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Panorama: Ein Black Cab geht, ein neues kommt

LONDON .In der guten, alten Zeit sah London noch wie London aus.

LONDON .In der guten, alten Zeit sah London noch wie London aus.Damals waren noch alle Busse rote Doppeldecker.Alle Briefkästen waren ebenso rot wie alle Telefonzellen.Und der Gentleman entstieg im dunklen Tuch mit Bowler und Stockschirm den schwarzen Taxis.Abgesehen von diesen roten und schwarzen Farbklecksen war alles braun, der Tee, das Bier, das Beef und der Smog.Und die Zeitungen wurden noch in der altehrwürdigen Fleet Street gedruckt.

Doch dieses London gibt es nicht mehr, fast nicht mehr.Statt Tee wird mehr Kaffee, statt des dunklen Ales mehr helles Lager getrunken.Das Beef wird von Gesundheitsbewußten aus wohlbekannten Gründen nicht mehr angerührt.Die roten Doppeldecker werden wie auch die roten Telefonzellen immer weniger.Und die Zeitungen sind aus der Fleet Street ebenso wie der Bowler von den Köpfen verschwunden.Nur eins ist unverändert geblieben: Die schwarzen Taxis verpuffen wie gewohnt ihre Dieselschwaden in Londons Straßen, als versuchten sie trotzig, dem Zeitgeist den Garaus zu machen.

Aber auch die runden, wendigen, schwarzen Wagen - von den Briten kurz "Cab" genannt - sind Änderungen unterworfen.Zunächst gesellte sich zu dem allgegenwärtigen FX4-Modell, dessen klassische Form seit Jahrzehnten das Straßenbild der Themse-Metropole bestimmt, das sogenannte Metrocab hinzu, das mit seinem eckigen Styling aussieht wie eine lieblos modernisierte Variante.Das Metrocab, ein Produkt der geschmacksunsicheren 70er Jahre, führt aber verdientermaßen nur ein Stiefmütterchendasein.

Seit November vorigen Jahres ist nun aber das TX1-Modell hinzugekommen.Und der TX1 schickt sich an, nicht nur das modern-häßliche Metrocab, sondern auch das klassisch schöne FX4-Modell abzulösen.Doch keine Angst: Nur das Empire ist untergegangen, das Londoner Taxi wird weiterleben.Denn der TX1 ist ein geborener Oldtimer.Seine Formen sind noch runder als die seines älteren Bruders, den wir lieben und kennen.Sein Design wurde nicht nach kleinkarierten CW-Werten entworfen.Selbst der konservativste aller Tories dürfte ihn als behutsame Fortführung britischer Tradition empfinden: Der TX1 sieht aus - wenn auch nicht exakt - wie ein FX4.

Seinen Konstrukteuren wurde sogar regierungsamtliches Lob zuteil.Im dem "Millenium Dome" in London, in dem die Briten die Jahrtausendwende und vor allem sich selbst feiern wollen, hat man dem neuen Taxi neben 1000 anderen ausgewählten britischen Produkte bereits einen Ehrenplatz reserviert.

Vier Jahre harter Arbeit und 20 Millionen Pfund hat der Hersteller in seinen großen Wurf investiert.Mehr Raum und Komfort für Fahrer und Passagiere sind das Ergebnis.Auch für Rollstuhlfahrer ist das neue "Black Cab" bequemer zu besteigen.Dank gelber Markierungen können ebenfalls Sehbehinderte leichter ihren Platz im Fonds des Wagens finden.Ein Kindersitz und, gegen Aufpreis, eine Klimaanlage für den Fahrer gehören ebenfalls zur Ausstattung.Die Designer haben sich weitere kleinere, aber sehr nützliche Details ausgedacht.Ein rotes Lämpchen an der Rückfront signalisert dem folgenden Taxi-Fahrer, ob es besetzt ist oder nicht, so daß er weiß, ob es sich lohnt auf gleicher Route auf Kundenfang zu gehen.Ein Aufladegerät für Handys und ein Anschluß für Lap-Tops ermöglichen wiederum Bankern und Börsianern, auf der Fahrt eben noch schnell ein paar Millionen zu machen.

Der Hersteller hofft, daß das neue Modell selbst auf dem europäischen Festland ein Verkaufserfolg werden könnte.Doch die Hauptkundschaft soll die stolze Kaste der Londoner Taxi-Fahrer sein, die, um die schwarzen Gefährte durch das Straßenwirrwarr der Metropole lenken zu dürfen, eine Ortskenntnisprüfung ablegen müssen, die den Lerneifer eines wissenschaftlichen Studiums erfordert.Doch die ersten TX1-Fahrer haben die 24 500 Pfund teure Anschaffung noch nicht bereut.Sie erhalten in der Regel ein höheres Trinkgeld als ihre Kollegen in den alten Modellen.

HOLGER WUCHOLD

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