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Panorama: "Ein Brief an Ali": Papa, bist du ein Fremder?

An einem Samstagmorgen sitzt die elfjährige Hanna in ihrem Zimmer inmitten von Kartons, die ihre Mutter wegen einer Renovierung vorübergehend in ihrem Zimmer abgestellt hat und ist wütend über die Enge und das fremde Chaos. Sie weiß noch gar nichts davon, dass sie schon bald ihren Vater suchen wird.

An einem Samstagmorgen sitzt die elfjährige Hanna in ihrem Zimmer inmitten von Kartons, die ihre Mutter wegen einer Renovierung vorübergehend in ihrem Zimmer abgestellt hat und ist wütend über die Enge und das fremde Chaos. Sie weiß noch gar nichts davon, dass sie schon bald ihren Vater suchen wird. Ulrike Kuckero erzählt diese Geschichte und von denen, die Hanna bei dieser Suche helfen. Mit ihrer Freundin Merle kann sie die Vor- und Nachteile der verschiedenen Lebensformen schnell vergleichen. Merle lebt in einer Familie, ihren kleinen Bruder Matti findet sie viel schlimmer als Kartons im Zimmer. Hanna lebt mit ihrer Mutter allein.

Beim Verkauf alter Sachen auf dem Flohmarkt fällt Hanna ein Briefumschlag aus Izmir in die Hände, der muss von ihrem Vater sein, und sie erinnert sich an ihre Gedanken, Wünsche und Phantasien. Der alte Briefumschlag lässt ihr die Tränen hochsteigen und gemeinsam mit der pragmatischen Merle kommt es zu dem Entschluss, den Vater zu finden. Dabei gehen die beiden ganz systematisch vor, ohne die Mutter einzuweihen.

Einem türkischen Vater schreibt man türkisch, Songül, die türkische Klassenkameradin übersetzt und der Brief geht nach Izmir. "Willkommen im Club" begrüßt Hanna eines Tages ihren Schulfreund Peter, dessen Eltern sich getrennt haben und der am Wochenende nie Zeit hat, weil er immer seinen Vater besuchen soll, der seine Kartons in der neuen Wohnung überhaupt nicht auspackt. Songül lernen die anderen Kinder bei diesem Briefprojekt besser kennen, besuchen sie zu Hause und erfahren von ihr, wie man türkischen Tee zubereitet oder die wichtigsten Wörter der türkischen Sprache ausspricht.

Den Weg des Briefes verfolgt die Autorin aus ihrer Erzählerperspektive, so wissen die Leser immer mehr als Hanna. Ulrike Kuckero erzählt sehr nah an der Gefühlslage ihrer Hauptfigur von den tiefen Emotionen, die die Frage nach dem Vater, nach dem eigenen Gewünschtsein hervorrufen. Ganz nebenbei ist einiges zu erfahren über eine andere Kultur und das Leben eines türkischen Mädchens in Deutschland. Eine intensive, spannend erzählte Geschichte.

Beate Simon

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