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Schwebt durch die Lüfte. Die Iranerin Mahsa Ahmadi.

© Katharina Eglau

Erste Stunt-Frau in Iran: Mahsa Ahmadi - eine Frau für gefährliche Situationen

Mahsa Ahmadi ist die erste Stuntwoman im Iran – sie hat schon in "Skyfall" mitgespielt und wird das auch im nächsten 007-Film tun. Das einzige, was sie bei ihren waghalsigen Stunts behindert, ist das Kopftuch, das sie immer tragen muss.

„Autounfälle kann ich besser als Männer“, sagt sie und schmunzelt. Mal steht Mahsa Ahmadi in hellen Flammen, mal stürzt sie von einer Brücke in einen reißenden Fluss, mal läuft sie wie schwerelos an einer Hochhauswand herunter oder springt vom Hubschrauber am Bungee-Seil in die Tiefe – die 24-Jährige beherrscht alles, was in ihrer Branche verlangt wird. Mahsa Ahmadi ist Stunt-Frau, die erste im Iran und eine von mittlerweile zehn im ganzen Land. „Stunt 13“ heißt ihre Truppe, vor sechs Jahren von Arsha Aghdasi gegründet, einem drahtigen und energischen Mann. „Ich brauche den regelmäßigen Adrenalin-Stoß im Körper“, sagt er. Inzwischen hat seine Firma acht feste Mitarbeiter. „Mahsa ist die Beste“, schwärmt ihr 31-jähriger Boss. In 21 iranischen Filmen hatte sie bereits mitgespielt, bis 2012 mit James Bond der Welterfolg kam. Zunächst meldeten sich die Macher von „Skyfall“ bei den Iranern per Like auf deren Facebook-Seite, wo ihr Stunt-Clip mit einem sieben Meter senkrecht in die Luft geschleuderten Auto zu sehen war. Vier Wochen später kam per E-Mail eine Einladung zu Dreharbeiten in der Türkei. „Wir konnten es zuerst nicht glauben und dachten, da will uns jemand auf den Arm nehmen“, bekannten die beiden.

Schon in "Skyfall" war Mahsa Ahmadi dabei

Im furiosen 15-Minuten-Auftakt des jüngsten 007-Abenteuers stürzt Daniel Craig alias James Bond nach einem wüsten Kampf auf dem Dach eines fahrenden Zuges schließlich angeschossen von einer 70 Meter hohen Brücke in die Tiefe. Autos rasen durch Istanbuls Marktgassen, Passanten hechten in Panik zur Seite. Am Ende geht die wilde Verfolgungsjagd per Motorrad durch den Großen Basar quer durch die Auslagen von Gewürzen, Brokatstoffen und Goldgeschmeide. 110 Stunt-Männer und vier Stunt-Frauen aus aller Herren Länder waren an den halsbrecherischen Szenen beteiligt, darunter Mahsa Ahmadi. Auch der spektakuläre Tiefensturz von James Bond lag in den Händen der kleinen iranischen Gast-Crew. Ihre Leute gelten weltweit als die besten im Umgang mit Fangseilen. Letztes Jahr erhielt das 114-köpfige internationale Ensemble dann in Los Angeles seine Weltklasse attestiert mit dem „Screen Actor Guild Award“ für die beste Stunt-Truppe in einem Kinofilm.

Mahsa Ahmadi trainiert ihre Stunts im Opernhaus von Teheran

An Tagen ohne Film- oder Fernsehaufträge trainiert Mahsa Ahmadi im Talar e-Wahdat, dem ehemaligen Opernhaus von Teheran, einem 1967 noch unter dem Schah von deutschen Ingenieuren errichteten Bau. Jeden Tag fährt sie zwei Stunden von Kahrizak hierher, einer Vorstadt von Teheran. Auf der Bühne schwebt sie an den Seilen, biegt ihren Körper, formt graziöse Figuren mit Händen und Füßen. Ihre Bewegungen beherrscht sie perfekt, bis zum 17. Lebensjahr war sie als Kunstturnerin Mitglied der iranischen Nationalmannschaft. Inzwischen hat sie ihr Studium als Sportlehrerin abgeschlossen. Nach der Wahl des neuen Präsidenten Hassan Ruhani brach die Stunt-Pionierin ein weiteres Tabu – als erste Frau in der Geschichte der Islamischen Republik sprang sie mit dem Fallschirm ab.

„Das größte Problem bei der Arbeit ist der Hejab“, sagt Mahsa Ahmadi. Jede Frau im Iran muss das islamische Kopftuch in der Öffentlichkeit tragen. Wenn sie im Film einen jungen Mann doubelt, bindet sie ihre Haare unter eine Mütze, dann „kriegt keiner mit, dass ich es bin“, sagt sie. Mit den Moralbehörden des Gottesstaates gibt es ein Stillhalteabkommen. Gelegentlich treten die Stunt-Akrobaten gratis in Werbefilmen für den Roten Halbmond oder die Feuerwehr auf. „Dafür machen sie uns dann keine Schwierigkeiten.“ Trotzdem hat Mahsa Ahmadi von ihrer Heimat die Nase voll. „Ich gehe weg – hundertprozentig“, sagt sie. „Im Iran gibt es zu wenig Möglichkeiten und zu viele Verbote."

Seit den Dreharbeiten zu James Bond steht ihr Entschluss fest. Damals habe sie erlebt, „dass man im Ausland immer etwas dazulernt“. Ihre Ausreisepapiere hat sie bereits fertig beisammen. Sie will in die USA – „vielleicht nach Hollywood, warum nicht?“, sagt sie. Das Versprechen der Produzenten, beim nächsten James-Bond-Film dabei zu sein, hat sie jedenfalls schon in der Tasche.

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