zum Hauptinhalt
Im Einsatz. Lena Palm – hier mit dem fünfjährigen Giovanni auf dem Arm.

© Klaus Becker

Eine junge Deutsche hilft in Namibia: Die gute Fee im Township Katutura

In Windhoek organisiert Lena Palm seit fast drei Jahren soziale Projekte. Für ihr Engagement wurde die 22-jährige Aachenerin bereits ausgezeichnet.

Lena ist glücklich: Die neue Suppenküche ist eröffnet werden, Geovani ist nach seiner großen Bauch-Operation wieder richtig fit und jetzt – in den Herbstferien – hat sie in Namibia gerade Besuch von ihrer Familie bekommen. Tolle Aussichten für die 22-jährige Studentin, die nun schon seit fast drei Jahren mehr als 10 000 Kilometer entfernt von zu Hause lebt, arbeitet und studiert.

Im Januar 2015 ist die Aachenerin Lena Palm umgesiedelt in Namibias Hauptstadt Windhoek. Mit mehreren Koffern verabschiedete sie sich auf unbestimmte Zeit von ihrer Familie, weil sie in Afrika soziale Projekte kennengelernt hatte, die sie tatkräftig weiter unterstützen wollte. „Nach dem Abi 2013 habe ich mein freiwilliges soziales Jahr in einem Armenviertel von Windhoek gemacht“, erzählt die zierliche junge Frau. „Das hat mir wirklich die Augen geöffnet. Den Weg zurück in mein Leben in Deutschland konnte ich danach jedenfalls nicht mehr antreten.“

In einem Kinderheim in Katutura kümmerte sich Lena vor allem um HIV-positive Kinder. In Katutura leben fast ausschließlich Farbige. Sie wurden in den 50er Jahren – zu Zeiten der Apartheid – in dieses Township zwangsumgesiedelt. Übersetzt bedeutet Katutura: „Ort, an dem wir nicht leben wollen“. Lena begleitete dort Kinder ins Krankenhaus zu Untersuchungen, war jeden Tag wie eine große Schwester oder auch wie eine fürsorgliche Mutter für sie da. Diese Arbeit prägte Lena so sehr, dass sie ihr Studium in Köln schmiss und ganz nach Namibia zog.

Mutter Petra Bauer (51) trug die Entscheidung mit Fassung, denn auch sie selbst fühlt sich Afrika eng verbunden. „Natürlich vermisse ich Lena bei uns daheim, sie fehlt uns allen sehr“, sagt die Reiseleiterin. „Aber andererseits sind wir auch enorm stolz auf das, was sie leistet.“

2015 gründete Lena mit ihrer Familie und Freunden einen Verein

2015 gründete Lena mit ihrer Familie und Freunden den Verein „Wadadee cares e.V.“. Er unterstützt – finanziert durch Spenden – wohltätige Projekte in Windhoek, vorwiegend im Stadtteil Katutura (www.wadadeecares.com). Für das ungewöhnliche Engagement in Namibia fern der Heimat wurde Lena im Sommer mit dem Nachwuchspreis „Aachen Sozial“ ausgezeichnet. Ein Preis, der mit 3000 Euro dotiert ist, die Lena sogleich investierte und einen Spielplatz in Katutura baute. Natürlich hat sie sich riesig über die Auszeichnung gefreut, aber ihre erste Reaktion beschreibt die junge Frau sehr gut: „Dafür mache ich das doch nicht“, sagte sie.

Im Januar 2015 siedelte die Aachenerin Lena Palm um in Namibias Hauptstadt Windhoek.
Im Januar 2015 siedelte die Aachenerin Lena Palm um in Namibias Hauptstadt Windhoek.

© Klaus Becker

Während Lena zügig ihr Auto durch den Linksverkehr von Windhoek lenkt, erzählt sie begeistert von verschiedenen Projekten, die ihr am Herzen liegen. Und schwärmt von den wunderbaren Kindern, um die sie sich in unterschiedlichen Einrichtungen kümmert. Waisenkind Geovani ist einer ihrer größten Lieblinge. Der Fünfjährige wurde gerade in Deutschland operiert und hat einen großen Eingriff am Bauch hinter sich. Ein angeborener Bauchdeckenriss und ein Nabelbruch mussten korrigiert werden. Lenas Verhandlungsgeschick ist es zu verdanken, dass der Eingriff in einem Aachener Krankenhaus kostenlos durchgeführt wurde und sogar die Flüge gesponsert wurden.

Lena Palm vermittelt freiwillige Helfer aus Deutschland

Lena, die an der Universität in Windhoek „Soziale Arbeit“ studiert, redet nicht lange, sie kümmert sich. Schnell und versiert. Ihr Englisch ist flüssig, auch Verhandlungen mit Behörden und Gespräche mit möglichen Sponsoren kann sie in der namibischen Amtssprache führen. Heute geht es zum Kindergarten in Katutura. Dort sind gerade mehrere Freiwillige aus Deutschland im Einsatz. Lena organisiert die Verteilung der Volontäre auf die unterschiedlichen Projekte.

Unwirtlich. Der Name des Townships Katutura bedeutet übersetzt „Ort, an dem wir nicht leben wollen“.
Unwirtlich. Der Name des Townships Katutura bedeutet übersetzt „Ort, an dem wir nicht leben wollen“.

© Klaus Becker

Kaum steht sie am Tor zum Gelände des Kindergartens, läuft ihr Geovani entgegen. Mit großem Hallo wird sie begrüßt und von einer Traube umringt. 350 Kinder tummeln sich hier – und besuchen Kindergarten oder Vorschule. Sie alle werden von der neuen Suppenküche verköstigt, in der jeden Tag eine warme Mahlzeit zubereitet wird. Pastorin Alida Swartz (60) betreibt zusammen mit ihren vier erwachsenen Töchtern den quirligen Kinder-Betrieb. Tagsüber jagen Horden von barfüßigen Kleinen durch die Blechhütten. Der Grundstein für eine gute Bildung wird hier in der Vorschule „Love your neighbour“ gelegt. An großen Tafeln wird Englisch gelehrt, rund 100 Kinder sitzen im Klassenraum.

Mittags geht es weiter in Richtung Waisenhaus. „Hope Village“ nennt sich die Einrichtung, in der im Moment 80 Kinder ein fürsorgliches Zuhause gefunden haben. Auch in dieses Haus vermittelt Lena helfende Hände aus Deutschland; meist junge Leute, die zwischen Abi und Studienbeginn noch mal ins Ausland und in einem sinnvollen Projekt mit anpacken wollen.

Die Studentin hat sich noch viel vorgenommen

Jetzt hat Lena für kurze Zeit zusätzliche Hilfe von ihrer Familie. Zum ersten Mal sind auch ihre beiden kleineren Schwestern mit in Namibia. Und wenn sie schon mal familiäre Unterstützung in Anspruch nehmen kann, will Lena natürlich richtig viel schaffen: Sie möchte die Kooperation mit dem Waldorf-Kindergarten und der dazugehörigen Schule erweitern, ein Restaurant in einem Container als Treffpunkt errichten, Ausflüge für die Volontäre planen. Außerdem muss sie sich noch unter den Kandidaten entscheiden, die sich für ein freiwilliges soziales Jahr beworben haben und nun auf Antwort warten. Viel zu tun also. Aber Lena ist zuversichtlich: „Irgendwie schaff ich das sonst ja auch ohne meine Familie.“

Britta Surholt

Zur Startseite