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Panorama: Ein schwieriger Jahrgang Deutsche Weingüter

haben ein Zeitproblem.

Berlin - Blitzlese von der Ahr bis zum Bodensee: In den deutschen Anbaugebieten bringen die Winzer und ihre polnischen Lesehelfer die Trauben derzeit im Rekordtempo in die Kelter. Der Jahrgang 2013 ist nach den starken Regenfällen in der zweiten Oktoberwoche ein schwieriger Kandidat geworden. „Direkt am Abgrund ist die Aussicht am schönsten“, übt sich Robert Haller vom fränkischen Weingut Bürgerspital Würzburg in schwarzem Humor. Ganz so düster sieht es aber nicht aus, denn viele der bisher geernteten Qualitäten waren gut. Dafür sind die Mengen teilweise extrem niedrig. Die Säuren sind dieses Jahr hoch und versprechen Frische und Rasse. Das Weinjahr 2013 hatte im kalten Frühjahr mit einer späten Blüte begonnen. Der weinbautechnisch fast perfekte Sommer konnte den Rückstand nur teilweise wettmachen, so begann die Lese gegenüber dem langjährigen Schnitt mit etwa zwei Wochen Verzug. Anfang Oktober durften die Weingüter noch auf einen großen Jahrgang hoffen. Eine Woche später beendeten die starken Regengüsse alle Träume. Jetzt müssen die Weinmacher um Qualität und Gesundheit des Lesegutes kämpfen. Mit dem Regen sind die Trauben wie Wasserbälle aufgegangen, sie haben sich vollgesaugt und beginnen zu platzen. Dann muss ohne Zeitverzögerung geerntet werden, auch wenn die Reife noch nicht erreicht ist.

Der Pfälzer Topwinzer Philipp Kuhn spricht von einem schwierigen und arbeitsintensiven Jahrgang. „Wir haben in den Rebanlagen die Traubenzone doppelseitig entblättert, damit Sonne und Wind die Trauben schneller abtrocknen können, jetzt müssen die Leser Vollgas geben, die Fäulnis drückt rein!“ Die bisherigen Qualitäten seien gut, der Spätburgunder „sieht sogar sehr gut aus“.

Das Weingut Dreißigacker im rheinhessischen Bechtheim hat die Lesemannschaft auf die Rekordschlagkraft von 32 Helfern erhöht. Jeder, der eine Schere tragen kann, muss ran. Dreißigacker freut sich über die ausgeprägte Säure, „um die wir in vielen Jahren kämpfen müssen“. Er erwartet kraftvolle Rotweine, dafür schwächelt der Riesling. Ausgerechnet die beste deutsche Weißweintraube, sonst durchaus robust, hat dieses Jahr den Regen schlechter verkraftet und ist in vielen Anbaugebieten frühzeitig in die Notreife gegangen. Dann pigmentieren die Schalen, sie verfärben sich braun bis lila und müssen schnell geholt werden.

Der fränkische Topwinzer Paul Fürst ist mit der Lese weit fortgeschritten, er hatte zur Wochenmitte drei Viertel der Trauben im Keller. Tendenz: kleine Mengen, der Silvaner ist ordentlich, die Roten sind „gut und schön reif“. Konrad Salwey im badischen Oberrottweil hat die Lese in seinen Kaiserstuhl-Lagen abgeschlossen. Auch hier: geringe Erträge, gute Mostgewichte, knackige Säuren und in ungünstigen Lagen deutlicher Fäulnisdruck. RieslingWinzer Jochen Beurer aus dem schwäbischen Remstal fühlt seinen Puls. „Bloß keine Panik, es kann immer noch ein gutes Jahr werden, aber jetzt müssen wir Gas geben.“ Seine Devise für die nächsten Tage: „Bloß keine Wärme, und es muss trocken bleiben!“ Manfred Kriener

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