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Lodernde Flammen an der Algarve. Hitze und Trockenheit sind die Ursache der Waldbrände, die in ganz Südeuropa immer wieder aufflammen.

© dpa

Dürren, Stürme und Überschwemmungen: Wetterextreme nehmen zu

USA leidet unter Dürre, Nordeuropa friert, China und Japan ertrinkt in Fluten. 2011 war das Jahr der Wetterextreme. Und 2012 könnte es ähnlich werden. Die Zahl der Umweltkatastrophen nimmt zu.

Für Al Gore ist das erste Halbjahr 2012 wie ein Blick in die Wetterküche des Klimawandels. Der Friedensnobelpreisträger von 2007 und gescheiterte US-Präsidentschaftskandidat, der damals für sein Klimaengagement ausgezeichnet worden ist, wird inzwischen selbst in den USA wieder gehört. Die ersten sechs Monate haben dort alle bisherigen Hitzerekorde gebrochen. Die amerikanische Wetterbehörde NOAA hat gerade ihre Halbjahresbilanz veröffentlicht. Demnach sind alle sechs Monate von Januar bis Juni die wärmsten, die in den USA je aufgezeichnet wurden. In den südlichen Bundesstaaten herrscht die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten. In Texas ist es die zweite in Folge. Überhaupt war 2011 ein Jahr der kostspieligen Wetterextreme in den USA. Es gab 14 Wetterkatastrophen, deren wirtschaftliche Schäden mehr als eine Milliarde Dollar betragen haben. Auch die dramatischen Überschwemmungen im Mississippi-Einzugsgebiet im vergangenen Jahr gehörten dazu.

In den USA vertrocknet die Ernte. Einsame Grünpflanze auf einem verdorrten Maisfeld bei Shawneetown im US-Bundesstaat Illinois.
In den USA vertrocknet die Ernte. Einsame Grünpflanze auf einem verdorrten Maisfeld bei Shawneetown im US-Bundesstaat Illinois.

© AFP

Aktuell verkaufen die Viehzüchter ihre Rinder massenhaft, weil sie nicht wissen, ob sie sich das Mästen angesichts des Ausfalls von Futterpflanzen überhaupt noch leisten können. Und die Farmer sind in mehreren Staaten angewiesen worden, die Bewässerung einzustellen, weil es kaum noch genügend Wasser gibt, um die menschlichen Bedürfnisse zu erfüllen. In den US-Medien spielte der Klimawandel als ein Faktor für das irrwitzige Wetter in der Berichterstattung bis Juni kaum eine Rolle. Die Nicht-Regierungsorganisation Media Watch hat in einer Studie der wichtigsten elektronischen und Printmedien untersucht, wie häufig die globale Erwärmung aufgrund des steigenden Anteils von Treibhausgasen in der Atmosphäre in der Berichterstattung reflektiert worden ist. Es waren bei den Fernsehberichten weniger als zwei Prozent der Beiträge und in Printmedien weniger als sieben Prozent. Dennoch stieg die Zahl der Amerikaner, die einen Zusammenhang zwischen den gerade erlebten Wetterextremen und dem Klimawandel herstellen, deutlich. In einer von der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg in Auftrag gegebenen Umfrage gaben mehr als 70 Prozent der Befragten an, den Klimawandel für ein reales Problem zu halten.

Schon 2011 war ein Jahr der Wetterextreme. Nicht alle lassen sich mit dem Klimawandel in Verbindung bringen, aber die Dürre in Texas und der wärmste November in England seit Beginn der Wetteraufzeichnungen schon. Das ist das Ergebnis einer gerade veröffentlichten Aufsatzsammlung von NOAA, in der die Wetterextreme von 2011 daraufhin untersucht wurden, ob ein Zusammenhang mit der globalen Erwärmung hergestellt werden kann. 2011 war ein La-Nina-Jahr. La Nina ist ein Wetterphänomen, das stets auf El Nino folgt. Beide entstehen im Pazifischen Ozean und haben weltweit Auswirkungen auf das Wettergeschehen. Dabei bringt El Nino in der Regel höhere, La Nina dagegen kühlere Temperaturen. Beide Phänomene beeinflussen den Niederschlag in Afrika, Mittel- und Südamerika, den USA, Südostasien und vor allem Australien. 2011 war das wärmste La-Nina-Jahr, seitdem das Phänomen erkannt ist.

