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Epidemie: Cholera erreicht die USA

Scharfe Kontrollen konnten es nicht verhindern: Ein haitianischer Gastarbeiter im Urlaubsland Dominikanische Republik ist an der Cholera erkrankt. Auch im US-Bundesstaat Florida ist die Krankheit angekommen.

Davor hatte sich die Dominikanische Republik seit Wochen gefürchtet. Am Mittwoch dann kam die Meldung: In Haitis Nachbarstaat, dem Ferienziel vieler Europäer, ist der erste Cholera-Fall gemeldet worden. Der dominikanische Gesundheitsminister Bautista Rojas berichtete am Dienstag (Ortszeit), dass ein haitianischer Gastarbeiter in einem dominikanischen Krankenhaus behandelt werde. Offenbar haben die vorübergehende Grenzschließung und scharfe Kontrollen das Einschleppen der Krankheit nicht verhindern können.

Bei dem Cholera-Kranken handelt es sich Rojas zufolge um einen Bauarbeiter, der in der Dominikanischen Republik arbeitet, aber vor kurzem von einem Heimaturlaub bei seiner Familie zurückgekehrt war. Der 31-Jährige arbeitet demzufolge in Higuey im Osten des Landes und war am 12. November zurückgekommen. Sein Zustand sei stabil.

Auch im US-Bundesstaat Florida wurde ein erster Cholera-Fall gemeldet. Die erkrankte Frau habe vor rund einer Woche Verwandte in Haiti besucht und war bereits vor einer Woche mit Cholera-Symptomen aus Haiti zurückgekehrt. "Es geht ihr recht gut", sagte der Arzt Thomas Torok vom Gesundheitsbüro für Seuchenforschung in Florida über den Zustand der erkrankten Haitianerin. Weitere Fälle in anderen Gebieten des US-Bundesstaates würden untersucht, sagte der Arzt. In Florida werden nach den Angaben der Zeitung weitere Fälle erwartet. Über 240 000 Haitianer leben in dem US-Bundesstaat. Zwischen Haiti und Miami verkehren täglich mehrere Flüge.

Haiti und die Dominikanische Republik liegen beide auf der Insel Hispaniola. Die Regierung in Santo Domingo hatte in den vergangenen Wochen strenge Maßnahmen ergriffen, um einen Ausbruch der extrem ansteckenden Krankheit zu verhindern, unter anderem lässt sie kaum noch Reisende und Güter aus Haiti ins Land. Ein Übergreifen der Cholera würde die Tourismusindustrie des Landes erheblich schädigen – auch wenn die Touristengebiete gut abgeschirmt sind und es zudem Impfungen gegen die Cholera gibt. Urlauber müssen keine Erkrankung fürchten, beteuert auch Thomas Löscher, Leiter der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Der in der „DomRep“ erkrankte Gastarbeiter habe sich im Nachbarland Haiti angesteckt. Eine weitere Verbreitung der Erreger in der Dominikanischen Republik sei wenig wahrscheinlich.

Haiti selbst kommt nicht zur Ruhe. Nach zweitägigen gewaltsamen Protesten gegen UN-Truppen rief Haitis Präsident René Préval die Bevölkerung zur Ruhe auf. „Unordnung und Instabilität haben noch nie in einem Land, das harte Zeiten durchmacht, zu Lösungen geführt“, erklärte Préval. Er warnte vor Versuchen, die Epidemie und die katastrophale Lage nach dem Erdbeben im Januar zu missbrauchen, um Unruhe zwischen Regierung, der Bevölkerung und den in Haiti stationierten Blauhelmsoldaten zu schüren. Wer Flaschen werfe oder Barrikaden aus brennenden Reifen errichte, verhindere, dass Kranke versorgt werden könnten.

Bei den Aufständen in der zweitgrößten Stadt Cap-Haitien im Norden des Landes waren am Montag zwei Demonstranten getötet worden; einen von ihnen erschossen UN-Truppen nach eigenen Angaben in Notwehr. Die Zusammenstöße gingen am Dienstag weiter. Auslöser der Proteste waren Gerüchte, nepalesische Blauhelmsoldaten hätten den Cholera-Erreger eingeschleppt: Demnach soll Abwasser mit Fäkalien aus der Klärgrube einer nepalesischen Blauhelmbasis in einen Zufluss des Flusses Arbonite gesickert sein. Ein Sprecher der nepalesischen Armee wies die Berichte zurück. Nach Angaben von Gesundheitsexperten stammt der Cholera-Erreger in Haiti zwar aus Asien, doch handelt es sich dabei um einen weit verbreiteten Erregerstamm.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte, dass sie die Ursache des Cholera-Ausbruchs zu einem „späteren Zeitpunkt“ untersuchen wolle. Ob die Blauhelmtruppen der UN den Erreger eingeschleppt hätten, könne man nicht sagen. Viele Haitianer werfen den UN-Einheiten vor, die Seuche eingeschleppt zu haben. Die UN-Verbände weisen die Anschuldigungen zurück.

„Es ist jetzt wichtiger, die Cholera einzudämmen, als zu untersuchen, wie die Krankheit ausgebrochen ist“, erklärte WHO-Sprecherin Fadela Chaib. Diplomaten betonten hinter vorgehaltener Hand, die Entscheidung der WHO sei „politisch“ motiviert. „Die WHO könnte sehr schnell herausfinden, ob die Blauhelme die Cholera eingeschleppt haben. Man will das aber jetzt nicht wissen.“

Unter den rund 12 000 Soldaten und Polizisten der UN-Truppe dienen fast 1100 Nepalesen, mehr als 300 Inder und mehr als 300 Bangladescher. WHO-Sprecherin Chaib betonte, dass die Cholera schnell kuriert werden könne. Laut dem Kinderhilfswerk Unicef haben Hilfsorganisationen in den vergangenen Wochen 4,4 Millionen Reinigungstabletten für Wasser in Haiti verteilt.

Nach Einschätzung von Care wird die Zahl der Cholera-Opfer in Haiti aber in den kommenden Wochen „dramatisch steigen“. Deshalb müsse den Hilfsappellen der Organisationen vor Ort „jetzt und nicht erst in einigen Wochen“ entsprochen werden, sagte der Vorsitzende von Care Deutschland-Luxemburg, Heribert Scharrenbroich, am Mittwoch in Bonn. Die Vereinten Nationen schätzen mittlerweile, dass in den kommenden sechs bis zwölf Monaten in dem vom Erdbeben zerstörten Karibikstaat mit rund 200.000 Cholera-Infizierten zu rechnen ist. (mit dpa)

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