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Notlage. In einem Medizin- und Ernährungszentrum in Niger warten Kinder auf Behandlung.

© epd

Drohende Hungerkrise in der Sahelzone: „Bilder ersetzen tausend Worte“

Die Vereinten Nationen bitten um Spenden für die Sahelzone – diesmal soll Hilfe früh kommen, um Schlimmes zu verhindern.

Im Oktober haben Hilfsorganisationen zum ersten Mal Alarm geschlagen. Damals zeichnete sich ab, dass die Ernten in der Sahelzone, vor allem Niger, Mali, Mauretanien und dem Westen des Tschad, ziemlich dürftig ausgefallen waren. Diesmal wollen die Helfer nicht den gleichen Fehler machen wie am Horn von Afrika. Die Dürre in Ostafrika und deren Folgen in Somalia, Äthiopien und Kenia zeichneten sich im Sommer 2010 ab. Aber erst ein Jahr später flossen die Spenden. Doch wie werben Organisationen um Spenden, wenn die Katastrophe nicht eingetreten ist, wenn es keine Bilder hungernder Kinder gibt?

Bis zu 14 Millionen Menschen sind nach Einschätzung der Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften in der Sahelzone vom Hunger bedroht. Am Mittwoch richteten UN-Organisationen in Rom einen Hilfsappell an die Geberländer. Die „Chance Millionen vor Unterernährung zu retten“ werde immer kleiner, warnte die Direktorin des Welternährungsprogramms (WFP), Josette Sheeran. Die geplante Hilfe werde 2012 nach UN-Kalkulationen 720 Millionen US-Dollar kosten. Bis Donnerstag gingen aber erst 63,2 Millionen Dollar beim WFP ein.

Dabei haben die Europäische Union und das deutsche Entwicklungsministerium (BMZ) diesmal schnell reagiert. Das BMZ hat neun Millionen, EU-Nothilfekommissarin Kristalina Georgieva hat 30 Millionen Euro für das WFP und insgesamt 275 Millionen Euro für die Sahelzone locker gemacht. Doch „selbst wenn wir jetzt das gesamte Geld hätten, müssten die Menschen noch lange warten“, sagte Modibo Traoré, der UN-Hilfskoordinator für Niger, dem Tagesspiegel. Für den Kauf der Lebensmittel und den Transport in die Hungergebiete brauchten die UN zwei bis drei Monate.

Noch gebe es keinen medizinischen Notstand, sagt Stefan Dold, Sprecher von Ärzte ohne Grenzen. In den Kliniken werden nicht mehr unterernährte Kinder eingewiesen als „saisonal üblich“. Aber die Ärzte vor Ort seien „besorgt“. In einigen Regionen würden Kinder auf Anzeichen von Unterernährung untersucht.

Spendenbereitschaft eher gering

Medizinische Nothilfe leisten die Ärzte aber für Flüchtlinge aus Mali, die vor den Kämpfen zwischen Touareg-Rebellen und Regierungstruppen nach Niger geflohen sind. Spenden für die Sahelzone sind bei den Ärzten genau drei im Wert von 250 Euro eingegangen, berichtet Dold.

Oxfam Deutschland hat erst in dieser Woche um Spenden gebeten. Noch ist kein Geld eingegangen, sagt Oxfam-Sprecherin Svenja Koch. „Wir wenden uns zunächst an Spender, die wir kennen“, sagt Oxfam-Geschäftsführerin Marion Lieser. Diese seien offener für Projekte, die Hunger verhindern sollen. Beide sind überzeugt, dass ohnehin weniger Spenden gebraucht würden, wenn es gelänge, die Hungerkatastrophe noch zu verhindern. Bei Care Deutschland ist der Spendeneingang noch „dürftig“, sagt Care-Sprecherin Sabine Wilke. Das sei „bei solch schleichenden Katastrophen“ meistens so.

„Bilder ersetzen tausend Worte“, sagt dagegen Achim Reinke von Caritas International. Helene Mutschler von der Welthungerhilfe macht ähnliche Erfahrungen. Ihre Organisation ruft seit Oktober 2011 zu Spenden auf. Eingegangen sind ganze 7000 Euro. Was die Verwendung der Spenden angeht, hat die Sensibilität zugenommen. „Wenn die Gefahr besteht, dass Spendengelder nicht bei den Notleidenden ankommen, nimmt die Spendenbereitschaft erheblich ab“, sagt Ingrid Alken von der Fundraising Akademie. Besonders bei kriegerischen Konflikten und damit einhergehender politischer Instabilität sowie Korruption dringen Hilfsorganisationen mit ihren Argumenten nur schwer durch. Als Beispiel nennt sie Pakistan, wo die Spendenbereitschaft nach der großen Flutkatastrophe 2010 relativ gering war.

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