" entgegengenommen und in bar zurückgegeben. In einem Fall waren es demnach 560.000 Euro. Zwei Konten unterhält Scarano nach Aussagen der Staatsanwaltschaft bei der Vatikanbank IOR: ein privates und eines für einen "Fonds ältere Menschen".

Damit – mit der unvermeidlichen Erwähnung des ebenso berühmten wie verrufenen IOR - sind wieder einmal alle Zutaten für den "klassischen" Vatikan-Krimi beieinander. Für die bisher letzten Schlagzeilen hat allerdings nicht das "Institut für Werke der Religion" selbst, sondern Papst Franziskus gesorgt: In ebenso überraschendem wie ungewöhnlichen Entschluss hat er vor drei Tagen eine fünfköpfige Untersuchungskommission eingesetzt. Er verlangt Aufklärung über "die rechtliche Situation und die Tätigkeiten des IOR", damit dieses "in besseren Einklang mit der universalen Sendung der Kirche" gebracht werden könne.

Damit steht fest: Franziskus, der eine "arme Kirche" will und eine eigene Vatikanbank "nur bis zu einem gewissen Punkt" für notwendig hält, traut dem Frieden nicht, den ihm die Administration Benedikts XVI. hinterlassen haben will. Da waren zuletzt ja ungewöhnliche Dinge passiert. Benedikt hatte noch nach der Ankündigung seines Rücktritts den Präsidentenposten beim IOR neu besetzt. Hätte man nach neun Monaten Vakanz nicht auch noch die paar Wochen bis zum Amtsantritt des neuen Papstes warten können?, fragte sich in Rom so mancher. Zusätzlich hatte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone die Mitglieder des Kardinal-Aufsichtsrates pauschal für fünf Jahre im Amt bestätigt. Und die zum Konklave angereisten Kardinäle der Weltkirche, die sich – nach all den Skandalen, den Gerüchten und der Beschlagnahmung von 23 Millionen Euro durch die italienische Nationalbank – in Rom fundierte Aufklärung erhofft hatten, die wurden mit einem summarischen "Wir haben alles im Griff" abgespeist. Sie bekamen nicht einmal Gelegenheit zum Nachfragen.

Schon vor wenigen Tagen hatte Franziskus einen persönlichen Vertreter als neuen "Hausgeistlichen" ins IOR entsandt. "Vorläufig", ließ er mitteilen, "in diesem Stadium des Nachdenkens". Jetzt, mit seiner neuen, ihm allein berichtenden Untersuchungskommission, umgeht Franziskus auch den von Bertone geführten Aufsichtsrat der Bank. Nur einen aus dem fünfköpfigen Kardinalskreis hat der Papst in die neue Kommission berufen: den Franzosen Jean-Louis Tauran. Und den von Benedikt eingesetzten IOR-Präsidenten, den Deutschen Ernst von Freyberg, hat Franziskus noch nicht einmal formell empfangen. Dabei wohnt von Freyberg, wenn er in Rom ist, im selben Vatikan-Hotel wie der Papst. Und dieser spricht dort mit so vielen Leuten...

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