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Labor-Drogen aus der Gruppe der „Cannabinoide“ sind gefährlicher als Haschisch, urteilte der Gutachter.

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Drogen: „Legal Highs“ gefährlicher als Haschisch

Sie werden Badesalzen oder Kräutermischungen beigesetzt: Immer neue Labordrogen mit unbekannten Wirkstoffen kommen auf den Markt. Der Bundesgerichtshof will nun einen Grenzwert für schwere Strafbarkeit festlegen und hat dazu ein Gutachten erstellen lassen.

Die neuen synthetischen Drogen stellen die Richterschaft vor neue Probleme. Die sind jetzt auch beim höchsten deutschen Strafgericht angekommen, dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Der muss entscheiden, ab welcher Menge der Verkauf der Labor-Drogen aus der Gruppe der „Cannabinoide“ künftig als Verbrechen gilt und die Mindeststrafe von einem Jahr zur Folge hat.

 Der Gutachter hält die Drogengesetze für verfehlt

Dass die Badesalze oder Kräutermischungen, die mit den Labor-Drogen versetzt sind, oft wesentlich gefährlicher sind als Haschisch, machte am Mittwoch ein Gutachter vor dem BGH klar. Die Überdosierung sei bei Cannabinoiden sehr schnell erreicht. Angstzustände, Halluzinationen und Herzrasen seien wesentlich häufiger als bei Haschisch. „Es ist wie russisch Roulette“, sagte der Sachverständige Volker Auwärter. Denn die Konsumenten wüssten nichts über die Inhaltsstoffe und deren Konzentration.

Der Toxikologe aus Freiburg verschwieg auch nicht, dass er die Drogengesetze für ziemlich verfehlt hält. Gefährlichkeit und juristische Ahndung klafften weit auseinander. Als Beispiel nannte er auch den Alkohol. Der werde fälschlicherweise für harmlos gehalten, weil er legal sei. Der 1. Strafsenat des BGH wird nun beraten, die Entscheidung wird er am 14. Januar verkünden.

 Die Angeklagten wurden zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt

Anlass für das bevorstehende Grundsatzurteil ist ein Fall aus dem bayerischen Landshut. Ein Mann handelte im Internet mit den sogenannten Kräutermischungen. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die im In- und Ausland angekauften Kräutermischungen mit vier verschiedenen illegalen Cannabinoiden versetzt.

Die Gesamtwirkstoffmenge lag über 1,75 Gramm. Die hielt das Landgericht Landshut für nicht mehr gering und verurteilte den Angeklagten zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung.  Zum Vergleich: Beim Handel mit dem herkömmlichen Haschisch beginnt die Grenze erst ab 7,5 Gramm reinem Wirkstoff. Geht es nach dem Experten, wird er bei den Cannabinoiden bei 2 Gramm Wirkstoff liegen.

 Der offene Internethandel floriert

Die Grenzziehung ist schwierig. Denn monatlich entwickeln illegale Drogenlabors neue Zusammensetzungen von Cannabinoiden. Der Gesetzgeber kommt kaum nach, die Substanzen als „illegale Betäubungsmittel“ zu listen. Deshalb floriert auch der offene Internethandel. Dort wird geworben, dass die Drogen legal seien – daher auch der Name „Legal Highs“. Das stimmt übrigens nicht immer. Denn weder Händler noch Konsumenten wissen, ob die Mischung bereits als illegal eingestufte Substanzen enthält.

Kein Einheitswert möglich

Sind die Drogen als illegal erfasst, müssen Strafrichter bestimmen, wo die geringe Menge endet und die Grenze zum Verbrechen überschritten wird. Einen Einheitswert kann es nicht geben, denn die verschiedenen Substanzen haben wiederum unterschiedlich starke Wirkungen. Der Ausweg, Cannabinoide generell als verbotenen Arzneimittelhandel zu bestrafen, scheiterte vor einigen Monaten ebenfalls.  Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellte fest, dass Cannabinoide nie Arzneimittel waren und die Strafvorschrift deshalb nicht greifen kann.

Während die Gerichte um die Strafverfolgung ringen, machen Händler mit den „Legal Highs“ mehr Gewinne als mit Kokain. „Die Gewinnmargen sind höher als bei illegalen Drogen,“ informierte Experte Auwärter die Bundesrichter.

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