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Panorama: Erste Hilfe für die erste Liebe

Die „First Love Ambulanz“ in München berät Jugendliche kostenlos und anonym

Von Jörg Schallenberg, München Jugendliche mit emotionalen oder gesundheitlichen Problemen schämen sich oft, sich den Eltern oder einem Arzt anzuvertrauen. Lange war „Dr. Sommer“ von der „Bravo“ ihr einziger Ratgeber.

Wer aber die hellen Praxisräume am Krankenhaus MünchenSchwabing aufsuchen will, braucht keinen Termin – und auch nicht unbedingt eine Krankenversicherungskarte. Seinen Namen darf man verschweigen. Nur mindestens zehn Jahre alt sollten die Besucher sein. Etwas abseits der großen Klinik befindet sich seit Dienstag die „First Love Ambulanz“.

Das Konzept ist in Deutschland einzigartig: Jungen und Mädchen, die Sorgen oder Fragen in Sachen Sexualität und Verhütung haben, die missbraucht worden sind oder die mit Einsetzen der Pubertät einfach nur Zweifel über die eigene körperliche Entwicklung befallen, können nach Schwabing kommen, um sich dort – auch anonym – beraten und untersuchen zu lassen. Ausdrücklich ist die Ambulanz für alle da, „die auch ohne Wissen ihrer Eltern ärztlichen und therapeutischen Rat suchen und keine Ärzte und Ärztinnen kennen, denen sie vertrauen“.

Mark Rosenthal arbeitet als Kinder- und Jugendarzt in der „First Love Ambulanz“. Für ihn ist das Angebot besonders wichtig, „weil allein die Hemmschwelle, das erste Mal zum Frauenarzt zu gehen, für viele Mädchen sehr hoch ist“. In der Münchner Einrichtung können die jungen Besucher zunächst mit einem Sozial- oder Sexualpädagogen über ihre Sorgen sprechen und sitzen nicht sofort im Untersuchungsraum eines Gynäkologen.

Pädagogen, Psychologen und Ärzte arbeiten hier miteinander Hand in Hand. Rosenthal weiß, dass es den Besuchern oft nicht bloß um Information oder psychologische Beratung geht: „Viele Mädchen wollen sich auch gleich untersuchen lassen“ – zumindest gilt diese Erkenntnis für das Wiener Vorbild der Münchner Ambulanz. Dort wurde ein ähnliches Projekt schon in den neunziger Jahren gestartet. Mit großem Erfolg, denn „Angebote für anonyme Beratung gibt es bereits, aber anonyme Untersuchungen sind sonst eigentlich nirgendwo möglich“, so Rosenthal. Anders als in Wien steht die Schwabinger Ambulanz auch Jungs offen: „Gerade bei männlichen Heranwachsenden entsteht oft eine medizinische Lücke – in der Zeit, wenn sie nicht mehr zum Kinderarzt gehen, aber sich auch lange noch nicht zum Internisten trauen, selbst wenn ihnen irgendetwas an ihrem Körper seltsam erscheint“. Dass frühzeitige Untersuchungen dringend nötig sind, steht für den Jugendarzt außer Frage. In Wien mussten viele Befunde behandelt werden, die oft gar nichts damit zu tun hatten, weshalb die Jugendlichen eigentlich gekommen waren. Doch bei „First Love“ werden auch all jene Fragen zu Verhütung und Liebeskummer oder zum Wachstum von Brüsten oder Penis beantwortet, die jeden Teenie irgendwann ereilen.

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