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Einsturz: Mängel bei U-Bahn-Bau seit Jahren bekannt

Noch immer werden nach dem Einsturz des Stadtarchivs in Köln zwei Männer vermisst. Mit Spürhunden, Baggern und ausländischer Expertenhilfe geht die Suche nach ihnen weiter. Presseberichten zufolge sind die Mängel beim U-Bahn-Bau seit Jahren bekannt - und ignoriert worden.

Die Suche nach den unter den Trümmern des Kölner Stadtarchivs vermuteten beiden Männer hat sich auch am Samstag äußerst schwierig gestaltet: An der Stelle, an der zunächst Rettungshunde angeschlagen hatten, fand sich nach Angaben der Feuerwehr keine Spur von den Vermissten. Presseberichten zufolge sind Mängel bei dem U-Bahn-Bau, der als möglicher Auslöser des Unglücks gilt, seit Jahren bekannt.

"Im Moment haben wir keinen Hinweis mehr, wo sich die Personen aufhalten könnten", sagte der Kölner Feuerwehrdirektor Stephan Neuhoff am Nachmittag vor Journalisten in Köln. Die Rettungskräfte hatten in einem etwa 20 Meter langen Bereich nach den beiden gesucht, nachdem dort Spürhunde angeschlagen hatten. Doch auch nach dem Abtragen mehrerer Meter Schutt gebe es keine Spur von den beiden, sagte Neuhoff. Nun könne nur noch großflächig weitergesucht werden.

Gelände durch Hohlräume äußerst instabil

Die Kölner Feuerwehr hatte am Freitagabend mit der Suche nach den zwei Vermissten begonnen. Zuvor hatten Einsturzgefahr und Regen die Bergungsarbeiten tagelang verzögert. Bei den beiden vermissten Männern handelt es sich um die Bewohner der Dachgeschosswohnungen neben dem Archiv.

Insbesondere wegen entstandener Hohlräume unter den eingestürzten Gebäuden gilt das Gelände als außerordentlich instabil. Nach Neuhoffs Worten konnte auch ein eigens aus den USA angereistes Expertenteam mit speziellen technischen Geräten den Rettungskräften vor Ort nicht helfen. Die Helfer trugen kleinere Brocken mit bloßen Händen ab, für die größeren Teile war schweres Gerät im Einsatz. Bis Samstagnachmittag wurden rund 150 Tonnen Trümmermasse abgetragen. Die Gesamtmenge schätzte die Feuerwehr auf 600 bis 700 Tonnen.

Experten sollen vor Jahren vor Gefahren gewarnt haben

NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) besuchte am Nachmittag die Unglücksstelle. Er sprach von einem "furchtbaren Unglück". Es werde Monate dauern, die Schäden zu beseitigen. Der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) zeigte sich zuversichtlich, dass ein Großteil des verschütteten, wertvollen Archivmaterials aus mehreren Jahrhunderten gerettet werden könne.

Experten sollen schon lange vor dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs Zweifel an der fachgerechten Ausführung von Tunnel-Arbeiten beim Bau der Nord-Süd-U-Bahn in der Kölner Severinstraße geäußert haben, wie der "Spiegel" berichtete. Der gemessene "Stützdruck" beim Bau eines Versorgungstunnels sei zum Beispiel zu niedrig gewesen, um die unterirdische Bohrstelle ausreichend zu stabilisieren, heiße es in dem 90-seitigen Papier eines Ingenieubüros. Die neu gegrabenen Abschnitte seien nicht immer sofort mit einem schnellhärtenden Ring aus Bentonit umschlossen worden. Dadurch verbleibe ein Hohlraum.

Rätselhafte Wasseransammlungen

Ausdrücklich hätten die Gutachter nicht nur "systembedingte unvermeidbare" Schäden im Untergrund festgestellt, die durch die verwendete Grabetechnik entstanden seien, meldete der "Spiegel" weiter. Beim Führen der Maschinen seien vielmehr auch "bedienungsbedingte vermeidbare Auflockerungen und Hohlraumbildungen" im Erdreich unter der Kölner Südstadt entstanden.

Nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" vom Samstag ließ sich in einem Brunnen nahe des Stadtarchivs der Wasserspiegel trotz größter Bemühungen nicht senken. Durch das ständige Abpumpen von Grundwasser könnte sich ein Hohlraum gebildet haben. Der Chef der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB), Jürgen Fenske, lehnte eine Stellungnahme unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ab.

Die Ermittler konzentrieren sich bei der Untersuchung des Unglücks laut "Focus" auf zwei mögliche Ursachen. Demnach wird vermutet, dass die ein Meter dicke Schlitzwand aus Beton wegbrach, die das Grundwasser von der Baugrube abhalten sollte. Der zweiten Theorie zufolge könnte das Wasser durch den unbefestigten Boden eingedrungen sein. (saw/AFP)

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