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Restauranttest: Moreno Carusi am Leipziger Platz

Zarte Calamaretti am Leipziger Platz

Schade, dass praktische Restaurants oft so unauffällig sind. Die Kombination aus guter Lage, guter Einrichtung und guter, aber nicht zu origineller und teurer Küche führt selten zum Ruhm, weil die Kunst fehlt, die Herausforderung oder irgendetwas, was das Masochistische im Menschen bedient. Normale Menschen aber sind zufrieden, wenn sie freundlich bis herzlich bedient werden, wenn sie ein neues Gericht probieren, das aber nicht die ganze Aufmerksamkeit beansprucht, wenn sie keine allzu lange An- und Abreise einplanen müssen.

Das Moreno Carusi ist hübsch eingerichtet mit roten Leder-Bänken. An den Wänden befinden sich große Schwarz- Weiß-Aufnahmen von Köchen, im hinteren Teil bedeckt ein gut gefülltes Weinregal aus hellem Holz die Wand. Ein helles, freundliches Ambiente, die Kellner sprechen mit italienischem Akzent. Was will man mehr? Im Sommer will man draußen auf der komfortabel und dezent möblierten Terrasse sitzen und die Aussicht auf die fertige Hälfte des Leipziger Platzes genießen. Hier wirkt alles leicht, urbanes Understatement bestimmt den Stil.

Das frische Brot ist gut und wird besser noch durch vorzügliches Olivenöl. Der Umfang der Portionen ist größer, als man es von gehobenen Italienern kennt. Die „Calamaretti al Peperoncino“ klangen so niedlich und klein, es waren aber etliche, zart präparierte Tintenfischbabys, die sich, mit Chili scharf auf Trab gebracht, auf dem Teller tummelten (10,50 Euro). Lustigerweise pflegen sie hier noch die gigantische Pfeffermühle, ein typisches 80er- Jahre-Requisit, mit dem italienische Restaurantbetreiber damals Prestigeessern imponieren und sich phallisch in Szene setzen wollten. Hier setzen sie ein modernes, mit bunten Körnern gefülltes Modell aus Plexiglas ein. Die Cherrytomaten im Blattsalat trugen fast ein bisschen zu schwer an dem nach frischen grünen Gräsern schmeckenden Öl, dazu gab es auch hier reichlich, vom angekündigten Spieß rücksichtsvollerweise bereits gelöste Garnelen (12 Euro).

Der Charme kam zum Zuge, als meine Augen sehnsüchtig zu den Nachbarn wanderten, die einen Berg Fetakäse auf ihrem Salat hatten. Der Kellner, befragt, ob der Salat auch auf der Karte stand („Ja“), brachte gleich eine Kostprobe aus der Küche an. Und machte, nach der Herkunft des guten Schafskäses befragt, nicht mal den Ansatz zu sagen, es handele sich um sardischen, sondern gab fröhlich zu, dass der aus der Türkei stammt. Zu drei dünnen, vorbildlich zart panierten Kalbsschnitzeln gab es eine vorzügliche Zitronensauce, die auch nicht zu knapp dosiert war. Beilagen sind auf der Karte nicht angekündigt, es gab sie aber trotzdem, in einer klassischen, gut ausgeführten Kombination aus saftigem, frischem Spinat und wunderbar gewürzten Röstkartoffeln (19 Euro). Das Gleiche wurde zu den Scampi Arrabiata aufgetragen. Die Scampi waren köstlich und lagerten in einer kräutrig scharfen, dickflüssigen Sauce (22 Euro). Dazu einen herben 2006er sizilianischen Grillo Parlante von Fondo Antico, dessen interessante Bitternoten gut zum warmen Wetter passen (19,50 Euro).

Zum Nachtisch gab es einen köstlichen, innen flüssigen, heißen Schokoladenkuchen mit einer schnell schmelzenden Kugel Vanilleeis (6 Euro). Kleine Panne beim Service: So was sollte man nicht servieren, wenn der Empfänger gerade mal nicht am Tisch sitzt. Dann verpasst er den Effekt von Heiß und Kalt.

Danach noch einen Grappa aufs Haus. Das erinnert an die frühen Jahre, als die gehobenen Italiener ihren Siegeszug in Sachen feiner Zuverlässigkeit begannen. Warum das gebildete und nicht arme Publikum sich in Jahrzehnten den Büffelmozzarella mit Tomate und Basilikum und die Melone mit dem San-Daniele-Schinken (beides ebenfalls auf der Karte vorhanden) nicht leid gegessen hat, ist ein Phänomen, über das man lange nachdenken kann. Die Antwort ist vermutlich ganz einfach. Die Grundzutaten werden in ihrer Qualität immer weiter optimiert. „Die verstehen ihr Handwerk“, ist ein schlichtes Kompliment. Das Einfache bestmöglich zu machen, ist eine Kunst, die nicht unbedingt berühmt macht, aber dafür beliebt.

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