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Shopping

© vario

Einkaufshorror: Shoppen – das reine Vergnügen

Ausgerechnet mit dem Partner Kleider kaufen gehen? Das hält nicht jeder für eine gute Idee.

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Gemeinsam Kleider einkaufen – für manche Zweisamkeit endet das als Krisenfall. Im Weihnachtstrubel steigt der Blutdruck und nimmt die Geduld ab. Selbst für ein nach vielen Jahren noch immer verliebtes Paar kann es bei aller Gelassenheit anstrengend werden. Wobei Warten das Wenigste ist. Das ist ein Teil des Spiels zwischen den Geschlechtern. Nur: Es muss ja nicht in der im Normalfall eher schlechten Luft eines Kaufhauses sein, und nicht drei Tage vor Weihnachten, und nicht in der Damenabteilung, in der man sich als Mann etwa so hilflos vorkommt wie ein Fisch im Hühnerhof. Und dann gibt es da noch ein Problem, das aus dem „falsches Geschlecht zur falschen Zeit am falschen Ort“ erwächst: Während meine Freundin an den Kleiderständern vorbeiläuft, hier und da etwas rausnimmt, anschaut, um es sofort entschieden wieder zurückzuhängen, muss ich immer dicht an ihr dranbleiben, damit jeder sieht, dass ich zu ihr gehöre. Sonst denken die anderen, da läuft ein Spanner rum.

Ernst wird es, wenn sie in die Umkleidekabine geht. Dann stehe ich nun davor, abgestellt inmitten von Kleiderständern, behängt mit schon verworfenen oder noch zu probierenden Kleidungsstücken, umgeben von anderen Frauen, die scheinbar ziellos, in Wirklichkeit aber genau geplant, hin- und her rennen, und die vernünftigerweise keinen Mann, sondern eine Freundin oder die Mutter mitgenommen haben.

Alleingelassen in der Damenkonfektionsabteilung: Wie, bitteschön, soll ich jetzt gucken? Vor allem, wohin soll ich schauen? Ich blicke ins Leere und konzentriere mich innerlich auf meine nächste Steuererklärung. Und wann ich optimalerweise Geld für den nächsten Englandurlaub wechsle. Wenn das durch ist, denke ich über das Verhältnis von Ölpreis und Dollarkurs nach und dann noch über die Lösung der weltweiten Probleme wegen der US-Immobilienkrise. Dann kommt der Ruf. Ich muss jetzt zwischen allen Frauen durch in die Kabine meiner Freundin. Ein Rock nach dem anderen ist dran. „Ist der zu weit? Zu eng?“ Jetzt bloß nichts Falsches sagen. Sie fällt eine schnelle Entscheidung. „Heute wird kein Rock gekauft.“ Ich verlasse die Kabine, freundlich fragt mich eine Verkäuferin: „Kann ich Ihnen helfen?“ „Danke, ich trage hier nur die Kreditkarte.“ Der Satz ist nicht von mir. Den habe ich in einer ähnlichen Situation bei Saks in New York von einem anderen Mann gehört. Ehrenwort. Andreas Oswald

* * *

Mein Freund hasst Shoppen. Er hasst Menschenmengen, stinkende Umkleidekabinen und die Tatsache, dass man vor allem beim Hosenkauf ständig aus den alten raus muss, um dann sämtliche neue anzuprobieren. Bis man dann die „Richtige“ gefunden hat. Eine, die sitzt. Eine, die obenrum nicht schlackert. Und unten herum natürlich auch nicht. Deshalb hat er bislang immer ein bestimmtes Modell favorisiert. „Da kenn’ ich die Größe und kann die Hose dann gleich mitnehmen. Ohne Anprobe!“, war bislang sein Argument. Nur zu dumm, dass es dieses Modell nicht mehr gibt. Was nun? Ich fand, er brauche mal ein paar neue Jeans. Ich habe auch gelernt, dass man Männer nicht unter Druck setzen darf. Also versuchte ich es auf die subtile Art. „Schatz, Du hast wunderschöne Hosen. Aber es wäre doch gut, auch mal eine neue zu kaufen. Zum Wechseln.“

