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Eine Frau in Monrovia weint um Angehörige, die an Ebola gestorben sind. Allein in Liberia sind mehr als 2000 Menschen an der Viruskrankheit gestorben. Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht.

© AFP

Ebola-Krise in Westafrika: Wie die Welt auf Ebola vorbereitet ist

Mindestens 3431 Menschen sind im aktuellen Ebola-Ausbruch bereits gestorben. Ein Ende ist kaum abzusehen. Angesichts des ersten in den USA diagnostizierten Ebola-Kranken stellt sich die Frage, wie der Rest der Welt auf die Seuche vorbereitet ist. Ein Überblick.

Mindestes 3431 Menschen sind bis zum vergangenen Freitag in Westafrika an Ebola gestorben, berichtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Nach WHO-Anhaben sind 7470 Ebola-Fälle bestätigt. Die International Crisis Group, ein renommierter Think Tank, warnt vor einem kompletten politischen Zusammenbruch der drei hauptbetroffenen Länder Liberia, Guinea und Sierra Leone. Die Weltbank befürchtet große wirtschaftliche Schäden. Das öffentliche Leben ist nicht mehr existent, Schulen sind geschlossen, Felder werden nicht mehr bewirtschaftet. Deshalb sind mehr und mehr Menschen von Nahrungsmittelhilfe abhängig. Behandelbare Krankheiten werden schon seit Monaten nicht mehr geheilt. Nun ist erstmals ein Ebola-Fall in den USA diagnostiziert worden.

Wie ist Deutschland auf Ebola vorbereitet?

In Deutschland gibt es acht spezialisierte Intensivstationen, in denen gefährliche Krankheiten wie Ebola behandelt werden können. In Hamburg, Berlin, Leipzig, Frankfurt am Main, Stuttgart und München gibt es Kompetenz- und Behandlungszentren, die über speziell ausgebildetes Personal und entsprechende Labore verfügen. In Hamburg ist bis zum Wochenende der erste Ebola-Patient – ein Arzt aus dem Senegal, der für die WHO gearbeitet hat – behandelt worden. Nach fünf Wochen wurde der Mann als geheilt entlassen. Er hatte sich in einem Labor in Sierra Leone angesteckt.

Zunächst hatte die WHO gemeldet, der Mann habe in der Verwaltung gearbeitet und habe keinen Kontakt zu Ebola-Kranken gehabt. Über die Behandlung war wenig bekannt geworden. Doch das Universitätsklinikum Eppendorf hat dem Kranken nach eigenen Angaben vor allem dabei geholfen, selbst Antikörper gegen das Ebola-Virus zu bilden. Sie haben dem Patienten mit Schmerzmitteln, Fiebersenkern und ausreichend Flüssigkeit geholfen, damit sein Körper die Infektion besiegen konnte. Am Freitag traf ein zweiter Patient in Deutschland ein. Der ugandische Arzt, der für eine italienische Hilfsorganisation in Sierra Leone gearbeitet hatte, ist in die Seuchenstation in Frankfurt am Main verlegt worden. Der Oberarzt der Klinik, Timo Wolf, sagte: „Der Patient ist in einem sehr ernsten Zustand, aber zumindest bis jetzt stabil.“ Es bestehe die „berechtigte Hoffnung, dass der Patient diese Erkrankung gut überstehen kann.“

In Frankfurt am Main ist der zweite Ebola-Patient eingetroffen, der in Deutschland behandelt werden soll. Er sei in einer kritischen aber stabilen Verfassung sagten die Ärzte bei einer Pressekonferenz am Wochenende. Der ugandische Arzt hatte für eine italienische Hilfsorganisation in Sierra Leone gearbeitet.
In Frankfurt am Main ist der zweite Ebola-Patient eingetroffen, der in Deutschland behandelt werden soll. Er sei in einer kritischen aber stabilen Verfassung sagten die Ärzte bei einer Pressekonferenz am Wochenende. Der ugandische Arzt hatte für eine italienische Hilfsorganisation in Sierra Leone gearbeitet.

© dpa

Sollte jemand Ebola nach Deutschland einschleppen, ist eine Verbreitung der Krankheit unwahrscheinlich. Es gibt genügend Ärzte und Kliniken, die im Notfall schnell reagieren könnten. Außerdem gibt es einen klaren rechtlichen Rahmen, der die Isolierung von möglicherweise Kranken regelt.

