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Von TISCH zu TISCH: Am Poloplatz

Oktopus-Carpaccio mit Kartoffelsalat.

Sind die 90er wirklich schon so lange her? Das war eine Aufbruchstimmung, als die Mauer weg war und alle nach neuen Wegen und Zielen in der Gastronomie suchten! Sogar der Frohnauer Poloplatz wurde aus seinem Dornröschenschlaf erweckt und mit einem neuen Restaurant bebaut, passend zum Poloturnier mit eleganten Zuschauern und nicht weniger eleganten Teilnehmern.

Im Landhaus am Poloplatz hat sich später ein ganz achtbares italienisches Ristorante etabliert, doch aus innenstädtischer Sicht war das nicht mehr wichtig, man fuhr lieber nach Potsdam oder gleich nach Mitte. Ich bin jetzt auf einen Tipp hin wieder dort eingekehrt – und war überrascht von der Lebendigkeit dieses nun wirklich entlegenen Betriebs. Der Padrone persönlich checkt Eingang und Ausgang, damit ist schon die italo-typische Nähe hergestellt, dann folgt das Tagesangebot auf der Kreidetafel, auch so ein 90er-Ding, und angesichts des Schummerlichts nicht ganz einfach zu lesen.

Ich fühlte mich positiv an eine Vergangenheit erinnert, in der viel mehr italienische Restaurants als heute kulinarischen Ehrgeiz entwickelten, nichts Avantgardistisches, aber gute Produkte gut gemacht. Schon ist er da, der Salat mit gebratenen Steinpilzen: Die Pilze schön fest und aromatisch, der Salat lebendig und ausgewogen mariniert. Auf dem sanften, sehr zarten Oktopus-Carpaccio ruht ein Kartoffelsalat, den auch schwäbische Gäste akzeptieren würden. Es geht hier also betont normal zu, allerdings in einer Qualität, die in so bürgerlichen Stadtrandhäusern durchaus nichtnnormal ist.

Nudeln auf der Tageskarte: Ravioli mit schön dünnem Teig, mal mit sanft süßlicher Kürbisfüllung und zitroniger Salbeibutter, mal mit Fasan, Parmesancreme und Eigelb-Bottarga. Nach guter gastfreundlicher Sitte gibt es dies auch als Zwischengericht zum (fast) halben Preis.

Schließlich bewegten wir uns bei den Hauptgerichten ganz auf der Fischseite. Die Küche bewies, dass sie mit Garzeiten sauber umgehen kann. Sowohl das gebratene Zanderfilet mit Passe-Pierre als auch das gebratene, innen wunschgemäß noch rohe Thunfischfilet schmeckten saftig und frisch – als Reverenz ans nordische Kartoffelland gab es Rosmarinkartoffeln in guter Qualität.

Überraschung am Schluss: Das Maronen-Tiramisu schwebte geradezu überm Teller, und die Creme brulée mit Feigen, weißer Schokoladensoße und Rotweineis war ein gelungenes Modernisierungsexperiment. (Vorspeise/Pasta um 13, Hauptgang um 20, Dessert um 6 Euro).

Zu diesen durchaus nicht gewöhnlichen Speisen trinkt die Frohnauer Hautevolée sehr anständige italienische Weine. Die Preise sind vernünftig kalkuliert, bei einigen gereiften Kostbarkeiten à la Sassicaia sogar ausgesprochen günstig. Wer vorsichtig ist, sollte sich hier ein Zimmer mieten und morgens ins Grüne blicken. Denn vor den dunklen, katastrophal zerfallenen Straßen der Umgebung kann ich nur dringend warnen, das ist etwa so, wie ich mir (wohl irrig) Rumänien vorstelle.

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