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"Real Man Do Not Rape" (Echte Männer vergewaltigen nicht) steht auf einem Schild von Studenten, die nach der Vergewaltigung einer Nonne gegen Gewalt gegen Frauen in Indien demonstrieren.

© AFP

Update

Erneute Gruppenvergewaltigung: Schweigemärsche für vergewaltigte Nonne in Indien

Mehrere Männer sollen im Bundesstaat Westbengalen eine Nonne vergewaltigt haben. Die 70-Jährige wollte sich offenbar Dieben entgegenstellen. Jetzt gingen tausende Menschen aus Protest auf die Straße.

Nach der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer katholischen Nonne in Indien haben sich Tausende Menschen zu Schweigemärschen zusammengefunden. Allein in Ranaghat im Bundesstaat Westbengalen, wo das Verbrechen passiert sein soll, führten Priester am Montag rund 4000 Menschen durch die Stadt. Danach seien Kerzen für das Opfer angezündet worden, erklärten Kirchenvertreter.

Die Polizei habe unterdessen acht bis zehn Männer festgesetzt, um sie zu der Tat zu befragen, berichtete die indische Agentur IANS. In der Nacht zum Samstag soll eine Gruppe in das Kloster in Ranaghat eingedrungen sein, sich an der Nonne vergangen und Wertgegenstände geraubt haben. Die etwa 70 Jahre alte Frau liegt weiter im Krankenhaus. Ihr gehe es langsam physisch besser, doch sei sie schwer traumatisiert, sagte ein Arzt des behandelnden Krankenhauses IANS.

Auch in der Landeshauptstadt Kolkata sowie in der Bundeshauptstadt Neu Delhi gab es Proteste und Mahnwachen. Die Demonstranten hielten Plakate mit Aufschriften wie „Schande“, „Echte Männer vergewaltigen nicht“ und „Wir fordern Gerechtigkeit“ in die Kameras. Der Erzbischof von Kolkata (früher: Kalkutta), Thomas D'Souza, verurteilte die mutmaßliche Vergewaltigung als „barbarische Tat.“ Er hoffe, dass die Täter bald ihre gerechte Strafe erhielten.

Der Screenshot einer Überwachungskamera zeigt drei der Täter, die in der Nacht zum Sonntag in eine Klosterschule im indischen Bundesstaat Westbengalen eingebrochen waren und eine Nonne vergewaltigt haben sollen.
Der Screenshot einer Überwachungskamera zeigt drei der Täter, die in der Nacht zum Sonntag in eine Klosterschule im indischen Bundesstaat Westbengalen eingebrochen waren und eine Nonne vergewaltigt haben sollen.

© dpa

Überwachungskamera überführte Täter

Ein halbes Dutzend Männer sei in der Nacht zum Samstag in eine Klosterschule im Bundesstaat Westbengalen eingedrungen, habe einen Wachmann geknebelt und dann die Nonne überfallen. Landesweit wurde in den christlichen Gemeinden für die Nonne gebetet. Nach dem Angriff auf die Ordensschwester hätten die Einbrecher Bargeld, einen Laptop und ein Handy gestohlen, teilte die Polizei mit. Anhand von Aufnahmen einer Überwachungskamera wurden inzwischen vier der sechs mutmaßlichen Täter identifiziert. Es wurde eine Belohnung von 100.000 Rupien (etwa 1500 Euro) für Hinweise ausgelobt. Fünf weitere Menschen wurden verhört.

Menschen in Indien versammelt sich für einen Schweigemarsch.
Menschen in Indien versammelt sich für einen Schweigemarsch.

© AFP

Der Polizeibeamte Arnab Ghosh sagte nach einem Besuch des Klosters nahe der Stadt Ranaghat, der Überfall sei offenbar minutiös geplant gewesen. "Die Aufnahmen der Überwachungskamera zeigen, wie sechs Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren die Mauer hinaufklettern, die Schule betreten und die Telefonleitungen kappen", sagte Ghosh. Mindestens zwei der Täter seien bewaffnet gewesen, die anderen hätten Einbruchsutensilien getragen. In der Kapelle seien zerfetzte religiöse Schriften und eine zerbrochene Jesus-Statue gefunden worden.

Landesweite Gottesdienste für das Opfer

Die Regierungschefin von Westbengalen, Mamata Banerjee, verurteilte den "grauenvollen Angriff" und sicherte ein hartes Vorgehen gegen die Täter zu. Bewohner der Region demonstrierten am Samstag gegen die Tat. Am Sonntag wurde landesweit in christlichen Gottesdiensten für die Nonne gebetet, die derzeit in einem Krankenhaus in Ranaghat rund 70 Kilometer von Kolkata behandelt wird.

"Wir haben für die Schwester gebetet, dass sie sich schnell von dem Trauma, der Angst und ihren körperlichen Verletzungen erholt", sagte der Erzbischof von Kolkata, Thomas D'Souza, der Nachrichtenagentur AFP. "Sie haben nicht nur ein abscheuliches Verbrechen begangen, sondern auch die Kapelle verwüstet", sagte er.

In Kolkata kündigten christliche Würdenträger für Montag eine Mahnwache mit Kerzen sowie einen Solidaritätsmarsch an. "Wir sind über ein solches Verbrechen in unserem Bundesstaat schockiert, wir wollen, dass die Täter gefasst und zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Pater Saroj Biswas dem Sender NDTV. Gebete für die Nonne gab es derweil auch im westlichen Bundesstaat Goa und in der Hauptstadt Neu Delhi.

Kritik an Premierminister Narendra Modi

Rund 80 Prozent der indischen Bevölkerung sind Hindus, es gibt aber auch eine bedeutende Anzahl an Muslimen, Christen und Buddhisten. Zuletzt hatte es mehrfach Anschläge auf Kirchen gegeben. Der hindunationalistische Premierminister Narendra Modi geriet in die Kritik, weil er sich nicht früher gegen religiöse Gewalt aussprach und sich nicht zu jüngsten Massenkonvertierungen von Christen und Muslimen zum Hinduismus äußerte.

Der Fall der Nonne reiht sich zugleich ein in eine lange Liste grausamer sexueller Übergriffe auf Frauen in Indien. 2012 hatte der Fall einer Studentin weltweit Empörung und in Indien Massendemonstrationen ausgelöst. Die junge Frau war von einer Gruppe Männer in einem Bus in Neu Delhi so schwer misshandelt und vergewaltigt worden, dass sie ihren Verletzungen erlag. Trotz einer Verschärfung der Strafgesetze hält die sexuelle Gewalt gegen Frauen unvermindert an. Einer Regierungsstatistik zufolge wird weiterhin alle 22 Minuten eine Frau vergewaltigt. (AFP)

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