Was unternimmt Deutschland gegen Ebola in Westafrika?

Ende vergangener Woche hat die Bundesregierung zudem einen Ebola-Beauftragten berufen. Walter Lindner, derzeit Botschafter in Venezuela, soll kommende Woche in Berlin eintreffen, um den deutschen Hilfsbeitrag in Westafrika gegen die Seuche zu koordinieren. Bevor Lindner nach Caracas aufbrach war er Afrika-Beauftragter der Bundesregierung. Nach seiner Rückkehr von seinem ersten Botschafter-Posten in Kenia wurde Lindner Leiter des Krisenreaktionszentrums des Auswärtigen Amtes. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte nach seiner Berufung: „Mit seiner persönlichen Verbundenheit mit Afrika und mit seiner Erfahrung im Krisenreaktionszentrum ist er genau der richtige Mann.“

Nach dem ersten Hilfsflug einer Bundeswehr-Transall vom senegalesischen Dakar in die liberianische Hauptstadt Monrovia soll die Luftbrücke zwischen den beiden Städten regelmäßig genutzt werden, um Hilfsmaterial und Personal zu liefern. Demnächst soll nach Bundeswehr-Angaben eine 50-Betten-Klinik mit 20 Zelten nach Monrovia geflogen werden. Nur fehlt bisher noch ein Betreiber der Klinik. Nach Bundeswehr-Angaben kämen die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen oder das Deutsche Rote Kreuz in Frage. Das DRK baut gerade in Kenema, einer der am stärkten betroffenen Provinzen in Sierra Leone eine Ebola-Station auf, die eine vom Internationalen Roten Kreuz vor kurzem eröffnete Station verstärken soll.

Es ist aber trotz vieler freiwilliger Meldungen offenbar schwierig, geeignetes Personal für den Betrieb der Station zu finden. Ärzte ohne Grenzen wiederum ist bereits mit rund 20 000 Helfern im Einsatz in den drei Ebola-Ländern. Die Organisation ist aber, wie sie seit Wochen betont, an der Grenze ihrer Möglichkeiten angekommen. Wie viele der rund 5000 Freiwilligen, die sich auf einen Aufruf von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gemeldet haben, tatsächlich einsetzbar sind, ist weiter unklar. Ende vergangener Woche waren etwa 1000 Bewerbungen ausgewertet.

Das Technische Hilfswerk wiederum erkundet im Senegal und in Ghana Möglichkeiten zur Hilfe. Zwei THW-Mitarbeiter hatten in Dakar geprüft, welche Hilfe das THW bei der Lufbrücke anbieten kann. In Accra sind derzeit zwei THW-Mitarbeiter im Gespräch mit der neu eingerichteten UN-Mission (Unmeer), die von Accra aus die internationalen Hilfsbemühungen koordinieren soll. Es ist der erste UN-Einsatz gegen eine Epidemie.

Wie hat Nigeria es geschafft, die Seuche zu stoppen?

Nigeria konnte auf eine Notfallzentrale zurückgreifen, die die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung 2012 finanziert hatte, um Polio zu bekämpfen, berichtet die „New York Times“. In Nigeria hatte es schwer wiegende Konflikte um eine Impfkampagne gegen Polio im Norden des Landes gegeben. In den 1960er Jahren waren bei Medikamententests eines amerikanischen Pharmakonzerns Menschen gestorben, die nicht einmal darüber informiert waren, dass sie Teil eines Tests waren. Seither ist das Misstrauen gegen Impfungen im Land groß. Aus dem Polio-Notfallzentrum wurde jedenfalls nach dem 20. Juli eine Ebola-Notfallzentrale.

An diesem Tag hatte ein Amerikaner liberianischer Herkunft das Virus nach Nigeria gebracht. Trotz Ärztestreik und politischen Kämpfen in Nigeria ist es der Universitätsklinik in Lagos gelungen, schnell auf die Krankheit zu reagieren. 20 Menschen haben sich an dem ersten Patienten infiziert, fast die Hälfte überlebte die Krankheit. Nachdem eine Person, die auf einer Isolierstation eingewiesen war, das Virus in die Öl-Hafenstadt Port Harcourt verschleppt hatte, gelang es den örtlichen Behörden auch dort, eine weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Wäre Ebola in Lagos mit seinen rund 22 Millionen Einwohnern außer Kontrolle geraten, wäre das katastrophal gewesen.

