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Erdbeben in Pakistan: Noch immer kein Dach über dem Kopf

Ein Jahr nach der Erdbebenkatastrophe im Norden Pakistans kommt der Aufbau in Muzaffarabad nur schleppend voran. Am Sonntag gedenkt das Land der 73.000 Toten.

Muzaffarabad - "Wir leben nun schon fast zwölf Monate in diesem Zelt", klagt die 60-jährige Zeinab Bibi. "Es ist hart, betet für mich!" Während die Gedenkfeiern für die mehr als 73.000 Toten des Erdbebens vom 8. Oktober 2005 vorbereitet werden, weisen die Hilfsorganisationen auf anhaltende Engpässe in der Gesundheitsversorgung hin. "Wir müssen sicherstellen, dass es keine zweite Welle von Todesfällen gibt", sagt UN-Koordinator Jan Vandemoortele. 60.000 Pakistaner richten sich darauf ein, auch den bevorstehenden Winter in Zelten zu verbringen.

Die Schuttberge sind vielerorts noch nicht weggeräumt, Trümmer von Minaretten liegen in den Straßen. Wo der Wiederaufbau in Gang gekommen ist, beherrschen mit Wellblech gedeckte Hütten das Bild. Vieles hat sich verzögert. So war in Muzaffarabad aller Wiederaufbau verboten, bis der von der Stadtverwaltung mit Hilfe japanischer Experten erarbeitete Masterplan im vergangenen Monat fertiggestellt war. Und die Einwohner haben andere Sorgen, sie klagen über Korruption und die schleppende Auszahlung der von der Regierung versprochenen Wiederaufbauhilfen. 475.000 Familien sollten jeweils 2500 Euro erhalten, um den Start ins Leben nach dem Beben selbst zu organisieren. Aber das Geld ist nicht bei allen angekommen.

Lieber sterben als umsiedeln

Die Wiederaufbau-Profis der UNO haben gleich gewarnt, dass es rund zehn Jahre dauern dürfte, bevor die Schäden beseitigt sind. Schließlich waren 3,3 Millionen Menschen obdachlos geworden, als das Beben mit der Stärke 7,6 die pakistanisch-indische Grenzregion heimsuchte. Muzafarrabad wurde zu 70 Prozent zerstört, schlimmer noch traf es die Stadt Malakot im malerischen Kaghan-Tal. Dort kam jeder siebte Bewohner ums Leben.

Auf dringendes Anraten von Erdbeben-Forschern gelangte Bürgermeister Junaid Qasim zu der Einsicht, Balakot sei auf Dauer "unbewohnbar". Die rund 25.000 Überlebenden sollen nach Bakrial, 30 Kilometer weiter südlich, umgesiedelt werden. Doch ein Teil von ihnen will nicht ins "Neue Balakot". "Unsere Vorfahren wurden hier geboren und starben hier", sagt der 36-jährige Mohammed Tamassib. "Wir werden es genauso machen."

Unbestreitbare Erfolge

Selbst wenn die internationale Hilfe viele Erdbebenopfer nur schleppend erreichte, sind die Erfolge des Wiederaufbaus unbestreitbar. In den zwölf Monaten seit dem Beben wurde laut offiziellen Statistiken Ersatz für 600.000 zerstörte Wohnungen, 8000 Schulen und 350 Krankenhäuser geschaffen. Mitarbeiter von mehreren Dutzend Hilfsorganisationen sind unermüdlich im Einsatz. In einigen abgelegenen Bergregionen sind Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen heute sogar in einem besseren Zustand als vor der Katastrophe, wie auch die UN-Koordinatoren bestätigen.

Dennoch können die Helfer nicht gelassen in die Zukunft blicken. Sie rechnen damit, dass mit dem Einsetzen des Winters bis zu 30.000 Menschen von den Berghängen in die Täler hinabsteigen, wo sie den zweiten Winter in Folge auf die Erdbebenhilfe angewiesen sind. "Wir sind viel besser auf den Winter vorbereitet als im vergangenen Jahr", sagt indes der Chef der pakistanischen Wiederaufbau-Behörde, Altaf Saleem. "Es gibt gar keinen Vergleich zum vergangenen Jahr." (Von Danny Kemp, AFP)

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