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Panorama: Ei, ei, ei verboten

Überraschung! Die FDP-Abgeordnete Gruß stellt eine Forderung – und zieht sie gleich wieder zurück

Berlin - Miriam Gruß hat durchaus nichts gegen Medienwirkung. Deshalb könnte der Augsburger FDP-Abgeordneten der Sturm über ihre Forderung nach einem Verbot von Überraschungseiern eigentlich gefallen haben. Die Kinderkommission des Bundestags hat unter ihrem Vorsitz, den sie gerade turnusgemäß abgegeben hat, eine Stellungnahme zu Sicherheitsrisiken für Kinder im Alltag abgegeben. Eine Forderung darin lautet: „Keine Koppelung von Nahrungsmitteln und Spielzeug.“ Mit anderen Worten: ein Verbot von Überraschungseiern. Der „Welt“ sagte die 32-Jährige, Kinder könnten nicht zwischen Spielzeug und Lebensmitteln unterscheiden. Am Donnerstag ruderte sie zurück. Nachdem ihr Büro stundenlang nicht erreichbar war, ließ sie eine Pressemitteilung herausgeben, in der es heißt: „Vielmehr geht es um einen expliziten Hinweis auf die Gefahren bei Kleinspielzeugen, die in Kombination mit Lebensmitteln abgegeben werden und eine Erstickungsgefahr für Kleinkinder darstellen.“ Die Mitteilung endet mit einem Appell an die Eltern, „darauf zu achten, was ihre Kinder konsumieren“. Danach entschwand Gruß nach Auskunft ihres Büros in den bayerischen Landtagswahlkampf.

Allerdings ist in der Stellungnahme der Kinderkommission nicht die Rede von Warnhinweisen. Und die Firma Ferrero, die seit 1974 Überraschungseier produziert, weist zudem darauf hin, dass „der verlangte Warnhinweis von uns seit Jahrzehnten bereits verwendet“ wird. Tatsächlich steht auf den Eiern: „Nicht für Kinder unter drei Jahren geeignet.“

Die Geschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbunds, Paula Honkanen- Schoberth, hält es für wichtig, dass Eltern von Kleinkindern keine Überraschungseier kaufen. Denn „kleine Kinder stecken ja alles in den Mund“. Im schlimmsten Fall könnten sie sich daran verletzen. Im Jahr 2006 sind nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder“ 22 Kinder, die jünger als ein Jahr waren, bei Erstickungsunfällen gestorben. Ob es Fälle gab, in denen Babys Kleinspielzeug aus Überraschungseiern verschluckt haben, ist allerdings nicht bekannt. Die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft, Karoline Becker, hält Überraschungseier einfach für „unnütz“. Eine Ferrero-Sprecherin sagte dem Tagesspiegel: „Es gibt keinerlei wissenschaftliche Beweise dafür, dass von der Kombination von Spielzeug und Lebensmitteln eine Gefahr ausgeht, wenn das Lebensmittel vom Spielzeug getrennt ist.“ Im Falle der Überraschungseier stecken die Spielzeuge in gelben Plastikbehältern.

Honkanen-Schoberth sieht die Gefahren des Überraschungseis eher im Zusammenhang mit den vielen Unfallquellen in Kinderhaushalten, von Putzmitteln bis zu überstehenden Töpfen auf Herden. Für ein Verbot sieht sie keinen Bedarf, wohl aber für „Aufklärungskampagnen über Unfallgefahren im Haushalt“. Sie fände es schade, wenn die Stellungnahme der Kinderkommission auf diese eine Forderung reduziert würde. Schließlich enthalte sie viele gute Vorschläge, etwa einheitliche Qualitätszeichen für Spielzeug oder die Warnung vor zu schweren Schulränzen.

Miriam Gruß ist schon einmal aufgefallen. Nachdem die Nationalmannschaft unter Jürgen Klinsmann im März 2006 vier zu eins gegen Italien verloren hatte, forderte Gruß mit zwei Kollegen, den Trainer vor den Sportausschuss zu zitieren. Damals sagte sie: „Es geht ja nicht darum, ob eine Mannschaft mal schlecht spielt, sondern um die Frage: Wie präsentiert sich Deutschland?“ Miriam Gruß präsentierte sich jedenfalls schon 2005 im Bundestagswahlkampf als Anwärterin auf einen Sitz in der Kinderkommission: Sie strahlte mit ihrem damals eineinhalbjährigen Sohn von den Litfaßsäulen.

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