Wie bereitet sich Indien auf Ebola vor?

Die Wohnung, in der ein Liberianer in Dallas/Texas an Ebola erkrankt ist, wird desinfiziert. Die Bewohner wurden anderswo untergebracht und müssen dort bis zum 19. Oktober bleiben. Dann endet die Inkubationszeit der Krankheit. Das Haus war mit Steinen beworfen worden. Es wäre für die Angehörigen des Erkrankten wohl auch nicht mehr sicher gewesen.
Die Wohnung, in der ein Liberianer in Dallas/Texas an Ebola erkrankt ist, wird desinfiziert. Die Bewohner wurden anderswo untergebracht und müssen dort bis zum 19. Oktober bleiben. Dann endet die Inkubationszeit der Krankheit. Das Haus war mit Steinen beworfen worden. Es wäre für die Angehörigen des Erkrankten wohl auch nicht mehr sicher gewesen.

© Reuters

Etwa 45 000 Inder leben in den von Ebola betroffenen Ländern Westafrikas. Viele reisen im Urlaub in die alte Heimat oder bekommen Besuch von Verwandten. Umgekehrt studieren und arbeiten zehntausende Menschen aus Afrika in Indien. Den dichtbesiedelten und bitterarmen Subkontinent stellt dies vor besondere Herausforderungen. Aus Sorge, die tödliche Seuche könnte nach Indien schwappen, hat die Regierung daher ähnlich wie bei der Schweinegrippe-Pandemie 2009/10 an großen Flughäfen wie Delhi, Mumbai und Pune eigene Kontrollen verfügt. Per Wärmescanner werden Passagiere bei der Ankunft auf Fieber untersucht und von Ärzten nach möglichen Krankheitssymptomen befragt. An die Mediziner wurden vorsorglich Schutzanzüge ausgegeben.

Auch Zoll- und Visabeamte wurden angehalten, ein besonderes Auge auf Passagiere aus Afrika zu haben und sich bei Auffälligkeiten sofort an die Flughafenärzte zu wenden. Außerdem wurden an den Airports Quarantänestationen eingerichtet. Am Wochenende wurde offenbar ein Inder, der aus Liberia kam, in die Isolierstation des Flughafens gebracht, weil er über Fieber und Halsschmerzen klagte. Ob es Ebola ist, sei aber noch unklar. Bisherige Verdachtsfälle hatten sich als falscher Alarm erwiesen. Indien setzt darauf, Infizierte möglichst noch am Flughafen abzufangen und zu isolieren, um eine Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Vorsorglich sollen die Behörden besonders gefährdete Passagiere auch nach der Ankunft im Auge behalten.

Diese Vorsichtsmaßnahmen sind begründet. Viele Inder haben noch nie von Ebola gehört. Sollten sich Infizierte länger unentdeckt im Land bewegen, könnte die Seuche auf dem Kontinent, wo Menschen auf engsten Raum zusammenleben, weit schneller außer Kontrolle geraten als im Westen. Mediziner warnen, das Land sei ein regelrechter Schnellbrüter für Seuchen. „Indiens dichte Besiedlung und seine überbevölkerten Slums mit extremer Armut und schlechter Hygiene machen das Land zu einem besonders gefährdeten Platz“, meinte der UN-Mitarbeiter Thi Minh Phuong Ngo nun einem Kommentar für die indische Zeitung „The Hindu“.

Hinzu kommt die oft schlechte medizinische Betreuung und die fehlenden Sanitäranlagen. In vielen Krankenhäusern sind die Hygienemaßnahmen zudem jämmerlich, oftmals behandeln Krankenschwestern und Ärzte sogar mit bloßen Händen, weil es an Handschuhen fehlt. Millionen Menschen haben keine eigenen Toiletten und Bäder und müssen ihre Notduft im Freien verrichten. 2002 kam es in Indien zu einem Ausbruch der Pest. Mit Antibiotika konnten Ärzte eine Ausweitung damals allerdings verhindern.

