zum Hauptinhalt

Gesellschaft: BIOFRÜCHTE ZUM SCHLECKEN

Manchmal versteckt sich das Gute. Es verschwindet in kleinen Nebensträßchen, dem Blick entzogen wie ein Schatz auf dem Meeresgrund.

Manchmal versteckt sich das Gute. Es verschwindet in kleinen Nebensträßchen, dem Blick entzogen wie ein Schatz auf dem Meeresgrund. Die „Eisbox“, im lauschigen Kiez von Moabit, ist so ein Kandidat fast verborgener Genüsse. Dort, wo die lindgrüne Fahne in der Elberfelder Straße weht, gibt es fantastisches Eis von Marion Schmid.

Die 58-Jährige schreibt im Winter Bücher und tüftelt im Sommer an Eisrezepturen. Ihre wichtigsten Zutaten: Elan und Leidenschaft einer Seiteneinsteigerin. Dazu unverfälschte, teilweise originelle Aromen, eine eher sanfte Süße, der konsequente Verzicht auf allerlei Pülverchen und auf die angebotenen Fertigmischungen im praktischen Zehn-Liter-Gebinde. Lebensmittelindustrie, nein danke.

Hier wird alles selbst gemacht. Dazu gehört auch, dass manche Eissorte jedes Mal ein klein wenig anders schmeckt. Die aromatische Entschiedenheit der Kreationen von Marion Schmid spürt man ebenso wie die Lust am Kombinieren. Natürlich gibt es die Klassiker wie Vanille- oder Schokoladeneis – und was für eines! –, aber in den Boxen ruht auch ein Estragon-Zitronenverbene-Sorbet oder die aparte Trias Rhabarber-Joghurt-Mandelkrokant. Sie experimentiert mit verschiedenen Pfeffersorten vom Gewürzpapst Ingo Holland, hat aber auch Himbeere pur im Angebot; die Früchtchen, und das gilt für alle Sorten, kommen vom Bioverband Demeter.

Bei sich zu Hause hat Schmid schon immer gern gekocht und Eis gemacht. Und weil sie beruflich was anderes tun wollte, kaufte sie sich im Mai 2011 kurz entschlossen eine große Eismaschine und hat „einfach mal probiert“. Zu ihrem Erstaunen sei „gar nicht so viel schiefgegangen“. Den ursprünglichen Plan, Eis en gros herzustellen und an Bioläden und Geschäfte zu verkaufen, hat sie allerdings aufgegeben und stattdessen ihre sparsam und kühl eingerichtete Eisdiele aufgemacht. Inzwischen ist die energiegeladene Autorin im Zweitberuf routinierte Eismacherin. Auch im zweiten Jahr hat sie sich den Ehrgeiz und eine Messerspitze missionarischen Eifer erhalten: Sie will ein gutes, unverfälschtes Produkt machen. Und auch die Lust auf Neues ist geblieben. Von den zwölf Sorten im Angebot wechselt sie jede Woche drei oder vier aus. Jetzt muss, saisonal bedingt, der Rhabarber verschwinden; sein Ersatz: Kirsche.

Gibt es ein Geheimnis für ihre Eisdelikatesse? „Vieles einfach weglassen“, sagt sie, ohne lange zu überlegen. Dann verrät sie doch ein paar Kniffe. Um ihr Schokoladensorbet noch schokoladiger und cremiger zu machen, kocht sie Kakaoschalen aus und verwendet die Brühe als Extraaroma- kick. Die Eissorte „Café Oriental“ wird durch eine Prise Kaffeesatz aufgepeppt – ursprünglich ein Betriebsunfall –, dazu ein Hauch Zimt, Nelke und Kardamom. Entscheidend für Cremigkeit und Mundgefühl ist außerdem die Zuckermischung. Wie viel Glucose, wie viel Dextrose, wie viel Haushaltszucker kommen rein? Wird nicht verraten.

Berühmt ist Schmids Tonkabohneneis. Die Bohnen bezieht sie aus der Apotheke (!) und reibt sie wie Muskatnuss in den Milch-Sahne-Mix. Der Geschmack erinnert an einen Amaretto mit etwas Waldmeister und einer zarten Kokosnote. Tonka ist inzwischen ihre am zweitbesten verkaufte Sorte. Hinreißend wie Vanille, Mango und Pistazie. Und das Schokoladeneis mit Ziegenmilch und Meersalz. Und Erdbeere mit Minze. Und vielleicht gibt es ja bald wieder das Gin-Tonic-Eis. Aber keine Sorge: „Eisessen darf keine Mutprobe sein“, sagt Schmid, zumal gerade die Kinder für sie eine besonders wichtige Kundschaft sind. Jetzt also, bitte drei Kugeln (je 1,20 Euro). Unten Schokolade (die Aromaknaller kommen immer zuerst), dann die zarteren Sorten obendrauf. On top diesmal: Limone-Rosmarin. Manfred Kriener

Eisbox, Elberfelderstr. 27, Moabit, geöffnet von 12 bis 21 (Sonntag 20) Uhr, Telefon 544 84 652.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false