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Elend in Birma: 750.000 Menschen hungern

Das Leid der Menschen in Birma nimmt nicht ab: Noch immer sind einige entlegene Regionen komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Tausende sind obdachlos. Jetzt drohen sogar neue Regenfälle. Und in den Flüchtlingslagern suchen Kinderfänger nach Opfern.

Nur langsam erreicht die Hilfe für die Zyklon-Opfer das am schlimmsten verwüstete Irrawaddy-Delta. Entlegene Regionen sind noch immer komplett von der Außenwelt abgeschnitten, berichtete das UN-Welternährungsprogramm (WFP). Jetzt drohen nach Angaben von Meteorologen in der Region schwere Gewitter und starke Regenfälle. Warnungen aus den USA vor einem neuen Zyklon wurden dagegen von der indischen Meteorologiebehörde dementiert. Die birmanische Regierung geht weiter von insgesamt 60.000 Toten und Vermissten aus.

Familien werden auseinander gerissen

"Wir machen uns große Sorgen um die Leute, die immer noch ohne Schutz draußen leben und noch keine Hilfe bekommen haben", sagte die Sprecherin des Kinderhilfswerks Unicef, Shantha Boeman, in Bangkok. Das Welternährungsprogramm prüft, ob die entlegenen Dörfer aus der Luft versorgt werden können. Es hat rund 50.000 Menschen mit Essensrationen erreicht. 750.000 hungerten aber, sagte ein Vertreter der Organisation. Der Sprecher von Unicef Deutschland, Rudi Tarneden, warnte in einem Interview mit "Spiegel online" vor Kinderfängern in Flüchtlingslagern. Man sei besorgt, dass Familien auseinander gerissen werden und Kinder allein zurückbleiben. "Die Evakuierung der Menschen erfolgt teilweise recht planlos", sagte Tarneden.

Deutschland und China planen einem Zeitungsbericht zufolge eine gemeinsame Hilfsaktion für das Katastrophengebiet. Der Vize-Außenminister Chinas habe auf eine entsprechende Anregung positiv reagiert, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Walter Kolbow der "Saarbrücker Zeitung". Kolbow hält sich derzeit zu politischen Gesprächen in China auf. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte mit China Gespräche geführt. Unterdessen sagte der Sonderbeauftragte für humanitäre Angelegenheiten im Auswärtigen Amt, Busso von Alvensleben, am Mittwoch in Rangun: "Ich sehe gewisse Anzeichen dafür, dass wir weiterkommen. Steter Tropfen höhlt den Stein." Am Abend wurde der erste Transport aus Deutschland mit 20 Tonnen Hilfsgütern in der birmanischen Metropole erwartet, die offiziell über das Welternährungsprogramm eingeflogen werden.

Clooney, Damon und Pitt spenden

Nach Einschätzung von Hilfsorganisationen ist die Spendenbereitschaft der Deutschen für Birma eher verhalten. Das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) appellierte an die Bürger, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Das bisherige Aufkommen sei gering und nicht vergleichbar mit ähnlichen Katastrophen, sagte DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke im Hörfunksender NDR Info. Als Grund für die Zurückhaltung sieht er Berichte über Hilfe, die nicht ins Land gelassen werde. Die internationale Kinderhilfsorganisation "Save the Children" erhält eine Spende von 250.000 Dollar (161.800 Euro) von den Hollywood-Stars George Clooney, Matt Damon und Brad Pitt. Weitere 250.000 Dollar hätten die Stars bis Juni in Aussicht gestellt.

Am Mittwoch flog der Europäische Kommissar für Humanitäre Hilfe, Louis Michel, nach Birma. Er will in Gesprächen die Militärjunta überzeugen, dass sie den Zugang für die internationalen Helfer verbessern muss. Nach Ansicht des britischen Premierministers Gordon Brown sollte die Regierung in Birma durch einen UN-Krisengipfel gedrängt werden, den Helfern freien Zugang zu den Opfern zu gestatten. Brown erklärte, er habe UN-Generalsekretär Ban Ki Moon um die Einberufung einer solchen Konferenz gebeten.

Private Helfer verteilen Kekse

Im Katastrophengebiet sind angesichts der schleppenden Hilfe des birmanischen Militärs inzwischen auch Privatleute aus der Hafenstadt Rangun unterwegs. Ein Geschäftsmann, der Wasserflaschen und Kekse verteilte, sagte der BBC, seine Mitarbeiter hätten aus ihren eigenen bescheidenen Mitteln gut hundert Dollar zusammengekratzt. Einige private Helfer sollen nach Medienberichten allerdings an Straßensperren zurückgeschickt worden sein, mit dem Hinweis, dass Hilfe nur durch das Militär erfolgen dürfte.

Während in Thailand, Malaysia und rund um die Welt Hunderte Katastrophenexperten seit mehr als einer Woche vergeblich auf Visa warten, forderte die Militärregierung gezielt 160 Helfer ausschließlich aus Bangladesch, China, Indien und Thailand an. Die Länder gehören zu den wichtigsten Handelspartnern Birmas. Sie haben sich in der Vergangenheit mit Kritik an dem Militärregime zurückgehalten, während europäische Länder und die USA die Menschenrechtslage immer wieder angeprangert und Sanktionen verhängt haben. Birma hatte kurz nach der Naturkatastrophe zwar um internationale Hilfe gebeten. Allerdings muss das Material dem birmanischen Militär zur Verteilung ausgehändigt werden.

Mit dem ersten Hilfsflug des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) sollen an diesem Donnerstag sechs mobile Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung nach Birma gebracht werden. Damit könnten täglich 15.000 Menschen mit frischem Wasser versorgt werden, teilte das DRK mit. Bisher konnte das Rote Kreuz zehn internationale Flüge mit Hilfsgütern ins Land bringen. Auch das Technische Hilfswerk (THW) setzt in Birma sechs Anlagen zur Aufbereitung von Trinkwasser ein. Vier davon können pro Stunde jeweils 6000 Liter Wasser aufbereiten. (svo/dpa)

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