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Menschen strömen auf die Straße. Auch die südpakistanische Stadt Karatschi wurde erschüttert.

© AFP

Erdbeben: Der Iran bebt – und die Region zittert

Die Erdstöße waren noch im indischen Neu-Delhi, in Dubai und Bahrein zu spüren. Im südpakistanischen Karatschi liefen die Menschen in Panik auf die Straßen. Es ist das zweite starke Beben innerhalb von einer Woche.

Das Ausmaß des schweren Bebens ist kaum abzuschätzen. Das Zentrum der Erschütterung liegt in einem relativ dünn besiedelten Gebiet. Es gibt dort kaum Telefon, die Infrastruktur ist vermutlich zerstört. Es wird Tage dauern, bis sich Rettungsmannschaften ein vollständiges Bild machen können.

Das Erdbeben der Stärke 7,8 ereignete sich am Dienstagnachmittag um 15.14 Uhr Lokalzeit und erschütterte die südost-iranische Provinz Sistan-Balouchistan an der pakistanischen Grenze. Nach ersten Berichten wurde auf iranischer Seite mit 40 Toten und mehreren Hundert Verletzten gerechnet. Im benachbarten Pakistan ist die Zahl der Toten auf 34 gestiegen. Das teilten die pakistanischen Behörden am Dienstag mit. Das Epizentrum befand sich genau zwischen den Kleinstädten Saravan und Khash mit je 50 000 Einwohnern. Das betroffene Gebiet ist eine ländliche, sehr dünn besiedelte Region mit etwa 900 Dörfern. Viele der niedrigen Häuser sind aus Lehmziegeln gefertigt und können einem Erdbeben dieser Stärke nicht standhalten. Kommunikationslinien waren unterbrochen.

In kurzer Zeit wurden über 150 schwere Nachbeben gezählt. Über Fernsehen hat Provinzgouverneur Hatem Narouei die Menschen aufgefordert, im Freien zu bleiben und sich von hohen Gebäuden fernzuhalten. Die Regierung in Teheran hat in der betroffenen Gegend den Notstand erklärt. Um die Schäden zu evaluieren, schickte das iranische Rote Kreuz erste Teams in die Städte Saravan und Khash. Als Soforthilfe wurden Trinkwasser und Zelte benötigt. Fahrzeuge seien genug vorhanden, beruhigte Narouei, der sich nicht auf Opferzahlen festlegen wollte.

Das stärkste Beben seit mehreren Jahrzehnten in dieser seismisch extrem aktiven Gegend war in der ganzen Region bis ins indische Neu-Delhi und in Dubai und Bahrein zu spüren. In Dubai, Sharja und Ras al-Khaima wurden Gebäude evakuiert. Schäden wurden ebenfalls aus Pakistan gemeldet. Vor allem in der südpakistanischen Stadt Karatschi stürzten die Menschen aus den Bürogebäuden, die gewaltig ins Schwanken geraten waren.

Mit einer Magnitude von 7,8 ist das Erdbeben zwar relativ stark, aber weltweit betrachtet nicht unbedingt selten. Im Laufe eines Jahres werden global rund 15 Beben dieser Größenordnung registriert. Gerade im Iran, wo mehrere Erdplatten aufeinandertreffen, gibt es immer wieder stärkere Erschütterungen. Die Erdstöße vom Dienstag bereiten den Wissenschaftlern dennoch Kopfzerbrechen. Gemäß den Messwerten ihrer Seismometer berechneten sie eine Tiefe des Bebenherds von rund 90 Kilometer. „Das ist schon ungewöhnlich, normalerweise haben wir es im Iran mit flacheren Beben zu tun“, sagt der Seismologe Joachim Saul vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam (GFZ). „Was uns noch mehr verunsichert: Das Erdbeben ist 300 Kilometer von der Plattengrenze entfernt, die weiter im Süden liegt.“ Bei frontal zusammenstoßenden Erdplatten ist es zwar üblich, dass die Plattengrenze schräg nach unten verläuft, wodurch tiefere Beben in immer größerer Entfernung von der oberflächennahen Kollisionszone auftreten. Dass die Plattengrenze aber so flach in der Erdkruste liegt, erstaunt die Wissenschaftler dann doch. Der GFZ-Seismologe Saul hofft, dass die iranischen Kollegen nun noch weitere Messgeräte in der Region aufstellen, um die Nachbeben aufzuzeichnen. „So können wir noch mehr Informationen über diese Plattengrenze bekommen.“

Generell gehört der Iran zu den bebenträchtigsten Gebieten der Erde. Hier tauchen die Indische und Teile der Arabischen Platte unter den Eurasischen Kontinent und schufen so die höchsten Bergketten der Erde. Immer wieder verhaken sich die Erdplatten, bauen gewaltige Spannungen auf, die sich urplötzlich lösen und verheerende Erschütterungen zur Folge haben. Dazu gehört etwa das Beben von Bam im Dezember 2003. An den Folgen starben, je nach Quelle, 30 000 bis über 40 000 Menschen.

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