Ein paar Tage später gingen wir in der City-West frühstücken. Danach lotste ich ihn über den Ku’damm. „Wollen wir nochmal ganz kurz bei Strauß rein? Da gibt es gerade Jeans im Angebot“, säuselte ich. Der erste Schritt war getan: Er stand in der Umkleidekabine – hilflos, die Schultern hängend, der Blick leidend. „Du musst gar nicht viel machen. Ich bring’ Dir die Hosen rein“, sagte ich. Danach fand’ ich mich in einer Loriot-ähnlichen Szene wieder. „Wenn Du hier mal bitte reinschlüpfen würdest“, bat ich ihn mit gespielter Heiterkeit, nachdem ich gerade fünf verschiedene Modelle aus dem Regal gewühlt hatte und nun durch den Vorhang hinein in die Kabine reichte. Dann hörte ich längere Zeit nichts. Anschließend wiederholte sich der immergleiche Dialog. Nur die Antworten meines Freundes variierten minimal. „Und?“, fragte ich. „Ich weiß nicht. Sitzt die oben nicht zu weit/ zu eng/zu schlabberig/ zu lang?“ In Rekordzeit wühlte ich neue Modelle herbei. „Ta-del-los!“, lobte ich. Und: „Schick, einfach schick“. Am Ende kaufte er gleich zwei Hosen. Ich schaute auf die Uhr. „Nur 25 Minuten haben wir gebraucht. Gar nicht übel, oder?“, fragte ich. Er: „Na, hoffentlich gibt’s das Modell noch länger.“  Tanja Buntrock

* * *

Ein Kaufhaus ist ein Ozean. Unendlich wie die Wassermassen scheint die Ausdehnung der Kleiderstangen, Regale und Wühltische. Unendlich scheinen die Möglichkeiten, etwas Passendes zu finden; und gleichzeitig deprimierend ist die Unmöglichkeit, das irgendwo verborgene Idealkleid und die passenden Schuhe tatsächlich herauszufischen.

Die eigentliche Herausforderung eines Einkaufs besteht also darin, diese deprimierende Vorstellung der Vergeblichkeit zu überwinden und sich ins Getümmel zu stürzen. Was nichts anderes bedeutet, als stundenlanges Anprobieren, als das Erzeugen von Kleidertürmen auf kleinen Stühlchen in Umkleidekabinen und als genervte Verkäuferinnen. Es ist klar, dass man das keinem Verwandten zumuten kann – nicht mal dem eigenen Mann.

Wer jetzt einwendet, dass auch Männer Probleme hätten beim Einkauf und dass in diesen Zeilen nur ein grässlich frauenfeindliches Klischee bedient werde, dem muss man sagen: stimmt nicht. Alle männlichen Mitglieder meiner Familie kaufen in Windeseile ein. Mein Vater etwa käme nie im Leben auf die Idee, mehr als drei Hosen anzuprobieren. Dasselbe gilt für meinen Mann, meinen Sohn, sämtliche Schwäger und Neffen. Überflüssig zu sagen, dass diese Männer im Gegensatz zu ihren Frauen bzw. Freundinnen nie ein Kleidungsstück umtauschen müssen. Überflüssig auch zu erwähnen, dass keine ihrer Frauen bzw. Freundinnen auf die Idee käme, die besagten Männer mit zum Einkaufen zu nehmen. Zumal noch hinzukommt, dass beim Anprobieren unpassender Kleidungsstücke alle Problemzonen besonders zur Geltung kommen. Wer sollte sich das antun?

Der Vollständigkeit halber sei aber gesagt, dass es auch Sternstunden gibt. Das sind die kleinen spontanen Abstecher mit dem Mann in kleine überschaubare Geschäfte ohne Ozeancharakter. Da läuft er auf etwas Hübsches zu, man zieht es an und es passt. „Na geht doch“, sagt er dann. Und man nickt beglückt. Und geht das nächste Mal doch wieder allein los, weil man ihm die schöne Erinnerung nicht verderben will. Susanne Vieth-Entus

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