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Belgische Tragödie. Im Zentrum von Lüttich gedachten Menschen der Opfer der Tat. Foto: dpa

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Panorama: Erschüttert und sprachlos

Belgien trauert nach dem Amoklauf von Lüttich – die Polizei hatte den Täter wegen eines Sexualdelikts vorgeladen.

Lütticher Bürger haben am Tag nach dem Amoklauf der Opfer mit Blumen gedacht. Sie legten an der Bushaltestelle im Zentrum, wo die Tat stattfand, Rosen nieder. Viele hatten Tränen in den Augen, wie die Bilder aus Lüttich zeigen. „Lasst uns Lüttich als Stadt des Friedens leben“, war auf einem Zettel zu lesen, der mit Emanuel (25) unterschrieben war. Der Alltag schien wieder seinen Gang zu nehmen. Die Stadt, die tags zuvor wie leergefegt wirkte, war wieder bevölkert, wie Berichte sagen. Kinder gingen zur Schule, Menschen strömten zur Arbeit, warteten auf ihre Busse, auch an der Stelle des Blutbads.

Im Rathaus der Stadt liegt ein Kondolenzbuch aus. Wie die Zeitung „Het Nieuwsblad“ berichtet, ruhte um 12 Uhr das Leben auf dem Platz für eine Minute. Auch das wallonische Parlament hatte zu Beginn seiner Sitzung eine Schweigeminute für die Opfer eingelegt.

Belgien ist erschüttert und sprachlos. Das Attentat auf der Place Saint-Lambert – der guten Stube der Stadt – wirkt verstörend. Karel Verhoeven bezeichnet in seinem Kommentar in „De Standaard“ Täter wie Nordine Amrani als „Monster unserer Zeit, verrückt gewordene Männer, die mit schwerem Kriegsgerät ihre Rache austoben.“ Der Gedanke, damit zu leben, dass man auf einem Markt in Lüttich jederzeit mit Handgranaten attackiert werden könnte, sei unerträglich. Es geht um die Einsicht, dass „auch dieser Schütze böse auf die ganze Welt war. Diese dämonische Rache werden wir ernst nehmen müssen. Sie lässt zu viele Menschen die Selbstbeherrschung verlieren.“ Der 33-jährige Nordine Amrani war am Tag der Tat wegen eines Sexualdeliktes zu einem Polizeiverhör geladen gewesen, teilte die Staatsanwältin Danièle Reynders am Mittwoch mit. Sie konkretisierte die Vorwürfe nicht. Anstatt auf dem Polizeirevier zu erscheinen, zündete der 33-Jährige vier Granaten auf dem zentralen Saint-Lambert-Platz von Lüttich und schoss in die Menschenmenge. Anschließend tötete er sich mit einem Kopfschuss selbst. Der Amokläufer hinterließ kein Schreiben. Zwei 15 und 17 Jahre alte Jungen sowie ein 17 Monate altes Kleinkind starben durch die Schüsse. Eine 75-jährige Frau, die zunächst zu den Todesopfern gezählt wurde, befand sich noch mit schwersten Verletzungen im Krankenhaus. In der Nacht zum Mittwoch fand die Polizei in einem Schuppen von Amranis Haus, in dem der 33-Jährige Cannabis anbaute, die Leiche einer 45-jährigen Frau. Es handelte sich um die Putzfrau seiner Nachbarin.

Der 33-Jährige hatte sein Leben lang mit der Justiz zu tun. Er wurde rund 20 Mal wegen Waffenbesitzes, Drogenbesitzes, Hehlerei und Sexualdelikten verurteilt. Zuletzt war Amrani zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Nach drei Jahren wurde er unter Bewährungsauflagen freigelassen. Amranis Anwalt erklärte, sein Mandant sei durch die vielen Prozesse gegen ihn „verbraucht“ gewesen und habe sich von der Polizei „belästigt“ gefühlt. mit dpa und AFP

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