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Panorama: Ermittlererfolg in Fall von Kinderpornographie

Polizei veröffentlicht Aufnahmen eines Opfers – ein Mädchen aus Nordrhein-Westfalen wird identifiziert

Berlin - Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung zu sein: Das blonde Mädchen schaut mit seinen braunen Augen freundlich in die Kamera, es trägt einen Jeansrock und ein blaues Trägertop – es ist der 8. Juni 2004, ein Sommertag in Deutschland. Doch während sich ihre Freundinnen und Freunde möglicherweise im Schwimmbad vergnügen, erlebt dieses Mädchen ein Martyrium, das es nie wieder vergessen wird: Sie wird sexuell missbraucht und dabei fotografiert. Anschließend werden die Bilder ins Internet gestellt und innerhalb der Kinderpornoszene gehandelt. Zweieinhalb Jahre später können die Ermittlungsbehörden einen Fahndungserfolg melden: Das Mädchen wurde identifiziert.

Ende 2005 waren Beamte der Zentralstelle Kinderpornografie des Bundeskriminalamtes (BKA) auf die Bilderserie gestoßen, hatten jedoch keine Spur zu Opfer und Täter entdeckt. Das amerikanische FBI fand die Bilder 2006 erneut bei Fahndungen in der Kinderpornoszene im Internet und übergab die Bilder an die deutsche Behörde. Auf vier der Fotos, die am 8. Juni 2004 aufgenommen wurden, ist das Mädchen in eindeutiger sexueller Pose zu sehen. Doch konnten die deutschen Fahnder zunächst nicht herausfinden: Wer ist dieses Mädchen? Und wer quälte es? Deshalb veröffentlichten die Ermittler zwei der Fotos, auf denen das Kind bekleidet zu sehen ist. Am Freitagabend gab das BKA bekannt, es handele sich um eine 13-Jährige aus Nordrhein-Westfalen. Die Ermittlungen zur Aufklärung der Tat dauern an.

Die Veröffentlichung der Bilder war das letzte Mittel, zu dem die Beamten greifen konnten. Denn wenn Missbrauchsopfer minderjährig sind, müssen sie auf Fotos normalerweise unkenntlich gemacht werden. Schließlich haben die Kinder schlimme Qualen erlitten. Andere Menschen sollen sie nicht auf ihr Martyrium ansprechen können, ohne dass sie es will. Doch jetzt mussten die Beamten abwägen: einerseits zwischen den Gefahren, in denen sich das Mädchen möglicherweise noch befindet und andererseits den Folgen, die eine Veröffentlichung hat. „In diesem Fall schützen wir das Kind, indem wir die Bilder zeigen“, sagte der zuständige Oberstaatsanwalt Reinhard Hübner dem Tagesspiegel. Auf der Internetseite des BKA sind die Fotos zu sehen, dazu eine Kurzbeschreibung des Falls. Donnerstagabend war er ebenfalls Thema in der ZDF-Fahndungssendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“. Hinweise aus der Bevölkerung brachten die Beamten nun dahin, wo sie bislang an ihre Grenzen stießen: zum Mädchen selbst, womöglich auch zu ihrem Peiniger.

Dass die Aufnahmen in Deutschland gemacht wurden, legten Gegenstände im Hintergrund des Bildes nahe: ein Schulbuch, das in einem deutschen Bundesland zum Unterricht verwendet wird. Zwei Saftflaschen, die ein Discounter nur auf dem deutschen Markt vertreibt. Und das Werbegeschenk einer deutschen Krankenkasse.

Möglicherweise wurde das Mädchen sogar in seinem eigenen Kinderzimmer missbraucht. Denn an der Dachschräge und den Wänden des Zimmers hängen Pferdeposter, eine kleine Tafel mit Notizen steht in der Ecke, und auf dem Boden liegt ein aufblasbarer Gummihai, wie ihn Kinder zum Spielen im Schwimmbad benutzen. Die Fahnder vermuten, dass das Mädchen von Mitgliedern seines engsten Familienumfelds missbraucht wurde. „Vieles spricht dafür. Damit wäre das Kind noch in den Händen seiner Peiniger, würde weiter missbraucht werden“, sagte Oberstaatsanwalt Hübner vor dem Fahndungserfolg. Zu diesem Zeitpunkt gingen die Ermittler nicht davon aus, dass das Mädchen gefangen gehalten wird. Es wird irgendwo zur Schule gehen, Freunde, Lehrer und Nachbarn haben. „Irgendwer wird das Mädchen erkennen, dann können wir es retten“, sagt Hübner. Knapp 24 Stunden nach der ersten Veröffentlichung der Bilder ist aus dem Wunsch Wirklichkeit geworden.mit ddp

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