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Berliner Imbisse im Test: Schmalzstulle und Birchermüsli bei VW

Im "Brotzeit" gibt es genau das. Aber nicht nur. Wer mit dem rauen Ton klar kommt, kann hier frisch und lecker essen und Berlin beobachten.


"Drive" steht in Großbuchstaben an den Arkaden. Das sollte man lieber nicht als Aufforderung verstehen. Besser reist man zu Fuß an. Denn Parkplätze gibt’s hier nicht, umso mehr Baustellen und Staus. Friedrichstraße/Ecke Unter den Linden: die uncoolste Kreuzung Berlins. Umso angenehmer die Überraschung. Zwischen lauter Touristen-Abfütterunganstalten eine geschmackvolle Raststätte am Rande des Showrooms der Volkswagen-Gruppe. Alles schön designt, von der Lampe bis zum Selbstbedienungstablett, im skandinavischen Stil, modern und behaglich zugleich. Statt Drive-in also Sit-in im luftigen, hellen Raum. Alle Krisen und Katastrophen des Konzerns scheinen hier vergessen.

„Brotzeit“, der Name ist tatsächlich Programm. Im Mittelpunkt steht die Stulle aus saftigem dunklen Sauerteigbrot. Mit Leberwurst und Röstzwiebeln zum Beispiel, oder Allgäuer Landkäse. Alles frisch gemacht, aus natürlichen Zutaten, vieles aus der Region.

Der Wein ist teuer, aber die Aussicht unbezahlbar

Der Logenplatz: die Theke an der hohen Fensterfront. Während man auf Barhockern sitzt, zieht Berlin an einem vorbei, von links nach rechts, von rechts nach links. Besser als jedes Theater. Billig sind einige der Speisen und Getränke nicht (0,2 l Wein kosten 7,50 Euro), aber schon wegen des kulturellen Zubrots sind sie jeden Cent wert. Allein die Gangarten! Schlurfend, eilend, zögerlich, ermattet ... Man hört nicht, was die Vorbeiziehenden sagen, sieht nicht, was sie denken, das alles malt man sich selber aus, während man herzhaft in seinen Schusterjungen beißt.

Ja, Sie haben richtig gelesen: Das Berliner Brötchen, von dem man schon dachte, dass es ausgestorben sei, kehrt hier zurück, gebacken aus Sauerteig, belegt mit Luckenwalder Mettwurst (3,45 Euro). Auch der Schinken kommt aus Luckenwalde und wird mit Rosmarincreme kombiniert. Ein älterer Herr bestellt Schmalzstulle zum Kakao. Das Berliner Hörnchen könnte luftiger sein, dafür ist die Aprikosenfüllung angenehm unsüß. Natürlich kriegt man auch gesündere Optionen, vom mediterranen Salat bis zum Birchermüsli. Und selbst gemachte Marmelade (fünf Euro das Glas) für zu Hause. Die Bedienung an diesem Tag könnte noch ein bisschen üben, was Tempo und Freundlichkeit angeht. Aber das ist der Berlinfaktor – authentisch nennt der Tourist das.

Adresse Friedrichstraße 84, Mitte, Tel. 030/2092-1317, Mo–Fr 8–20 Uhr, Sa 9–21 Uhr, So 9–20 Uhr, drive-volkswagen-group.com/gastronomie.html

Der Schusterjunge galt als bedrohte Art. Jetzt kommt das Sauerteigbrötchen zurück.
Der Schusterjunge galt als bedrohte Art. Jetzt kommt das Sauerteigbrötchen zurück.

© imago

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