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Panorama: Eigentlich wollte sie erwachsen werden

Kein Girlie mehr: Heike Makatsch hat ein Buch zu ihrem neuen Film geschrieben

„Ich krampf mir da immer einen ab.“ – Autogramme gibt Heike Makatsch nach wie vor nicht gern: „Ich begegne den Menschen lieber auf Augenhöhe“, meinte die 34-Jährige dazu auf der Frankfurter Buchmesse – als ob man Menschen nicht auch beim Autogrammschreiben in die Augen gucken könnte.

Irgendwie hat man den Eindruck, dass Heike Makatsch auch nach über zehn Jahren ihre Rolle noch nicht richtig gefunden hat. Schade eigentlich, denn es hatte so gut angefangen: Als Moderatorin für Viva wurde sie 1993 zu einer öffentlichen Person, und noch die heute Anfang

20-Jährigen kennen „das Makatsch-X“, ihre ganz spezielle Sitzhaltung; breitbeinig, aber mit – schon wegen dem kurzen Rock – zusammengedrückten Knien. Kurz danach kam dann das Kino. In Detlev Bucks ansonsten eher durchwachsener Komödie „Männerpension“ sang Makatsch mit Kullerglupschaugen, Perücke und überraschend tiefer Mädchenstimme den Tammy-Wynette-Song „Stand By Your Man“ und wurde zum Shooting-Star des Jahres 1996. Da dachte sie nicht über Dinge wie Image und Wirkung nach oder darüber, wie sie gern sein wollte, sondern war einfach ganz bei sich selbst. Und das spürte man im Kino in jeder Sekunde. Makatsch schuf im öffentlichen Bewusstsein eine Figur, die es seit Uschi Obermeiers Auftritt in Rudolf Thomés „Rote Sonne“ nicht mehr gegeben hatte. Sie war nicht ein, sie war das Girlie: Millionen Mädchen zwischen 14 und 24 kannten sie, hunderttausende ahmten ihre fesche Kurzhaarfrisur nach, ihre Haarspange, ihre prilblumenbunten Kleider und ihre riesengroße Klappe. In Interviews war sie charmant, frech und ehrlich. Alles war gut, und es hätte viele Jahre so weitergehen können.

Irgendjemand, wahrscheinlich eine ehrgeizige Schauspielagentin, muss Heike Makatsch dann den Floh ins Ohr gesetzt haben, sie dürfe jetzt kein Girlie mehr sein, sondern müsse eine richtige Schauspielerin werden. So verschwand sie aus dem Fernsehen und spielte in mehr oder weniger erfolgreichen Filmen wie „Obsession“ oder „Schloß Gripsholm“, eine Nebenrolle in „Aimee & Jaguar“, und tauchte ein paar Jahre in London unter. Da war sie mit dem neuen James-Bond-Darsteller Daniel Craig liiert. Wie Franka Potente hat Heike Makatsch in den letzten Jahren imagemäßig auf Anti-Diva gemacht – und während das zur Potente irgendwie passte, wollte man es Makatsch nie wirklich abnehmen. Dafür hat sie zu viel Glamour. Und Glamour gehört untrennbar zur Popkultur, für die sie von Anfang an stand. Das kann man nicht einfach ablehnen. Es hatte immer etwas Verkrampftes, wenn sie in Interviews ungefragt erklärte, sie wolle kein Girlie sein, und wie fürchterlich das wäre. Man konnte es sich gut vorstellen, wie Makatsch in einem Modegeschäft vor der Kleiderstange steht, und jedes Mal, wenn die Verkäuferin wieder ein cool-bunt-knappes Teil bringt, jammert: „Nein, das ist mir zu girliehaft.“ – Dafür schrieb sie in „Neon“ eine Kolumne über Dinge, die die Welt noch braucht: Gefühlsmaschinen zum Beispiel.

Es ist ein Fehler, wenn ein Star glaubt, sein Image kontrollieren, manipulieren zu können. Das schaffte noch nicht mal Madonna. Heike Makatsch hätte darauf reiten können wie ein Surfer auf der perfekten Welle. Man muss sie nur mal erlebt haben, sie nur mal auf der Leinwand sehen, etwa in ihrem neuen, ziemlich gut gelungenen Auftritt in Lars Kraumes „Keine Lieder über Liebe“, der jetzt in die Kinos kommt: Dann erkennt man, wo ihre Qualitäten liegen: Eine große Schauspielerin ist sie nicht, aber wenn sie sich nicht zu etwas anderem macht, als sie ist, dann kann sie sehr überzeugend sein. Leider gibt es solche Filme mit Heike Makatsch zu wenige. Leider beginnt jetzt die Phase, wo Makatsch spießige Ehefrauen in spießigen TV-Filmen spielt, etwa in Dieter Wedels „Schattenmann“ – oder demnächst Margarete Steiff, die Erfinderin des Steiff-Teddybären.

Jetzt hat sie auch ein Buch geschrieben, in dem sie die Story von „Keine Lieder über Liebe“ noch mal erzählt, aber anders. Ihre Hauptfigur trinkt viel und ist etwas fahrig und irgendwie unglücklich, und irgendwie auch nicht. Vor allem aber ist sie sehr brav und braucht nur den richtigen Mann, damit alles wieder rosig wird: kein Exzess, keine Rebellion, noch nicht mal etwas Frechheit und Humor. Schade eigentlich.

Rüdiger Suchsland

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