Thailand: Die großen Schäden gehen auf menschliche Einflüsse zurück

Überschwemmungen in China. In Peking starben aufgrund der schlimmsten Regenfälle seit 60 Jahren allein am Wochenende mindestens 37 Menschen. Fotos: dpa/dapd/AFP
Überschwemmungen in China. In Peking starben aufgrund der schlimmsten Regenfälle seit 60 Jahren allein am Wochenende mindestens 37 Menschen. Fotos: dpa/dapd/AFP

© dapd

Die katastrophale Flutwelle in Thailand übrigens lässt sich nach Einschätzung der Autoren des NOAA-Aufsatzes nicht auf den Klimawandel zurückführen. Die Niederschlagsmenge, die zum Anschwellen der Flüsse und zur Überschwemmung großer Landstriche einschließlich der Hauptstadt Bangkok geführt hat, sei nicht außergewöhnlich gewesen. Die großen Schäden in Thailand seien auf andere menschliche Einflüsse zurückzuführen: die Einengung von Flussbetten, zu wenige natürliche Rückhalteflächen und eine immer intensivere Bebauung an den gefährdeten Flussufern. Dagegen sehen die Autoren bei der katastrophalen Dürre in Ostafrika vor einem Jahr, die schließlich zur Hungersnot in Somalia führte, durchaus einen Zusammenhang zum Klimawandel. Die Erwärmung des Indischen Ozeans verändere den Monsun und führe in Ostafrika zu einer insgesamt geringeren Niederschlagsmenge. Die Regenzeiten der vergangenen zehn Jahre folgen demnach kaum noch den Mustern früherer Jahrzehnte.

Auch Großbritannien ächzt unter einer Wetterkatastrophe. Die Zeitung „The Times“ forderte vor wenigen Tagen: „Aufhören!“ und meinte den Regen, der seit drei Monaten mit Rekordwerten vom Himmel fällt. Mit mehr als 75 Flutwarnungen und hunderten überschwemmten Häusern kommt das dem katastrophalen Ereignis von 2007 bereits ziemlich nahe. Damals entschied die Regierung, Hunderte von Dämmen bauen zu lassen. Die neue konservativ-liberale Regierung sah sich jedoch angesichts der Haushaltsengpässe gezwungen, diese Mittel wieder zu streichen, was zu heftigen Diskussionen führte, zumal die Regierung von Premierminister David Cameron selbst vor wenigen Wochen einen Bericht vorgelegt hatte, nach dem Überflutungen das größte klimabedingte Risiko für Großbritannien sind.

Heftige Regenfälle, Erdrutsche, Tornados und Erdbeben

Auf der koreanischen Halbinsel leiden sowohl der Norden wie der Süden unter der schlimmsten Dürre seit mehr als 100 Jahren. In Australien und China gab es im Februar/März, beziehungsweise Mai und Juni, dramatische Überschwemmungen und vom Regen ausgelöste Erdrutsche. In Peking sind bei den heftigsten Regenfällen seit 60 Jahren allein am Wochenende mindestens 37 Menschen ums Leben gekommen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Sonntag. Mehr als 30 000 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Hunderte Flüge mussten gestrichen werden.

Video: China: Schlimmste Regenfälle seit 60 Jahren

In Japan sind erst vor wenigen Tagen eine Viertelmillion Menschen wegen dramatischer Überschwemmungen in Sicherheit gebracht worden. In den USA sind durch Tornados im März und April mindestens 41 Menschen gestorben. Die Wetterforscher sind sich allerdings noch nicht einig, ob die Zunahme der Tornados in den USA auf den Klimawandel zurückzuführen ist. In Mosambik starben im Januar 46 Menschen durch einen Zyklon mit dem Namen Funso. Januar ist eigentlich kein Monat für Zyklone. Die Daten stammen von der Rückversicherung Munich Re, die für das erste Halbjahr 450 Naturkatastrophen verzeichnet hat. Darin sind allerdings auch Erdbeben enthalten.

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