Warum löst ein Fall in Texas Panik aus?

Am 20. September ist ein Liberianer in den USA eingetroffen, um seine Freundin zu heiraten, wie diese US-Medien berichtete. Wenige Tage später fühlte sich der Mann schlecht und ging in ein Krankenhaus, wurde aber mit Antibiotika wieder nach Hause geschickt. Als sich sein Zustand weiter verschlechterte, wurde er am 25. September schließlich von einer Klinik in Texas aufgenommen, einen Tag später stand die Diagnose Ebola fest. Seine Freundin, deren Tochter und zwei Neffen wurden aus der Wohnung in Dallas inzwischen weggebracht und in einer gesicherten Siedlung in Quarantäne gebracht. Bis zum 19. Oktober – so lange ist die Inkubationszeit von Ebola – müssen die vier Personen dort bleiben. Aufgebrachte Anwohner hatten das Haus, in dem der Ebola-Kranke gewohnt hatte, mit Steinen beworfen. Drei Bewohner des Hauses seien entlassen worden, nur weil sie dort wohnten, berichtete eine Kongressabgeordnete.

Das amerikanische Gesundheitsamt (CDC) hält eine Ausbreitung der Krankheit trotz der Panne in der Klinik für ausgeschlossen. Das US-Gesundheitssystem sei gut auf Ebola vorbereitet, sagte CDC-Chef Thomas R. Frieden. Dagegen hat die Pflege-Gewerkschaft eine Umfrage veröffentlicht, wonach in 80 Prozent der Kliniken kein standardisierter Notfallplan für Ebola oder ähnliche Krankheiten existiere. Am Wochenende begab sich ein amerikanischer Missionar, der sich in Liberia mit Ebola angesteckt hatte und in den USA erfolgreich behandelt worden war, erneut in eine Klinik. Allerdings hatte er Symptome einer Lungenentzündung. Dennoch wurde er sicherheitshalber isoliert. Am Montag soll ein weiterer Amerikaner, ein Kameramann, der sich in Liberia infiziert hat, zur Behandlung in die USA geflogen werden. Die öffentliche Debatte in den USA ist erregt. Der konservative Sender Fox-News hat sogar eine Schließung der Grenzen für Afrikaner gefordert.

Wie steht es um Medikamente?

Ein Impfstoff ist derzeit in der ersten Stufe der klinischen Erprobung. cAd3-ZEBOV des britischen Pharmakonzerns Glaxo-Smith-Kline wird derzeit an gesunden Menschen in den USA und Großbritannien auf seine Sicherheit geprüft. Ein Ebola-Gen wurde in eine Gensequenz, die von Schimpansen stammt, eingefügt. Die Mischung wird gespritzt, und der betreffende Mensch bildet Antiköper gegen Ebola. Ein zweiter Impfstoff, den die kanadischen Gesundheitsbehörden entwickelt haben, rVSV-ZEBOV soll in wenigen Tagen in den USA erprobt werden.

In diesem Fall wurde ein Krankheitserreger, der in Nutzvieh zu finden ist, mit einem Ebola-Gen ausgestattet. Womöglich könnten schon Ende des Jahres einige Ärzte und Pfleger mit einem der beiden Wirkstoffe geschützt werden, berichtet die WHO. Das Problem: Der Impfstoff muss auf minus 80 Grad gekühlt werden. Solche Bedingungen sind in Liberia, Sierra Leone und Guinea derzeit nur schwer zu finden. Die Produktion des experimentellen Wirkstoffs ZMapp ist wieder aufgenommen worden, nachdem die Vorräte schnell aufgebraucht waren. Der Wirkstoff wird in Tabakblättern gentechnisch erzeugt und war für die Behandlung einiger Missionare verwendet worden.

Ein japanisches Anti-Virus-Medikament soll ebenfalls erprobt werden. Sollte es wirken, könnte es am schnellsten in großen Mengen hergestellt werden. Darüberhinaus hat die WHO empfohlen, das Blut von überlebenden Ebola-Patienten einzusetzen, weil darin Antikörper gegen das Virus enthalten sind. Unter den gegebenen Mangelbedingungen in den Ebola-Stationen ist das allerdings weiterhin schwierig.

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