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Vera

© dpa

Eisbärennachwuchs: Jetzt nehmen sie ihr das Baby doch weg

Zwei Nürnberger Eisbärenbabys sind schon tot. Der große Medienrummel störte nun die Mutter des Dritten in ihrer Ruhe. Der Zoodirektor hat eingegriffen und das Kind von ihr getrennt.

Seit Montag ist der Bär los im Tiergarten Nürnberg, der eigentlich für sein Delphinarium berühmt ist. Nun aber drängeln sich die Reporterteams am Gehege der Eisbären. „Es sind Teams aus aller Welt da, BBC, amerikanische Sender – ach, ich habe aufgehört, mitzuzählen“, sagte eine Mitarbeiterin in der Zoo-Geschäftsführung. Überrascht war man in Nürnberg am Dienstag aber nicht über den medialen Ansturm. „Das war nach dem Knut-Hype zu erwarten.“ Der Eisbärennachwuchs wird jetzt möglicherweise Opfer des großen Medienrummels. Eines der zahlreichen Fernsehteams soll sich entgegen der Anweisungen der Zoo-Leitung so dicht an das Gehege herangestellt und dort die Kameras aufgebaut haben, dass die Eisbärin Vera in ihrer Ruhe gestört worden sei.

Das Muttertier, das am Montag erstmals nach wochenlanger Abgeschiedenheit in ihrem Geburtskäfig ins Außengehege trat, habe am Dienstag ihr Junges verstört im Maul herumgetragen und sich auf die Suche nach einer anderen, ruhigeren Geburtshöhle gemacht – die im umzäunten Zoogehege nicht so leicht zu finden ist. Dabei habe Vera das Junge sogar einmal fallen lassen, hieß es. Nun fürchtet der Tiergarten um die Unversehrtheit des Nachwuchses, und hat der Mutter das Baby weggenommen. Es soll nun wie Knut in Berlin mit der Flasche aufgezogen werden.

Für den Tiergarten ist das ein Schwenk um 180 Grad. Bisher hatte Direktor Encke die Auffassung vertreten, es müsse der Natur zu überlassen werden, ob Babys überleben oder sterben. Entsprechend dieser Haltung ließ es der Zoo zu, dass das andere Muttertier Vilma tags zuvor seine beiden Babys auffraß.

Kritik an "Knutomanie"

Der Zoo hatte noch letzte Woche die „Knutmanie“ in Berlin heftig kritisiert. Später machte der Direktor deutlich, dass er auch nicht abgeneigt sei, den Eisbärennachwuchs dazu zu benutzen, die Besuchszahlen zu erhöhen.

Es stellen sich Fragen: Wollte der Zoo jetzt unbedingt das verbliebene Baby retten, um den Hype für sich doch noch auszunutzen? Ist das Kamerateam ein Vorwand, um die eigene Meinung völlig ins Gegenteil ändern zu können? Jetzt soll laut Zoo der Verdacht geklärt werden, ob das Kamerateam die Absperrung zum Gehege überstiegen hat, um näher an die Geburtshöhle heranzukommen.

Seitdem Knut zum Symbol der vom Klimawandel bedrohten Erde geworden ist, wird die Geburt und Aufzucht dieser Tiere auch anderswo zum Politikum. Soll der Mensch verstärkt eingreifen und selbst bei der Aufzucht nachhelfen, um die auch durch die Luftverschmutzung vom Aussterben bedrohte Art zu retten? Steht menschliche Tierliebe über Naturgesetzen? Die anfängliche Ankündigung des Tiergartens in Nürnberg, beim Eisbärnachwuchs alles der Natur zu überlassen und nicht einzugreifen, hatte heftige Kritik nach sich gezogen. Die Tierschutzorganisation Peta warfen den Zoologen vor, unmenschlich und gegen geltendes Tierrecht zu handeln. Es sei herzlos und kalt, die Jungtiere ihren durch die Zoohaltung womöglich überforderten Müttern zu überlassen.

In Berlin hofft man derweil weiter auf neuen Nachwuchs. Die Bärinnen Katjuscha, Nancy – und Knuts Mutter Tosca – sind weiter in ihren Einzelkäfigen eingesperrt. Bär Lars hatte die Bärendamen alle gedeckt. „Die Wahrscheinlichkeit sinkt aber mit jedem Tag, dass wir noch Nachwuchs bekommen“, sagt der Bären-Kurator des Zoologischen Gartens, Heiner Klös. Man wolle den Tieren aber noch ihre Ruhe lassen, bei Eisbären können Tierärzte bei Urin- und Blutproben nicht feststellen, ob sie schwanger sind.

Annette Kögel

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