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Panorama: Drachs letzter Tango: Argentinien liefert den Drahtzieher der Reemtsma-Entführung aus

Hamburg bereitet sich auf einen der spektakulärsten Prozesse vor. Die Staatsanwaltschaft geht fest davon aus, dass der mutmaßliche Drahtzieher der Entführung von Jan Philipp Reemtsma, Thomas Drach, in den nächsten Tagen aus Buenos Aires ausgeliefert wird und dann vor Gericht gestellt werden kann.

Hamburg bereitet sich auf einen der spektakulärsten Prozesse vor. Die Staatsanwaltschaft geht fest davon aus, dass der mutmaßliche Drahtzieher der Entführung von Jan Philipp Reemtsma, Thomas Drach, in den nächsten Tagen aus Buenos Aires ausgeliefert wird und dann vor Gericht gestellt werden kann. Der argentinische Präsident Fernando de la Rua hat die Auslieferung Drachs unterschrieben. Der genaue Auslieferungstermin steht aber noch nicht fest.

Für die Ermittler, die lange auf der Spur von Drach waren, wäre es der letzte Akt in einem Drama, das vor mehr als vier Jahren in Hamburg Blankenese begann. Reemtsma war am 25. März 1996 auf seinem Grundstück entführt worden und nach 33 Tagen für ein Lösegeld von 3O Millionen Mark frei gelassen worden. Wo das Geld geblieben ist, bleibt nach wie vor rätselhaft.

Doch die Frage ist, wieviel davon überhaupt noch übrig ist. Allein die Geldwäsche dürfte teuer gewesen sein. Dazu kommen die Belohnungen für seine Komplizen und er selbst hat es offenkundig bis zu seiner Festnahme in einem Luxshotel in Buenos Aires für sich an nichts fehlen lassen, fuhr teure Luxusschlitten und amüsierte sich mit teuren Frauen. Auch in seinem Gefängnis in Argentinien soll es ihm gut gegangen sein. Ein Teil des inzwischen "sauberen" Geldes könnte auch in Immobilien oder kleineren Unternehmen auf dem Balkan oder in Süddamerika angelegt worden sein.

Drach hat stets versichert, er sei unschuldig. Doch die Anklage dürfte es nicht allzu schwer haben, ihm die Tat und seine Beteiligung daran nachzuweisen. Denn die bisherigen Angeklagten in dieser Sache, vor allem K.  und Peter Richter, haben übereinstimmend ausgesagt, Drach sei der Boss gewesen. Nach dem bisherigen Stand der Dinge hatte Drach auch zusammen mit dem inzwischen ebenfalls verurteilten Polen Piotr Laskowski das Reemtsma-Grundstück ausgekundschaftet. Beide hatten danach am 25. März 1996 abends Reemtsma aufgelauert, als der aus seinem Wohnhaus hiüberging zu seinen Arbeitsräumen und seiner Bibliothek. Die beiden überfielen den Wissenschaftler und Millionär, schlugen und verletzten ihn und brachten ihn in den bereit stehenden Kastenwagen. Anschließend fuhren sie zu dem zuvor angemieteten Haus in der Nähe von Bremen, wo sie ihr Opfer im Keller anketteten. Am Ort der Entführung hinterließen sie ein mit einer Handgranate beschwertes Erpresserschreiben.

Tage der Ungewissheit begannen. Die Polizei bildete eine Sonderkommission, betreute die Familie, blieb weitgehend im Hintergrund. Die Redaktionen, die Wind von dem Verbrechen bekommen hatten, verzichteten auf eine Berichterstattung. Der Kontakt zu den Entführern lief über Telefon, Post und über verschlüsselte Anzeigen in der "Hamburger Morgenpost". Schließlich gelang die Übergabe des Geldes. Bald darauf war Reemtsma frei. Seinen Leidensweg hat er seinem Buch "Der Keller" beschrieben. Gleich danach begann damals die Fahndung nach den Tätern, die schnell herausgefunden wurden - unter anderem aufgrund der aufgenommenen Telefongespräche. K. , Peter Richter und bald danach auch Thomas Drach wurden steckbrieflich gesucht. K.  und Richter wurden Ende Mai 1996 in Spanien bei Kontrollen verhaftet und zu zehneinhalb und fünf Jahren Haft verurteilt. Nur Thomas Drach haben Hamburgs zuständige Richter noch nicht zu Gesicht bekommen. Bis jetzt.

Karsten Plog

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