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Kolumne: Von TISCH zu TISCH: Carpaccio von Lachs und Jacobsmuscheln

Von außen sieht das Restaurant aus wie irgendein unbedeutender, weiß gestrichener kleiner Kaufladen, gar nicht so besonders einladend. Lediglich eine französische Flagge signalisiert einen gewissen Ehrgeiz oder die Hoffnung, dass zumindestens Frankophile mal hereinschauen.

Wir waren zunächst überrascht, wie voll das Lokal an einem ganz normalen Werktag war, fast alle Tische besetzt, einige auch zusammengeschoben, um größeren Gruppen Platz zu schaffen. Die trubelige Gästefülle verleiht dem schlauchförmigen Raum echte Gemütlichkeit und einen authentischen französischen Charme. Erst nach und nach entdeckten wir, mit wie viel Geschick und Geschmack der sicher nicht unproblematische Raum gestaltet ist, rote Samtbänke vor weißen und grünen Wänden, alte französische Poster und extravagante Lampen, die teils von altem Stuck umgeben sind. Auf den dunklen Tischen finden sich schlichte Stoffläufer und Windlichter. Auch ein Stück roh belassene Decke erinnert an die Zeit vor der Renovierung. Drei flotte und aufmerksame junge Männer wieseln durch den Raum und lassen weder Langeweile noch unnötig lange Wartezeiten aufkommen. Im Wein soll eine Brotkrume gelandet sein? „Nein, das ist Korken“, sagt der Kellner, schnappt sich das Glas und tauscht es ohne weitere Diskussionen aus.

Bald wird eine große Schiefertafel vor uns auf einem Stuhl platziert, aber wir hatten schon an den Wandtafeln entdeckt, dass hier tatsächlich noch Froschschenkel offeriert werden. Es gab mal eine Zeit, da ich Froschschenkel noch verzehrt habe, heute mag ich sie nicht mehr. Das gilt auch für die Entenstopfleber, die hier ebenfalls im Programm ist und natürlich zur französischen Küche dazugehört. Jüngere Menschen stehen solchen Produkten meist viel kritischer gegenüber, das ist sicher auch vernünftig so. Warum sollte sich eine gute Küche nicht mit zeitgemäßeren Produkten zum noch Besseren wandeln?

Ansonsten richtet man sich nach dem typischen Appetit, den ganz normale Menschen mitbringen, wenn sie ein französisches Restaurant betreten. Es gibt Knoblaucholiven zum exzellenten Crémant (5,50 Euro). Beide Hausweine, sowohl der weiße, erfrischend nach Zitrusfrüchten schmeckende Sauvginon-Semillion wie auch der rote, samtige Merlot-Cabernet bieten ein tadelloses Preis-Leistungsverhältnis (0,5 Liter zu 10 €) und sind für einen ganz normalen Alltag höchst angenehme Begleiter zu dem, wo nicht übermäßig raffinierten doch sehr reellen Essen aus wirklich guten Zutaten.

Uns fiel auf, dass es hier auch eine für Mitte-Lokale eher untypische Gästemischung gibt, nicht besonders hip oder international. Einfach so ein ganz unschnöseliges Restaurant, in dem man sich leicht wohl fühlt, perfekt zu kombinieren mit einem Besuch im Naturkundemuseum nebenan, auch wenn’s einem dort den Appetit auf Froschschenkel endgültig verdirbt.

Das Carpaccio von Lachs und Jacobsmuscheln war interessant inszeniert, der Lachs vielleicht ein klein wenig sehnig, aber das Gericht sah sehr dekorativ aus, die weißen Jakobsmuschelnrondelle auf dem tief orangefarbenen Fisch, das Ganze umgeben von einem Kreis winziger Rote-Bete-Würfel (12 Euro). Diese Rote-Bete-Kreation befand sich auch auf den Crostini mit köstlichem, angeschmolzenem Ziegenkäse, dazu gab es einen mit kräftig senfigem Dressing angemachten Salat (8,50 Euro).

Sehr gut und fast fruchtig schmeckte die mächtige Portion Rindertartar, die durchwirkt war von vielen kleinen Kapern. Dazu gab es noch mal Salat und handgeschnitzte, gleichwohl dünne bräunliche Pommes Frites (15 Euro). Die Seezungenröllchen auf Safranschaum waren vielleicht ein bisschen härter als wünschenswert, aber dafür pikant mit Basilikumblättern gefüllt, dazu gab es dünne, bissfeste Streifen Möhren und Zucchini (20 Euro).

Danach reichten die Dessertvariationen Gourmand locker für zwei Personen, ein innen halbflüssiges Schokoladenküchlein, ein Stück Rhabarbertorte mit Vanillesauce, Vanilleeis mit hauchdünnem Keks und eine sehr gelungene Crème Brûlée (9 Euro).

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